Lerbach. Fast 40 Jahre gibt es die Jazzfreunde Osterode schon, wie viele Vereine machen auch sie sich Sorgen um Mitgliederschwund und Nachwuchs. Doch was tun?

„Unter Jazz versteht jeder das, was ihm nicht gefällt.“ So scherzt Hans-Peter Lindenberg über die Musik, der seine ganze Leidenschaft gilt. Was er damit sagen will: Jazz ist ein weites Feld, eine abwechslungsreiche Mischung. Der Vereinsvorsitzende der JazzfreundeOsterode ist erst vor knapp einer Stunde erneut einstimmig zum Vorsitzenden gewählt worden – jetzt sitzt er im Veranstaltungssaal des Hotels Sauerbrey in Lerbach und hofft. Dass das Konzert, das hier gleich gespielt werden soll, ein Erfolg wird; dass Gäste kommen.

Denn die Jazzfreunde kämpfen mit den Fragen, der sich viele Vereine dieser Tage stellen müssen: Wie sollen sie dem schwindenden Interesse begegnen? Was tun, wenn der Altersschnitt die 60, ja die 70 Jahre überschritten hat und die Jungen nicht nachkommen wollen? Teilen sie denn die Leidenschaft für die Musik, für den Jazz, einfach nicht mehr? Die Mitglieder diskutieren diese Frage auf ihrer Jahreshauptversammlung angeregt. Seit 39 Jahren treffen sie sich schon, organisieren Konzerte, Workshops und tun alles dafür, dass die schönen, wilden Klänge auch im Harz ertönen.

Blues statt Jazz im Harz

Doch die Enttäuschungen der letzten Jahre sitzen ihnen in den Knochen. Vor der Pandemie waren sie noch um die 240 Mitglieder, jetzt sind es unter 200. Mit den schwindenden Mitgliedern sinken auch die Mitgliedsbeiträge – das erschwert die kostengünstige Organisation von Konzerten. Sieben Stück haben sie veranstaltet im vergangenen Jahr, teilweise auch gut besucht. Aber generell bemerken sie einen Rückgang an Interesse.

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Dabei versuchen sie bereits, das weite Feld abzudecken, das allgemein als Jazz gilt. Keine mehrstündigen Zwölfton-Jamsessions – Boogie oder Western-Swing sind die Musik, welche die Jazzfreunde präsentieren. Aber zuletzt lief es nicht rund.

Kein Interesse mehr an musischen Themen in Osterode?

„Unter Jazz versteht jeder das, was ihm nicht gefällt“, scherzt Hans-Peter Lindenberg, Vorsitzender der Jazzfreunde Osterode.
„Unter Jazz versteht jeder das, was ihm nicht gefällt“, scherzt Hans-Peter Lindenberg, Vorsitzender der Jazzfreunde Osterode. © HK | Mark Härtl

Was also tun? Marketing ist ein Stichwort, das immer wieder fällt. In den sozialen Netzwerken rühren sie nach Kräften die Trommel, aber so richtig ist das nicht ihre Welt, wie sie gestehen. Auch dafür bräuchte es frisches Blut, aber bisher ist kein Ausbruch aus dem Teufelskreis im Sicht. Dabei scheint der jungen Generation die Leidenschaft für den Jazz nicht abhanden gekommen zu sein. Hans-Peter Lindenberg berichtet von Jazzkonzerten in Göttingen oder Berlin, bei denen das Publikum deutlich jünger sei, ja sogar Studentinnen und Studenten um die 20 kämen, um die Musik zu hören.

Doch in der Peripherie sieht das anders aus. Die Jazzfreunde wollen ihren Kontakt zu den Schulen im Altkreis Osterode ausbauen, doch sie befürchten, dass auch hier der Funke nicht überspringt: „Die Jugend ist schnelllebiger und hat andere Interessen“, gibt ein Mitglied zu bedenken. Die Schulen seien zudem arg überlastet, musische Themen fänden da doch immer weniger statt.

Ein Silberstreif am Jazzhimmel

Gibt es denn gar keine Wege hinaus aus der Misere? Der Vorsitzende zumindest möchte drei Punkte weiterhin in Angriff nehmen, um die Zukunft des Vereins zu sichern. Die Suche nach neuen Mitgliedern und dass mehr Menschen zu den Konzerten kämen, seien dabei zunächst am wichtigsten. Doch Hans-Peter Lindenberg will auch weiter denken: „Vielleicht müssen wir auch über eine Fusion nachdenken. Dass sich Vereine mit ähnlichen Interessen zusammenfinden und das Thema Kultur im großen Rahmen gemeinsam bearbeiten – es gibt da ja bereits tolle Beispiele bei Fußballvereinen.

Während Lindenberg diese Ideen erläutert und auch seine Zeit bei den Jazzfreunden reflektiert – schon 30 Jahre ist er mit dabei, und seit knapp 14 Jahren der Vorsitzende – füllt sich der Saal um ihn herum stetig. Immer mehr Menschen finden sich ein im Hotel in Lerbach, setzen sich gespannt an die Tische im Saal. Bis die Band „Mrs. Roger“ um die Sängerin Jil Christin Schulte die Bühne betritt, ist der Saal schließlich voll. Über 100 Gäste wollen das Konzert der Band verfolgen, die sich ganz dem Werk des 2016 verstorbenen Roger Cicero verschrieben hat.

Ein Silberstreif am Horizont also? Ein paar Tage nach dem Konzert erreicht unsere Redaktion eine Email von Hans-Peter Lindenberg: Mehrere Zugaben habe die Band spielen müssen – und die Jazzfreunde konnten am Ende sogar noch drei neue Mitglieder verbuchen. Noch spielt er weiter, der Jazz in Osterode.

Am Ende kamen mehr als 100 Gäste nach Lerbach, um das Konzert der Band Mrs. Roger zu hören.
Am Ende kamen mehr als 100 Gäste nach Lerbach, um das Konzert der Band Mrs. Roger zu hören. © HK | Kevin Kulke

Die Webseite der Jazzfreunde Osterode:https://www.jazzfreunde-osterode.de

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