Bad Sachsa. Der Geschäftsführer der Stadtwerke nimmt Stellung zur Diskussion um die Talsperre in Steina. Eine neue Filteranlage soll 2 Millionen Euro kosten.

„Die Trinkwasserwasserversorgung in Bad Sachsa durch die Stadtwerke Bad Sachsa ist auch im Sommer gesichert“, erklärt Martin Völz, Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Sachsa, in Reaktion auf die bundesweiten Meldungen zur allgemeinen Wasserversorgung.

Die Wasserversorgung in Bad Sachsa wird durch verschiedene Standbeine, dazu gehören Tiefbrunnen, Quellen und bis kürzlich auch Oberflächenwasser aus der Talsperre Steina, sowie ergänzend durch eine Reserveleitung aus dem Pöhlder Becken, sichergestellt. Jede dieser Versorgungswege bringe Vor- und Nachteile mit sich und unterliegt einer eigenen Kostenstruktur und Wirtschaftlichkeit, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser gemäß der Trinkwasserverordnung, für den menschlichen Gebrauch und in ausreichender Menge, habe oberste Priorität für die Stadtwerke Bad Sachsa.

Die Talsperre in Stein Mitte April 2020. Die Anlage musste vom Netz genommen werden. 
Die Talsperre in Stein Mitte April 2020. Die Anlage musste vom Netz genommen werden.  © HK | Thorsten Berthold

Für die Trinkwasserverordnung spiele es allerdings keine Rolle, ob das Wasser hart oder weich ist. „In den Nachbargemeinden und Landkreisen geben die Wasserversorger teilweise Werte bis 18 °dH und somit höhere Werte als in Bad Sachsa an, so dass Aussagen, wie zum Beispiel dass man alle paar Tage seinen Wasserkocher entkalken müsse, von uns nicht nachvollziehbar sind“, sagt Völz.

Kontroverse Diskussion

Die Nutzung oder Nichtnutzung der Talsperre Steina wird in der Bevölkerung und Politik in den letzten Monaten immer wieder kontrovers diskutiert.

„In diesem Zusammenhang ermutige ich jeden dazu, einmal darüber nachzudenken, warum wir als wirtschaftlich handelndes Unternehmen momentan wohl auf das in Relation günstige und beliebte Oberflächenwasser der Talsperre verzichten und stattdessen durch das im Vergleich teurere Wasser aus Tiefbrunnen, was erst gefördert und nach Bad Sachsa gepumpt werden muss, substituieren“, ruft Völz auf.

Hintergrund des Verzichts ist, eine Untersagung der Betriebswiederaufnahme durch das Gesundheitsamt Göttingen im Februar dieses Jahres.

Disput mit dem Gesundheitsamt

Hierzu liegen die Stadtwerke seitdem mit dem Gesundheitsamt der Stadt Göttingen als verantwortlicher Behörde auf allen Ebenen im Disput. Ursächlich für diesen Disput ist die unterschiedliche Betrachtungsweise, wie und in welchem Zeitraum die immer strenger werdenden gesetzlichen Auflagen und Anforderungen an das Trinkwasser auf Basis EU-rechtlicher Vorgaben umgesetzt werden müssen. „EU-Recht gilt ja für alle EU-Länder, aber es hilft leider nicht, die Frage aufzuwerfen, warum denn das Leitungswasser unserer südlichen EU-Partner bis heute nicht trinkbar ist“, erklärt Völz. „Letztendlich sind wir sogar auf einer Linie mit dem Gesundheitsamt, nur eben erst in der mittel- bis langfristigen, nicht aber in der kurzfristigen Betrachtung.“

Das Trinkwasser wird unter anderem durch die Talsperre bislang gewonnen. 
Das Trinkwasser wird unter anderem durch die Talsperre bislang gewonnen.  © HK | Thorsten Berthold

Die Talsperre speist sich aus dem Wasser der Steina, so dass ihre Leistung direkt abhängig von der Wasserzufuhr der Steina ist, welche gerade in den letzten 10 bis 15 Jahren im Sommer stark zurückgegangen ist. Wer jetzt im Steinatal wandert, kann das Fehlen des Zuflusses der Steina direkt wahrnehmen, ebenso wie die Veränderung des dortigen Waldes.

Talsperre versorgt nur temporär

Die Talsperre sei daher zuletzt meist nur acht bis neun Monate im Jahr in die Versorgung eingebunden gewesen. Ergänzend wurde die Talsperre temporär vom Versorgungsnetz getrennt – entweder wenn die Rohwasserqualität eine Aufbereitung nicht mehr zuließ oder regelmäßig nach der Trinkwasserverordnung zu kontrollierenden mikrobiologischen Parametern Auffälligkeiten zeigten. Diese Unterbrechungen haben in den letzten Jahren zugenommen und waren Anlass des Handelns des Gesundheitsamts.

Die nachweislich zunehmende Tro ckenheit sei allerdings ein wesentlicher Grund der Zunahme der Verunreinigungen, heißt es vonseiten der Stadtwerke. Bedingt durch die Trockenheit sind viele Bäume in ihren Abwehrkräften geschwächt und dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Es kam zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Waldökosystems im Steinatal, nachdem mehrere tausend Festmeter Wald aufzuarbeiten waren und immer noch sind.

Durch das Fehlen großer Waldflächen im Wassereinzugsgebiet entfalle eine Art „Vorfilterfunktion“ und das Wasser fließe direkt in die Flussläufe wie die Steina. Hinzu komme, dass nun der Boden stärker austrockne und durch die reaktivierten Forstwirtschaftwege bei Regen wie Dränagen wirkt und so Waldboden verstärkt mit in die Flussläufe gespült werde. Das wiederum führe zu verstärkten Trübungen sowie Verunreinigungen des Wassers in der Talsperre. Gleichzeitig bekämen Algen in der Talsperre ein Nährstoffüberangebot, heißt es weiter in der Mitteilung des Unternehmens zur Lage.

Neuer Filter kostet 2 Millionen Euro

Bereits vor der Untersagung des Weiterbetriebs der Talsperre hätten sich die Verantwortlichen der Stadtwerke mit verschiedenen Lösungsansätzen für eine zukünftige Ausrichtung beschäftigt, unter anderem mit Varianten verschiedenster Hersteller. Mit Blick auf die schwankende Rohwasserqualität und zukünftigen gesetzlichen Vorgaben sei eine moderne, hochwirksame Filteranlage notwendig, die nach aktuellem Planungsstand etwa zwei Millionen Euro koste. „Diese Investition müsste ja zusätzlich zu den normalen Betriebskosten erwirtschaftet werden, da kann sich jeder Ausmalen, wie viel Wasser bis zur Amortisation abgesetzt werden muss“, erläutert Völz.

Ein Schild zur Historie der Anlage. 
Ein Schild zur Historie der Anlage.  © HK | Thorsten Berthold

Die klimatischen Veränderungen und die zwangsweise erfolgte Außerbetriebnahme der Talsperre in Steina nahmen die Stadtwerke zum Anlass, das noch aus den 1960er Jahren stammende Wasserversorgungskonzept der Stadt Bad Sachsa nach heutigen Maßstäben zu überarbeiten.

Konzept überarbeitet

„Auf Basis des neuen Wasserversorgungskonzeptes für die Stadt Bad Sachsa werden dann seitens der Gesellschaft die Handlungsstrategien erarbeitet, die dann zuerst mit den Gesellschaftsgremien, insbesondere dem Aufsichtsrat, beraten und auf Grund der elementaren Bedeutung des Themas Wasserversorgung danach auch mit dem Rat der Stadt Bad Sachsa weiter abgestimmt werden“, beschreibt der Geschäftsführer das weitere geplante Vorgehen.

Auch auf die Historie geht Völz noch einmal ein. Das ganz besonders trockene Jahr 1949 habe bereits den Wasserleitungsverband Südharz gezwungen, sich mit einer Speicheranlage zur Überbrückung von Trockenzeiten zu beschäftigen. Zudem wollte sich die Gemeinde Osterhagen, welche aufgrund der Trockenheit mit ihren eigenen Gewinnungsanlagen ebenfalls zu kämpfen hatte, dem Verband als Abnehmer anschließen. Eine entsprechende Planung wurde 1952 aufgenommen und Fördermittel wurden beantragt. Nach Problemen mit der Abdichtung des Dammes konnte die Talsperre 1958/59 in Betrieb gehen.

Wurde Wasser früher vornehmlich für die Viehwirtschaft benötigt, führten der zunehmende Tourismus und die gesteigerten Anforderungen an den häuslichen Bedarf schnell zu höheren Wasserabgaben als ursprünglich geplant.

„Einzig sinnvoller Weg“

„Insofern ist die Talsperre mittlerweile zu klein, den Bedarf über mehrere Trockenmonate vollständig zu decken. Die von uns eingeschlagene Vorgehensweise ist aus unserer Sicht die einzig sinnvolle, alles andere ist tendenziöser Populismus, für den wir als Unternehmen keinen Spielraum haben“, betont Martin Völz abschließend.

Die Talsperre in Steina. 
Die Talsperre in Steina.  © HK | Thorsten Berthold