London. Im Sommer verlässt die Stürmerin den VfL Wolfsburg. Beim Halbfinal-Sieg beim FC Arsenal kreiert sie noch ihren persönlichen Märchen-Moment.

Es schien so, als müsste Pauline Bremer ihre Zeit beim VfL Wolfsburg als glücklos verzeichnen. Im Sommer verlässt die 27-Jährige den Klub, sie hatte vom nationalen Double-Sieger kein neues Angebot erhalten. Ihr Arbeitsprotokoll nach drei Jahren in der VW-Stadt bis Montagabend: 39 Einsätze, zwölf Tore – in 30 Partien war sie nur Joker. Doch dann kam der eine Moment, der ihr die Gedanken an ihre VfL-Zeit vielleicht für immer versüßen wird. 60.000 Menschen schauen im Stadion des FC Arsenal entgeistert, wie Jule BrandImke Wubben-Moy den Ball auf Außen abluchst, ihn dann präzise in die Mitte und vor die Füße von Bremer spielt, die ihn aus kurzer Distanz zum entscheidenden 3:2 nach Verlängerung über die Linie mit rechts drückt: „Genauso malt man es sich aus“, sagte sie strahlend, „das ist wie im Märchen“. Sie war es, die den Wolfsburgerinnen nach einem packenden Spiel ins Endspiel von Eindhoven (3. Juni, 16 Uhr) verhalf.

Pauline Bremer traf nur zwei Mal in der Champions League

Es ist nicht nur die mangelnde Spielzeit, die Bremer in der laufenden Saison wiederholt beklagte. Am 7. Oktober 2020, da war sie nach ihrem Wechsel von Manchester City gerade einmal drei Monate in Wolfsburg, zog sie sich im Liga-Spiel gegen Sand einen Kreuzbandriss zu, fiel den Rest der Saison aus. Sie kämpfte sich zurück, doch es reichte nur selten, um sich im stark besetzten VfL-Aufgebot in die Startelf zu spielen. An Ewa Pajor, Tabea Waßmuth oder Alexandra Popp kam Bremer nicht vorbei. In den Topspielen kam sie, wenn überhaupt, von der Bank. Das entscheidende 3:2 in London war erst ihr zweiter Champions-League-Treffer im VfL-Trikot, nach dem 8:1 beim 8:2 in St. Pölten im Dezember.

Das alles war und ist nicht der Anspruch der 21-fachen DFB-Auswahlspielerin, die das Thema Nationalmannschaft noch nicht abgehakt hat. Und deswegen trennen sich die Wege im Sommer nun auch wieder. Es heißt, dass es sie wieder zurück auf die britische Insel ziehen soll, fix ist der neue Klub bereits, verkündet werden soll ihr neuer Arbeitgeber erst nach der Saison.

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Es war vor allem, aber nicht nur ihr Gespür für die Situation in der 119. Minute, die Bremer in diesem wichtigen Spiel wertvoll machte: Die Angreiferin rieb sich nach ihrer Einwechslung in der 90. Minute auf, war sich für keinen Weg zu schade. Und damit steht sie auch für ein Erfolgsgeheimnis der Wolfsburgerinnen, die nicht unbedingt besser spielen als vor einem Jahr, als sie im Halbfinale am jetzigen Finalgegner FC Barcelona gescheitert waren. Gegen Arsenal gab es wie schon im Viertelfinale gegen Paris einige Momente, in denen es Spitz auf Knopf stand, die Wolfsburgerinnen auch hätten ausscheiden können.

Aber sie ließen sich nicht von ihrem Weg abbringen. Auch nicht vom frühen 0:1 in London, auch nicht von der Kulisse mit über 60.000 Fans. Bremer betont: „Es ist eine Qualität von allen, die draußen sind, dass sie auch ihre Arbeit machen, Teamplayer sind. So eine Bank braucht man, um oben mitzuspielen und Titel zu gewinnen.“ Und man darf sich eben nicht aufgeben, obwohl man unzufrieden ist. Die Stürmerin ist da ein gutes Beispiel: „Es war keine leichte Saison, ich hätte gerne mehr gespielt. Es gab schon Momente“, in denen sie bereits an einen früheren Abschied aus Wolfsburg gedacht hatte. „Aber ich habe geglaubt, dass mein Moment noch kommen wird. Und es hat gezeigt, dass es sich gelohnt hat, die Enttäuschungen wegzustecken und weiter hart zu arbeiten.“

Tommy Stroot: „Pauli ist da besonders“

Für diesen Einsatz gab’s auch von VfL-Coach Tommy Stroot ein großes Lob, der natürlich weiß, dass es „nicht einfach ist für sie, nur diese Wechselrolle zu haben. Ich bin so froh, dass sie so reinkommt und dem Team maximal helfen will. Pauli ist da besonders, sie hat immer eine gewisse Torgefahr.“ Bremer sagt über dieses späte wie entscheidende Tor: „Von der Wichtigkeit hat dieser Treffer einen sehr, sehr hohen Stellenwert.“

Es sorgte spät dafür, dass die Göttingerin nach all den persönlichen Enttäuschungen beim VfL noch ihren persönlichen großen Moment bekam. Und ganz nebenbei: Es muss nicht der letzte sein. Ihr letzter Arbeitstag beim VfL hat sich mit dem Finaleinzug weiter nach hinten verschoben, es ist der 3. Juni, wenn es in Eindhoven gegen Barca geht. „Das ist eine super Mannschaft“, sagt Bremer. „Wie wir aber auch.“ Nach dem 1:5 im Camp Nou vor gut einem Jahr „haben wir uns super weiterentwickelt. Die Atmosphäre in London war so ähnlich wie damals. Das ist nicht einfach, aber wir sind cool geblieben. Natürlich wollen wir jetzt auch den Titel.“