Braunschweig. Die Polizei sieht Bedarf im Gästebereich, die Stadt bestätigt Gespräche über bauliche Änderungen. Das Derby kommt dafür aber zu früh.

Den Fans von Eintracht Braunschweig ist ihr Stadion an der Hamburger Straße heilig. Es ist mehr als nur ein Fußballplatz, auf dem 22 Mann einem Ball hinterherjagen. Es ist Kult, ein echtes Original. Das „Eintracht-Stadion“ eben, wie es mittlerweile auch offiziell heißt. Und man muss auch nicht durch die blau-gelbe Brille schauen, um eines anzuerkennen: Im Gegensatz zu den vielfach hochgezogenen Arenen, die rund um die Weltmeisterschaft 2006 und danach in Deutschland entstanden, versprüht das Stadion von Eintracht Braunschweig den Charme der Unverwechselbarkeit.

Allein die noch bestehende Tartanbahn, die es ermöglicht, dass auch noch andere sportliche Wettkämpfe dort ausgetragen werden können, hat mittlerweile bundesweit nahezu ein Alleinstellungsmerkmal.

Eintracht-Stadion: Viel Charme, aber weniger Sicherheit als in Hannover?

Allerdings, wenn es um Sicherheitsanforderungen geht, kann das Eintracht-Stadion mit den neuen Multikomplex-Arenen wie in München, Gelsenkirchen, Gladbach, Wolfsburg oder auch Hannover nicht mithalten. Es bedarf also daher baulich immer mal wieder Anpassungen, die bestehende Struktur auf einen moderneren Stand zu bringen.

Im Interview mit unserer Zeitung unterstrich auch der neue Polizeivizepräsident der Polizeidirektion Braunschweig, Uwe Lange, die Notwendigkeit von Nachbesserungen, insbesondere für den Bereich, in dem die Gästefans beheimatet sind.

Mit Blick auf zusätzliche Sicherheit erklärte Lange, der auch Einsatzleiter beim Derby am Sonntag ist: „In den Gästeblöcken braucht es aus unserer Sicht generell mehr Fluchttore, die von den Fans nach draußen, aber von Einsatzkräften der Polizei im Notfall auch von außen genutzt werden könnten. Und es geht um weitere Zäune, die helfen, Fans voneinander zu trennen. All diese Themen sind der Eintracht bekannt. Ich bin guter Hoffnung, dass diese Baumaßnahmen bald umgesetzt werden.“

Polizei: „Drehkreuze“ am Gästeeingang im Eintracht-Stadion als erste Sicherheitsmaßnahme

Lange verwies zudem auf das Heimspiel gegen Hansa Rostock im März, wo im Eingangsbereich der Gästefans sogenannte „Vereinzelungsanlagen“ aufgestellt wurden. Diese Anlagen, die im Grunde wie Drehkreuze funktionieren, sollten im Eintracht-Stadion helfen, den Druck bei den Einlasskontrollen zu reduzieren, was aus Sicht der Polizei auch gelang. „Es ist ein probates Mittel, Kassenstürme zu verhindern. Kontrollen durch die Ordner sind dann leichter durchzuführen“, so Lange.

Anlass für diese Neuerung war das Spiel zwei Wochen zuvor zwischen Eintracht und Hertha BSC gewesen. Da war es nicht nur zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Teilen der Ultra-Szene im Umfeld der Südkurve gekommen, sondern es knallte auch auf den Rängen in der Nordkurve, wo sich für die Polizei sehr unvermittelt unterschiedliche Fan-Gruppen gegenüberstanden.

Eintracht Braunschweig entschuldigte sich im Anschluss dafür, die „selbstgesteckten Ziele und Qualitätsstandards in Bezug auf die Trennung von Heim- und Gästefans“ nicht erreicht zu haben. Der Verein kündigte daraufhin auch bauliche Veränderungen an, die umfassender im Anschluss an die laufende Saison erfolgen sollen. Beim Heimspiel gegen Rostock hatte man dann kurzfristig unter anderem mit provisorischen Fangnetzen und einer Blocksperre dafür gesorgt, dass sich Szenen wie gegen Hertha nicht wiederholten.

Stadt Braunschweig: Gespräche mit Eintracht über umfassende bauliche Maßnahmen

Die Stadt als kommunaler Träger des Stadions bestätigte nun gegenüber unserer Zeitung Gespräche mit Eintracht Braunschweig über umfassendere bauliche Maßnahmen. Zu Details wollte sich Stadtsprecher Adrian Foitzik aber noch nicht äußern. Polizei, Eintracht und Stadt Braunschweig stünden beim Thema Sicherheit in unterschiedlichen Dialogformaten regelmäßig in engem Austausch, hieß es. Die von der Polizei gewünschten Maßnahmen seien Stadtverwaltung und Stadthallenbetriebsgesellschaft bekannt und würden in den Gesprächsrunden thematisiert. Hierbei gehe es um mittelfristige Investitionen.

„Einige betreffen bauliche Maßnahmen, für die die Stadt als Eigentümerin zuständig ist, andere auf mobile Maßnahmen, für die Eintracht verantwortlich ist“, teilte die Stadtverwaltung schriftlich mit. Mobile Drehkreuze seien durch Eintracht Braunschweig angeschafft worden und bereits benutzt worden. Aus den Aussagen der Stadt kann also geschlossen werden, dass auch beim Derby gegen Hannover im Gästebereich diese Form des Einlasses genutzt werden könnte. Ob das passiert, liegt allerdings in den Händen der Einsatzleitung.

Stadt Braunschweig: Sechsstelliger Betrag in neue Videotechnik im Eintracht-Stadion investiert

Braunschweigs Stadtsprecher Foitzik teilte zudem mit, dass es in den letzten Monaten „diverse Detailanpassungen in Abstimmung der Stadionpartner durch die städtische Seite“ gegeben habe. „Wesentlicher Punkt war die Erneuerung und Ergänzung der Videoüberwachung mit einem sechsstelligen Betrag, die zum Derby erstmals eingesetzt wird, aber bereits in 2023 geplant wurde.“

Auch zur Frage, wer am Ende für die Kosten der Umbaumaßnahmen aufkommt, hielt sich die Stadt noch bedeckt. Zu vermuten ist, dass die erwähnten Zuständigkeiten und die Unterscheidung zwischen baulichen (Stadt) und mobilen Maßnahmen (Verein) in diesem Punkt eine Rolle spielen werden.

Vor dem Derby: Das sagt der Einsatzleiter der Polizei im Video

weitere Videos

    DFB-Strafnachlass für Eintracht Braunschweig als Chance?

    Eintracht hat die Möglichkeit, die vom DFB aufgebrummten Strafen nach Fan-Vergehen zu einem Drittel in „sicherheitstechnische oder gewaltpräventive Maßnahmen“ zu investieren. Das sehen die Statuten des Sportgerichts vor, die greifen, wenn verhängte Urteile akzeptiert werden und somit rechtskräftig werden. Der sogenannte Drittelnachlass könnte dem Verein in einer durchaus angespannten finanziellen Situation helfen und Investitionskosten etwas abfedern.

    So summieren sich die Strafzahlungen im Jahr 2023 bislang auf mehr 160.000 Euro. Dabei ist das Urteil nach den Derby-Ausschreitungen im November in Hannover auch wenige Tage vor dem nächsten Niedersachsen-Gipfel weiter nicht gesprochen. Eintracht geht davon aus, dass sich die Summe noch einmal signifikant erhöhen wird. Stünden für das vergangene Kalenderjahr am Ende Strafzahlungen von rund 300.000 Euro, könnte der Zweitligist etwa 100.000 Euro in die zusätzliche Sicherheit des Eintracht-Stadions stecken.