Braunschweig. Eintrachts Trainer ist gebürtiger Paderborner, spielte und arbeitete für den SCP – doch für heimelige Gefühle ist der falsche Moment.

Für Daniel Scherning ist das Auswärtsspiel beim SC Paderborn (Freitag, 18.30 Uhr) so etwas wie Nachhausekommen. Der Trainer von Fußball-Zweitligist Eintracht Braunschweig ist in Paderborn geboren, spielte für den SCP in der Jugend und von 2002 bis 2005 bei den Profis. Er kehrte im Jahr 2016 zurück – als Co-Trainer unter Stefan Emmerling und dem heutigen HSV-Coach Steffen Baumgart stieg er mit den Ostwestfalen von der 3. Liga bis in die Bundesliga auf.

Doch wohlige Heimatgefühle müssen spätestens zum Anpfiff beiseitegeschoben werden, denn das Spiel an alter Wirkungsstätte wird für den 40-Jährigen zum wichtigen Stimmungsindikator. Mit einem Erfolg beim Zweitliga-Spitzenteam könnte Scherning die nervös gewordenen Braunschweiger Fans nach vier Partien ohne Sieg wieder etwas befrieden. Eine Niederlage zöge die Eintracht noch tiefer in den Abstiegssumpf. Die Frage würde abermals lauten: Sind Scherning und sein Fußball schon entzaubert?

Daniel Scherning gab Eintracht Braunschweig die Hoffnung zurück

Der Eintracht-Trainer hatte nach seiner Amtsübernahme Anfang November mit den richtigen Handgriffen erst die Hoffnung nach Braunschweig zurückgebracht, als nach einem desolaten Saisonstart unter dem absoluten Fehlgriff Jens Härtel nur fünf Punkte auf der Habenseite waren und niemand mehr einen Pfifferling auf den Klassenerhalt der Blau-Gelben setzen wollte.

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19 Punkte holte der anfangs als Notlösung und sportlicher Insolvenzverwalter verschriene Scherning seither. Mit einer wohltuend ehrlichen Kommunikation und einer Portion harter Arbeit zogen er und sein Team sich selbst aus dem Abstiegssumpf, tappten aber zuletzt mit ratlos machenden Auftritten wieder hinein. Die mutlose Leistung bei der 0:1-Niederlage gegen Rostock zuletzt war der negative Höhepunkt der Ära Scherning. Und den Trainer nervte sie sichtbar.

Menschen, die schon länger mit dem Klub verbunden sind, hätten sie voraussehen können. Wenn Eintracht eine Chance hat, sich frühzeitig von den größten Sorgen zu befreien, setzt sie diese meist in den Sand. Doch Scherning dürfte dieses vielleicht auch nur gefühlte Stigma gar nicht kennen.

Pavel Dotchev: So war Daniel Scherning als Spieler des SC Paderborn

Einst versaute ihm Braunschweig die Aufstiegsfeier vor den eigenen Fans in Paderborn mit einem 3:1-Sieg im Jahr 2005. Eine Woche später gingen beide Vereine gemeinsam hoch in Liga 2. Doch für Scherning endete damit seine Zeit in Paderborn vorerst. „Als Spieler war ich immer eines der größten Talente, aber nie mehr als das. Leider konnte ich mich auch dort nicht durchsetzen“, sagt der heutige Eintracht-Coach. Er sei zu faul gewesen. „Ich glaube schon, dass ich eine gewisse Intelligenz auf dem Platz hatte, aber die Faulheit hat mich in meiner Entwicklung sehr gebremst“, glaubt der ehemalige Stürmer.

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Sein damaliger Trainer beim SC Paderborn, Pavel Dotchev, Drittliga-Rekordtrainer und heute beim FC Erzgebirge Aue im Amt, erinnert sich: „Ich hatte Daniel Scherning als jungen Spieler in meiner Mannschaft. Ein kluger, reflektierter Junge. Schnell, aber leider verletzungsanfällig.“ Der heute 58-Jährige verfolgte den Weg seines Schützlings weiter. „In der Rolle des Trainers hat er sich Schritt für Schritt entwickelt, als Co-Trainer Erfahrung gesammelt und sich mit seinen Klubs immer absolut identifiziert. Daniel ist ein Familienmensch, sehr intelligent und empathisch. Ich mag ihn und deshalb freut es mich, dass er seine Fähigkeiten in verantwortlicher Position im Profifußball erfolgreich einbringen kann“, sagt Dotchev.

Daniel Schernings Familie lebt noch in Paderborn

Scherning betont, dass er damals froh war, nach seiner Station bei Arminia Bielefeld II die Chance als Co-Trainer in Paderborn bekommen zu haben. „Wir sind zweimal aufgestiegen. Es war äußerst erfolgreich, also blicke ich gern zurück“, sagt der Fußball-Lehrer, der noch viele Vereinsangestellte kennt. Auch seine Familie wohnt in der 156.000-Einwohner-Stadt. „Sie ist Heimat für mich. Ich bin 40 Jahre alt und war mehr als 13 Jahre beim SC Paderborn. Das ist eine sehr lange Zeit. Dementsprechend hat der Verein einen hohen Stellenwert für mich.“

Das mag manch Außenstehender nicht verstehen. Paderborn war lange der belächelte Klub, mit dem Stadion, das aussieht wie ein notdürftig zusammengezimmerter Baumarkt. Mit der Torhymne „Hermann Löns, die Heide, Heide brennt“ aus der Schlagerschublade für, sagen wir, Liebhaber. Dieses Lied fidelte in der vergangenen Saison aber fünfmal durch die kleine Arena und sorgte bei den Eintracht-Fans für ein Gefühl, als würde jemand mit bloßen Fingernägeln über eine Schultafel kratzen.

Scherning wird dafür sorgen wollen, dass der Stadion-DJ gar nicht in Versuchung kommt, dieses Liedchen anzuspielen. Doch das wird verdammt schwer. Denn der kleine SCP ist der Eintracht sportlich enteilt. Mit der Leistung der vergangenen Spiele wird Braunschweig in Paderborn nichts holen. Das weiß auch der Trainer, der als Spieler „immer offensiv denkend gewesen“ sei. In diesem Bereich muss seine Mannschaft wieder andere Lösungen finden, dann könnte der Paderborner Jung an alter Wirkungsstätte als Sieger vom Platz gehen. Doch Gastgeschenke wird‘s sicher nicht geben.

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