Braunschweig. Felice Stanziale ist vor mehr als 40 Jahren nach Braunschweig ausgewandert. In der Enotecca arbeitet er mit Sohn Enzo Hand in Hand.

Wie Zipfelmützen ragen die Dächer der runden Mini-Häuser empor. Wer schon einmal in Apulien, quasi dem Stiefelabsatz Italiens, war, kennt sie: die schlichten Bauernhütten, die Trulli, die sich in langen Reihen durch die Dörfer ziehen. Als Felice Stanziale vor mehr als 40 Jahren nach Braunschweig auswanderte, um der Wirtschaftskrise in seiner Heimat zu entfliehen, nahm er das innere Bild mit auf Reisen. Wenige Jahre später eröffnete er sein erstes Restaurant auf dem Hagenmarkt, das nur einen Namen tragen konnte: Al Trullo.

Der Zuschnitt der heutigen Räume Stanziales am Bäckerklint hat nichts Trullihaftes an sich. Rund sind hier nur die Böden der Weinflaschen in den Regalen. In der hinteren Ecke stehen zwei Tische mit Reserviert-Schildern. „Hier sitzen immer die Eintracht-Spieler“, sagt Enzo Stanziale. Der 38-Jährige war selbst lange Fußballer und hat eine enge Verbindung zum Verein.

Er ist der Sohn von Felice Stanziale, wenige Jahre nach dessen Ankunft in der Löwenstadt geboren. In dem Bistro ist er so etwas wie die Kommunikationszentrale. Mit Papa bespricht er Konzeptionelles. Der Mama in der Küche gibt er die Bestellungen weiter. Und Gäste begrüßt er weniger per Handschlag, sondern häufig mit einer Umarmung.

Als legendär gilt ein Abend mit Stefan Effenberg

Wer die Stanziales in ihrem Lokal besucht, wird mit der Zeit zu einem Teil der Familie. Für einige Stammgäste ist das „Al Trullo“ seit Jahrzehnten ein Anlaufpunkt in der City. Im Oktober 1986 hatte Felice Stanziale das Restaurant am Hagenmarkt eröffnet, nachdem er zuvor in mehreren Eisdielen gearbeitet und mit seiner Frau Piera ein eigenes Eis-Café in Schladen geführt hatte.

Das „Al Trullo“ war ein Gemeinschaftsprojekt mit seinem Bruder Pietro. Schon damals ließen sich Sportler die apulischen Spezialitäten schmecken. Als legendär gilt ein Abend, an dem der damals beim VfL Wolfsburg aktive Stefan Effenberg mit seiner Claudia zu Gast war. Der Wein soll dem Fußballprofi so gut gemundet haben, dass er fremde Gäste gut gelaunt zum „Stille Post“-Spielen ermunterte.

Gut 50 Sitzplätze bietet das „Al Trullo“ im Innenbereich. Bei schönem Wetter kommen draußen rund 40 hinzu.
Gut 50 Sitzplätze bietet das „Al Trullo“ im Innenbereich. Bei schönem Wetter kommen draußen rund 40 hinzu. © Henning Thobaben

Felice Stanziale wollte das Abendgeschäft nicht mehr

Nach etlichen Jahren trennten sich schließlich die Wege der Stanziale-Brüder. Pietro setzte den Restaurant-Weg mit dem „Da Piero“ in Mascherode fort. Felice wollte das Abendgeschäft nicht mehr. Das neue „Al Trullo“ am Bäckerklint wurde als Enoteca geplant, einer Kombination aus Gastronomie, Weinhandel und Feinkostgeschäft. In der Mittagszeit gibt es Getränke und eine kleine, aber feine Speisenauswahl. Darüber hinaus betreibt die Familie einen Großhandel und beliefert Lokale in der Region mit Spezialitäten aus Italien.

Die Karte im „Al Trullo“ wechselt zweimal wöchentlich. Klassiker wie Lasagne sind darauf zu finden. Aber auch Regionales und Saisonales wie Steinpilze oder derzeit Spargel – zubereitet nach italienischer Art. Alle zwei Wochen treffen Warenlieferungen aus Apulien ein. Zwei- bis dreimal im Jahr reist Felice Stanziale zusammen mit seinem Sohn dorthin. Gemeinsam entdecken sie kleine Weingüter und auf diesem Weg manchmal besondere Schätze für ihr Lokal.

Olivenöl wird aus Früchten von Grundstücken der Familie in Apulien gepresst

Der 64-Jährige gilt als jemand, der immer gut informiert und gegenüber Neuem offen ist. „Auf diesem Weingut kann man Weinreben adoptieren“, sagt er und zeigt ein Foto von einem Weinberg. Der Ertrag sei nicht hoch gewesen, der Inhalt aber köstlich. Und dann habe er noch in ein Start-Up zwecks Gründung einer Kelterei in Apulien investiert, berichtet Felice Stanziale. Auch das habe sich gelohnt.

Der kalte „Espressino Freddo“ erfrischt im Sommer.
Der kalte „Espressino Freddo“ erfrischt im Sommer. © Henning Thobaben

Die Frischnudeln stammen aus einer kleinen Manufaktur nahe seines Geburtsortes, sagt der Bistro-Inhaber. Der Espresso komme von einem kleinen Edel-Lieferanten, die Umstellung habe ihm ein Umsatzplus von rund 30 Prozent beschert. Und das Olivenöl werde aus Früchten auf Grundstücken der Familie in Apulien gepresst. Die 400 bis 500 Liter pro Jahr sind meist schnell weg. Mit diesen exklusiven Angeboten hat sich der Italiener über viele Jahre sein Stammpublikum aufgebaut. Die Tische sind durchgehend besetzt, eine Reservierung ist immer sinnvoll.

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Während Corona wollte ein Stammkunde sogar dauerhaft die Miete übernehmen

Hochrangige Vertreter aus der Wirtschaft treffen sich im „Al Trullo“ nicht selten auf ein Mittagessen. Und auch so mancher Eintracht-Spieler soll seinen Vertrag in dem Lokal unterschrieben haben. Weil Enzo Stanziale auch viele Besucher aus der Immobilienwirtschaft kennt, hilft er der Eintracht immer mal wieder bei der Vermittlung von Unterkünften für die Profifußballer.

Als sich die Aussichten auf eine eigene Karriere im Alter von 18 Jahren zerschlagen hatten, ging er für ein Jahr nach Italien, nach Apulien. Dort ließ er sich zum Sommelier ausbilden, bevor er doch wieder nach Braunschweig zurückkehrte. Das „Al Trullo“ liegt ihm am Herzen. Und nicht nur ihm. Als die Corona-Zeit begann, versprach ein vermögender Stammkunde, im Notfall die Miete dauerhaft zu übernehmen. Es war nicht nötig. Die Gäste hielten der Familie auch da die Treue. Die Schlange der To-Go-Interessenten reichte manchmal bis zur nahe gelegenen Petrikirche.

Involtini mit Pasta und Tomatenragout.
Involtini mit Pasta und Tomatenragout. © Privat

Orecchiette mit Involtini

Zutaten (für vier Personen):

  • Für die Involtini: 8 Scheiben dünne Rinder- oder Kalbsschnitzelchen, Petersilie, schwarzer Pfeffer, Pecorino aus Apulien (gerieben oder in Flocken), Knoblauch.
  • Für das Ragout :750 g Tomatenpassata, 1 Zwiebel, 1 Glas trockener Weißwein, Olivenöl extra vergine, geriebener Pecorino, 2 Lorbeerblätter, Chili, Salz.
  • Dazu: 400 g frische apulische Orecchiette.

Zubereitung: Fleischscheiben dünn klopfen. Füllung bestehend aus gehacktem Knoblauch und Petersilie, geriebenem Pecorino, einer Prise Chili, etwas Salz und Pfeffer auf jede Scheibe legen. Fleischscheibe über sich schließen, zu einer Rolle einwickeln und fest zusammenziehen, damit die Füllung nicht austritt. Mit Zahnstochern oder Schnur fixieren.

Gehackte Zwiebel in einem Topf mit etwas Olivenöl anbraten. Involtini hinzufügen, wenn die Zwiebel goldbraun sind. Wenn die Röllchen eine schöne Farbe haben, mit mäßiger Hitze mit Weißwein ablöschen und verdunsten lassen. Tomatenpassata und eine Spitze Chili hinzugeben. Zerkleinertes Basilikum und Lorbeerblätter dazu. Dann mit etwas Wasser verdünnen, um zu verhindern, dass die Sauce dick wird. Langsam kochen lassen, Deckel drauf und bei sehr niedriger Hitze mindestens 4 Stunden lang kochen, gelegentlich rühren.

Erst nach einiger Zeit salzen und pfeffern. Orecchiette in Salzwasser kochen, in die Tomatensoße geben. Geriebenen Pecorino zufügen.

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