Walkenried. Das Defizit im Haushalt steigt, die Einnahmen sind limitiert: die Gemeinde Walkenried steht am Scheideweg. Ein Blick in Vergangenheit und Zukunft

Ein Defizit von 840.000 Euro in diesem Jahr, 2023 sind es voraussichtlich 1,2 Millionen Euro: der Haushalt der Gemeinde Walkenried weist ein dickes Loch auf – und wie Kämmerin Annika Ludwig auf verschiedensten Sitzungen erklärte, wird es wohl auch weiter größer. Aktuell diskutieren Kommunalpolitik und Verwaltung darüber, ob Steuererhöhungen, Immobilienverkäufe oder andere Optionen der Weg aus der finanziellen Krise sein können.

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Doch – wie der Finanzausschussvorsitzende Tobias Mielke es schon sagte, das Problem in der Einheitsgemeinde ist strukturell – sprich Sparmaßnahmen oder der Versuch Einnahmen zu erhöhen, werden allein nicht ausreichen. Vor Ort wird immer wieder eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen als ein Weg, das Problem aufzuhalten, gefordert.

Innenministerium befragt

Unsere Redaktion hat beim Niedersächsischen Innenministerium (MI) in Hannover nachgefragt, wie man dort die Zukunftsfähigkeit der Gemeinde Walkenried bewertet. Und die Antwort ist klar: Allein aufgrund der Einwohnerzahl sieht man in Hannover diese als schwierig an.

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Bereits im Zuge der letzten allgemeinen Gebietsreform in Niedersachsen im Jahr 1972 sei geplant gewesen, die Gemeinden Walkenried, Wieda und Zorge zu einer Einheitsgemeinde zusammenzuschließen. Davon war jedoch damals mit Bildung der Samtgemeinde Walkenried Abstand genommen worden. Seit ihrer Gründung leistete die Samtgemeinde sodann für alle Mitgliedsgemeinden die Verwaltungsaufgaben zentral von Walkenried aus. Mit Gesetz vom 17. Juni 2016 wurde schließlich aus den Gemeinden Walkenried, Wieda und Zorge die neue Gemeinde Walkenried gebildet und zugleich die bisherige Samtgemeinde Walkenried aufgelöst. MI-Pressesprecher Pascal Kübler erklärt: „Die Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Walkenried waren sich bei Bildung der neuen Gemeinde Walkenried bewusst, dass dies nur ein erster Schritt zu einer wirksamen Strukturverbesserung ist. Denn auch die neue Gemeinde Walkenried würde das Leitbild aus der letzten allgemeinen Gebietsreform, nach der Entschließung des Landtags vom 9. Februar 1971 nicht vollständig erfüllen. Dieses Leitbild sieht insbesondere vor, dass die Verwaltungseinheiten 7.000 bis 8.000 Einwohnerinnen und Einwohner haben. Auch in dünn besiedelten Gebieten wurde vorgegeben, eine Einwohnerzahl von mindestens 5.000 tunlichst einzuhalten, und zwar im Hinblick auf die Erreichbarkeit und Leistungsfähigkeit der Kommunalverwaltung. Diese Vorgabe wurde mit 4.579 Einwohnerinnen und Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2014) gering unterschritten. Die Landesregierung hat diesen freiwilligen Schritt unterstützt, zumal gegenüber den durch die Neubildung erreichbaren finanziellen als auch organisatorischen Vorteilen die auch nur geringe Beeinträchtigung der Leitbildvorgaben zurücktreten konnte“.

Einheitsgemeinde sollte bessere Zukunft bringen

Mit der Unterzeichnung des Vertrags zur Bildung der Einheitsgemeinde am 1. November 2016 hatten die Verantwortlichen gehofft, dass man auch dank der Stabilisierungshilfe in Höhe von 10,2 Millionen, die das Land Niedersachsen gewährte, den Weg in eine bessere finanzielle Zukunft beschreiten könnte. Doch mit Blick auf die aktuelle Entwicklung des Haushalts zeigt sich, dass diese Hoffnung nicht eingetreten ist.

Unterzeichnung der Stabilisierungshilfe über 10,2 Millionen Euro für die Samtgemeinde Walkenried und die Mitgliedsgemeinden am Mittwoch, 31. August 2016 im Freizeitzentrum in Walkenried.
Unterzeichnung der Stabilisierungshilfe über 10,2 Millionen Euro für die Samtgemeinde Walkenried und die Mitgliedsgemeinden am Mittwoch, 31. August 2016 im Freizeitzentrum in Walkenried. © HK-Archiv | Mark Härtl

Siegfried Pfister, Vertreter des damaligen Landkreises Osterode, gab offen zu, dass es für ihn und die Kommunalaufsicht nach der gescheiterten Fusion von Walkenried und Bad Sachsa im Jahr 2014 so ausgesehen habe, dass die Uhr fünf nach zwölf anzeige, „die finanzielle Leistungsfähigkeit war nicht mehr gegeben“. Dank der Solidarität des Landes könne man jetzt einen neuen Weg einschlagen, der einen Meilenstein auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt markiere. „Ob die jetzt gewonnene finanzielle Handlungsfähigkeit langfristig erhalten bleibt, hängt von vielen Faktoren ab. Ich empfehle aber schon jetzt, die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen zu suchen, um Kosten weiterhin zu senken“, erklärte der Landkreisvertreter bereits damals. Insofern wurde bereits 2016 die Struktur als ein Hauptproblem für die Zukunft erkannt.

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Zuvor war nach zwei Jahren Verhandlung im Jahr 2014 eine Fusion zwischen der Stadt Bad Sachsa und der Samtgemeinde Walkenried von beiden Seiten als gescheitert erklärt worden. Der Versuch der Politik aus der Samtgemeinde, eine Eigenentschuldung, wie sie später Bad Sachsa erhielt, zu beantragen, scheiterte ebenfalls. Daraus wurde aber die Idee geboren, eine Einheitsgemeinde zu bilden, finanziell gefördert durch das Innenministerium, was auch gelang.

Über Fusionen diskutiert

Im Anschluss hatte man im Südharz seit dem Jahr 2018 auch lange Zeit über mögliche Fusionen gesprochen, um handlungsfähiger und leistungsstärker zu werden bzw. zu bleiben. Zunächst zu viert, dann zu dritt, am Ende noch zu zweit: die Beteiligten an den Gesprächen über eine Fusion von Kommunen im Südharz hatten sich im Laufe der Zeit aber immer weiter verringert. Ausgangspunkt war, dass die Stadt Braunlage offen nach möglichen Partnern für einen Zusammenschluss suchte, doch diese Idee scheiterte bereits im Jahr 2018. Im Anschluss verhandelten Bad Sachsa, Bad Lauterberg und Walkenried über einen möglichen Zusammenschluss, wobei der Gemeinderat im Klosterort von vornherein eine Fusion alleine mit der Uffestadt abgelehnt hatte. Nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid gegen den Zusammenschluss im Jahr am 7. Juni 2020 in Bad Sachsa (55,6 Prozent der Teilnehmenden lehnten den Zusammenschluss ab) verhandelten Bad Lauterberg und Walkenried weiter. Am 14. Februar 2021 stimmten jedoch knapp 79 Prozent der Teilnehmenden am Bürgerentscheid dafür, die Zweierfusion abzulehnen. Insofern wollten die Einwohner mehrheitlich allein ihre Probleme in den Griff kriegen.

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Wie es weitergeht, um kurzfristig den Haushalt auszugleichen wird in den kommenden Wochen noch für einige Diskussionen sorgen. Noch vor der nächsten Sitzung des Gemeinderates Walkenried, die am 22. September geplant ist, soll der Finanzausschuss ein weiteres Mal tagen, um entsprechende Vorschläge zu empfehlen. Einfach wird es nicht für Verwaltung und Kommunalpolitik, es stehen wieder vermutlich harte Entscheidungen an. Und das knapp sechs Jahre nachdem mit millionenschwerer Hilfe aus Hannover in Form der Stabilisierungshilfe alles in der Gemeinde Walkenried besser werden sollte.