Braunschweig. Grotrian-Steinweg lädt zum Klavierspielwettbewerb nach Braunschweig ein – rund 60 Nachwuchstalente zeigen ihre Fertigkeiten am Piano.
Während die einen mit ihren Eltern im Schlepptau nervös vor und zurücklaufen, werden anderen noch schnell die Frisuren gerichtet. Wieder andere sind ganz cool und in sich gekehrt. Bei der 65. Ausgabe des Grotrian-Steinweg-Klavierspielwettbewerbs zeigen Kinder und Jugendliche aus Deutschland und weit darüber hinaus ihr Können am Flügel im Konzertsaal des traditionsreichen Braunschweiger Klavierbauers. Die Sieger in den verschiedenen Altersgruppen von sieben bis 18 Jahren geben am Sonntag, 11 Uhr, ein Preisträgerkonzert im Großen Haus des StaatstheatersBraunschweig. Der Eintritt ist frei.
Aus der Region kommt nur ein Bruchteil der Teilnehmenden. Die kürzeste Anreise in diesem Jahr hatten wohl Sergey Podyomov aus Gifhorn und Narine Valesyan aus Hannover. Viele der rund 60 Talente haben gemeinsam mit ihren Familien einen weiten Weg auf sich genommen, um in Braunschweig spielen zu dürfen. Ein Großteil von ihnen reiste schon am Tag vor den Vorspielen an, die allerersten sogar schon am Mittwoch, erzählt Stefan Gritzka, Geschäftsführer von Grotrian-Steinweg. Das sei bemerkenswert bei einem Wettbewerb, bei dem die Siegerinnen und Sieger kein Preisgeld in vier- oder gar fünfstelliger Summe erwarte.
Ukraine-Krieg: Nicht alle Teilnehmer konnten zum Wettbewerb nach Braunschweig kommen
Gritzka freut sich auch, dass der Wettbewerb wieder gut angelaufen sei: Nach der 64. Ausgabe Anfang 2020 fiel er in den vergangenen Jahren wegen der Coronapandemie aus. „Hier geht es ziemlich familiär zu“, erklärt Gritzka den Charakter der Veranstaltung. Sie lebe von den Familien, die ihre Kinder nach Braunschweig begleiten und den Vorspielen sowie dem Konzert lauschen. „Es ist schön, dass das jetzt wieder geht.“ Leider habe es viele kurzfristige Krankmeldungen gegeben. „Außerdem hatten wir trotz des Krieges auch ein paar Anmeldungen aus der Ukraine. Weil die Teilnehmer aber keine Ausreisegenehmigung bekommen haben, konnten sie jetzt leider nicht dabei sein“, sagt Gritzka.
Der Klavierspielwettbewerb feiert mit seinem Comeback nach der Pandemie zugleich auch 70-jähriges Bestehen. „In den ersten Jahren gab es noch eine Tafel Schokolade für die Sieger. Bestimmt wurden sie damals noch vom Publikum durch die Länge des Beifalls.“ Inzwischen gibt es eine Jury, die mit renommierten Klavierprofessoren besetzt ist. So erlangte der Grotrian-Steinweg-Wettbewerb mit der Zeit auch eine gewisse Relevanz in der Branche. Bekannte Pianisten wie Igor Levit oder Hinrich Alpers zählen zu den Teilnehmern. Alpers, der mittlerweile an der Musikhochschule Dresden unterrichtet, ist heute Juryvorsitzender.
Mehrere Preisträger: 10-Jährige wird besonders gewürdigt
Manchmal falle die Entscheidung nicht leicht, sagt Alpers. So vergibt die Jury Platzierungen auch mehrfach: In der Altersklasse der Neun- bis Zehnjährigen erhielten beispielsweise jeweils zwei Kinder den zweiten und dritten Preis und vier den ersten. Eine von ihnen, Sophie Elizabeth Wagner aus der Nähe von Bonn, zeichnete die Jury für ihr Spiel von zwei Stücken von Bach und Chopin besonders aus.
Die Zehnjährige freut sich sichtlich über die besondere Würdigung, mit der sie in die Fußstapfen ihres großen Bruders Alexander William tritt. Der hatte 2017 bereits als Erstplatzierter in der jüngsten Altersgruppe erfolgreich am Grotrian-Steinweg-Wettbewerb teilgenommen. Musik liegt nicht nur den beiden Geschwistern im Blut, sondern spielt in der ganzen Familie eine wichtige Rolle: Die Mutter spielt Geige, der Opa dirigierte einst das Shanghai Symphony Orchestra. Kein Wunder also, dass auch Sophie schon früh mit Musik in Berührung kam: Seit sie fünf Jahre alt ist, nimmt sie Klavierunterricht, zunächst bei ihrer Mutter, dann bei einem Professor, mit dem sie nun auf ihre Karriere als Pianistin hinarbeitet.
„Vor dem Wettbewerb war ich nicht nervös“, sagt die Zehnjährige. Inzwischen habe sie eine gewisse Routine aufgebaut. Seit ihrem siebten Lebensjahr stelle sie sich regelmäßig Wettbewerben in Deutschland und im Ausland, erzählt ihre Mutter. Lediglich kurz bevor die Jury-Wertung bekanntgegeben wird, merkt man Sophie eine gewisse Anspannung an. „Aber eigentlich war ich zufrieden mit meiner Leistung.“ Nun freut sie sich auf das Abschlusskonzert am Sonntag und stellt sich gedanklich auf den nächsten Wettbewerb ein: Bei „Jugend musiziert“ wird sie Ende des Monats gemeinsam mit ihrem Bruder zu vier Händen antreten.
Kuscheltiere als Glücksbringer: So unterschiedlich aufgeregt sind die Teilnehmer
So eingespielt wie Sophie sind nicht alle Teilnehmer. Andere versuchen, bevor sie dran sind, noch ihre Nervosität in den Griff zu bekommen oder nehmen ihr Lieblingskuscheltier als Glücksbringer mit. Und bei manchen bleibt die Nervosität auch einfach, bis ihr Auftritt vorbei ist.
Für Claire Glodfeld aus der Nähe von Lübeck ist der Wettbewerb in Braunschweig der zweite, an dem sie teilnimmt. „Meine Hände haben ganz schön gezittert, aber irgendwie lief es trotzdem ganz gut“, findet die Neunjährige, die schließlich als Drittplatzierte aus dem Vorspiel hervorgeht. Ob sie später mal ihren Lebensunterhalt mit dem Klavierspielen verdienen will, weiß sie noch nicht. Für den Fall, dass sie sich dafür entscheiden sollte, wollen ihre Eltern sie allerdings gut vorbereitet wissen: „Solche Wettbewerbe und generell Auftritte vor Publikum sind die beste Schule, die sie bekommen kann“, meint ihr Vater.
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