Bad Lauterberg. Der Betriebsrat von Exide sei mit dem Vorgang des Stellenabbaus insgesamt zufrieden – der Aufregung der vergangenen Tage wolle man widersprechen.

Neunzig Stellen fallen weg bei Exide: Die Meldung erzeugte in Bad Lauterberg und darüber hinaus über das Wochenende einige Aufregung. In einer Region, die unter zunehmendem Strukturschwund leidet, sicherlich nachvollziehbar. Indes kann der Betriebsrat das Aufheben nicht nachvollziehen: Man habe aus einer schlechten Situation das Beste gemacht, der Prozess sei abgeschlossen und man blicke zuversichtlich in die Zukunft.

Damit widerspricht der Betriebsrat auch nachdrücklich vorherigen Medienberichten, laut denen ein Sozialplan bis Ende April entscheiden solle, wer den Betrieb verlassen müsse. Fakt sei: 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen, aber aus freien Stücken und mit Abfindung.

Batteriehersteller Exide in Bad Lauterberg: Die Krise nagt am Geschäft

Für den Chef des Betriebsrates, Rainer Backhaus, waren die letzten Wochen frustrierend. Wie er unserer Redaktion am Telefon berichtet, erreichte ihn die Nachricht Ende Februar: Es müssen Stellen gestrichen werden – die Lage gebe es nicht anders her. Denn dem Konzern mit Sitz in Paris sei ein wichtiger Kunde verloren gegangen. Nach drei Jahren Pandemie, damit einhergehender eingetrübter Konjunktur, und dann auch noch der russischen Invasion in der Ukraine eine zu hohe Belastung für den Betrieb.

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„Es ist nie schön, wenn Leute gehen müssen“, berichtet Backhaus. „Es wäre mir selbstredend viel lieber gewesen, dass alle hätten bleiben können.“ Doch er sieht auch die Lage, in der sich der Konzern befindet. Und man müsse auch die Situation für den Rest der Belegschaft sehen – für die, die bleiben würden. Der Betriebsrat wollte dieser Verantwortung gerecht werden. Und so begannen im März die Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen.

Ziel bei Exide: Keine Entlassungen

Ziel sei es dabei von Anfang an gewesen, dass niemand gekündigt werden muss. Laut Backhaus habe die Werksleitung das offen auf einer Versammlung kommuniziert und sei auf die Mitarbeiter zugegangen. Die Angebote zur Trennung habe jeder Mitarbeiter auf freiwilliger Basis präsentiert bekommen. Bestimmte Mitarbeiter habe man gezielt kontaktiert: Faktoren wie Kinder, Nähe zum Renteneintritt oder Betriebszugehörigkeit wären dabei im Besonderen erwogen worden.

Am Ende sei der Coup geglückt, so berichtet es Backhaus. 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen Exide nun – aber ohne Kündigung und mit Abfindung. Alle 90 hätten sich am Ende freiwillig zu dem Schritt entschlossen, aus unterschiedlichen Gründen, wie er berichtet: „Wir haben eine Menge vernünftige Gespräche geführt und es ist uns gelungen, dass niemand einfach rausgeschmissen wurde. Ich freue mich wirklich, dass wir es so hinbekommen haben.“

IG-Metall im Harz hofft auf Zukunftskonzepte in Bad Lauterberg

Dominik Langosch von der IG-Metall. (Archiv)
Dominik Langosch von der IG-Metall. (Archiv) © HK | Michael Paetzold

Auch bei der Gewerkschaft sieht man es so. Dominik Langosch, zweiter Bevollmächtigter bei der Gewerkschaft IG Metall Süd-Niedersachsen-Harz, bestätigt die Aussagen des Betriebsrates. Einige Gewerkschaftsmitglieder hatten sich im Zuge der Gespräche an ihn gewandt, um zu erfragen, ob die Konditionen denn angemessen seien und welche Perspektiven es gäbe. Jetzt hofft Langosch, dass der Betrieb mit einem klaren Zukunftskonzept verhindert, dass weitere Stellen verloren gingen: „Exide muss idealerweise jetzt investieren und an einer umsetzbaren Perspektive arbeiten“, fordert der Gewerkschafter.

Rainer Backhaus glaubt unterdessen an die Zukunft seines Hauses: „Wir werden hier auch weiterhin erfolgreich arbeiten“, sagt er mit Nachdruck. Und er erwehrt sich der landläufigen Meinung, Exide in Bad Lauterberg sei schon seit einiger Zeit ein „Abschreibungsgeschäft“. Solche Worte waren zuletzt in dieser Zeitung von Bürgermeister Rolf Lange (CDU) geäußert worden. „Herr Lange war meines Wissens nach noch nie hier bei uns im Betrieb. Dabei kann er sich jederzeit ein Bild von der Lage machen. Von den Problemen, aber auch von der Perspektive, die wir hier haben.“ So einem Angebot würde der Bürgermeister selbstverständlich nachkommen, sagt Lange noch am Dienstagabend unserer Redaktion. Er wolle auch nicht missverstanden werden, „… aber ich sehe einen Trend, den ich besorgniserregend finde.“

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