Berlin. Die Klimakrise bedroht die Kaffeeproduktion und zwingt viele Bauern zum Umdenken. Hat das Auswirkungen auf unseren Kaffee am Morgen?

Starkregen, Dürren und Temperaturschwankungen – die Folgen des Klimawandels machen sich nicht nur in Europa bemerkbar. In Ländern wie Brasilien, Vietnam oder Kolumbien wird der Klimawandel immer mehr zum Problem für die Kaffeeproduktion. Viele Plantagen kämpfen mit den Folgen der Erderwärmung. Das beliebteste Getränk Deutschlands könnte in Gefahr sein.

Kaffeeanbau weltweit: Hier wächst die Pflanze

Der Kaffee am Morgen gehört für viele Deutsche zur täglichen Routine. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von etwa 168 Liter im Jahr ist er das beliebteste Getränk in Deutschland. Damit liegt das Land mit seinem Kaffeeverbrauch nach „Statista“-Angaben auf Platz zwölf weltweit.

Die Klimakatastrophe wirkt sich auch auf den Kaffeeanbau aus. Temperaturschwankungen stellen ein Problem dar.
Die Klimakatastrophe wirkt sich auch auf den Kaffeeanbau aus. Temperaturschwankungen stellen ein Problem dar. © Bastian Haumann / Funke Foto Services

2020 wurden mehr als elf Millionen Hektar in über 50 Ländern zum Anbau für Kaffee verwendet. Die großen Herstellerländer sind Brasilien, Indonesien und Äthiopien. Auch Kolumbien, Vietnam, Indien und Peru produzieren eine Menge Kaffeebohnen im Jahr. Dabei haben die Regionen mit unterschiedlichen Folgen der Klimakatastrophe zu kämpfen.

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Schon bei der Kaffeeart fängt der Balanceakt mit dem Klima an. Von den 103 Arten weltweit werden hauptsächlich zwei für den Verzehr verwendet: Arabica und Robusta. Arabica-Pflanzen gedeihen am besten, wenn das Klima über das Jahr nicht kälter als 18 Grad und wärmer als 22 Grad ist. Dazu dürfen nur zwischen 1400 und 2000 Milliliter Regen fallen. Robusta hingegen mag es feuchter und wärmer – idealerweise zwischen 22 und 28 Grad.

Durch diese Klimaanforderungen ist das Anbaugebiet bereits auf den sogenannten Kaffeegürtel begrenzt. „Nur dort findet sie die für sie optimalen klimatischen Wachstumsbedingungen“, erklärt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands unserer Redaktion.

Klimawandel: Wie er den Kaffeeanbau bedroht

Klimaschwankungen, Dürren und Starkregen sind je nach Region Risiken für die Kaffeeproduktion. Die Erderwärmung verstärkt solche „kombinierten Risiken“ und bringt auch neue hervor. Das zeigte zuletzt ein Team um Doug Richardson von der australischen Forschungsorganisation CSIRO. Im Fachmagazin „Plos Climate“ berichten die Wissenschaftler, dass der Klimawandel zu „synchronen Ernteausfällen“ in verschiedenen Anbauländern führen könnte.

Die Forschenden haben in einem Zeitraum von 1980 bis 2020 die meteorologischen Bedingungen in zwölf Ländern ausgewertet, die zusammen für etwa 90 Prozent der weltweiten Kaffeeproduktion verantwortlich sind. Ihre Ergebnisse belegen, dass Kaffeepflanzen zunehmend mit extremen Wetterbedingungen wie Hitze, Trockenheit oder starkem Regen konfrontiert sind, die für sie nicht optimal sind.

Die Gefahren für die Kaffeeproduktion steigen laut Wissenschaftlern immer weiter. So gab es in den ersten 30 Jahren der Analyse insgesamt nur einmal mehr als 20 „Gefahrenereignisse“ über alle Länder hinweg, im Jahr 1998. Seit 2010 hingegen traten weltweit in jedem zweiten Jahr mehr als 20 Schocks auf. Das Risiko für gleichzeitige Produktionsausfälle in verschiedenen Regionen vergrößert sich demnach.

Klimaschwankungen und Niederschlag

Durch die Klimaschwankungen könnte das Anbaugebiet für den Kaffee immer kleiner werden. In vielen Regionen gibt es einen Temperaturanstieg, der Auswirkungen auf das Wachstum der Pflanzen hat. Besonders in den Arabica-Anbaugebieten wie Kolumbien ist die Gefahr hoher Temperaturen deutlich gestiegen, wie die Studie zeigt. In den Robusta-Regionen wie Vietnam ist zwar seit dem Jahr 2000 das Risiko niedriger nächtlicher Temperaturen zurückgegangen, dafür sind die Tageshöchsttemperaturen nun teilweise unerträglich hoch.

Durch wechselnde Temperaturen geraten viele Kaffeepflanzen unter Stress und können welken.
Durch wechselnde Temperaturen geraten viele Kaffeepflanzen unter Stress und können welken. © IMAGO / blickwinkel

Schon in der Vergangenheit gab es Studien zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Kaffeeproduktion. 2015 stellten Wissenschaftler fest, dass der Klimawandel zu einem potenziellen Rückgang der für den Kaffeeanbau geeigneten Fläche weltweit um bis zu 50 Prozent führen könnte.

„Wegen auftretender Hitze gibt es Probleme während der Blütezeit“, erklärt Christian Bunn, Agrarforscher an der Universität Göttingen und Erstautor der 2015 in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“ erschienenen Arbeit. „Höhere Temperaturen führen in einigen Regionen zu einem schnelleren Wachstum der Kaffeekirschen und dadurch zu einer reduzierten Qualität“, sagt er unserer Redaktion.

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Agrarforscher: Hauptproblem ist der Niederschlag

„Das Hauptproblem ist aber die Niederschlagsverteilung“, meint Bunn. In vielen Regionen, in denen es vorher schon trocken war, sei es nun noch trockener geworden. Das gleiche gelte auch für feuchte Gebiete. Zudem gebe es eine saisonale und regionale Verschiebung der Trockenphasen. In einigen Teilen Ostafrikas setze die Regenzeit nun mehrere Wochen später ein. „Das bedeutet für den Kaffee, das er in der Trockenzeit extrem gestresst ist, anfängt zu welken und vielleicht sogar Schäden an der Pflanze erfährt“, erklärt der Wissenschaftler.

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Nach der Ernte muss der Kaffee für mehrere Wochen getrocknet werden, oft im Freien. Unerwarteter Regen stellt dabei ein zusätzliches Problem dar. In Kolumbien wiederum führt übermäßiger Niederschlag manchmal dazu, dass die Kaffeepflanzen mehrmals im Jahr blühen. Dies führt zu Einbußen für die Bauern, da sie mehrmals im Jahr kleinere Ernten durchführen müssen, was kostspielig ist.

Diese Regenverschiebung führt in manchen Gebieten auch dazu, dass der Arbeitszyklus durcheinandergerät. „Das ist so, als würde bei uns der Frühling plötzlich einen Monat später kommen“, sagt Bunn. Das könne dazu führen, dass die Bauern mit dem Anbau und der Pflege der Bäume zeitliche Probleme bekommen und zum Beispiel nicht mehr wissen, wann sie die Pflanzen zurückschneiden sollen.

Luftaufnahme einer Kaffeeplantage in Nordparana in Brasilien.
Luftaufnahme einer Kaffeeplantage in Nordparana in Brasilien. © dpa /ARCHIV

Kaffeepflanzen: Schädlinge verbreiten sich schneller

Auch Schädlinge werden immer mehr zum Problem vieler Kaffeeplantagen. „Schädlinge, die vorher nicht aufgetreten sind, treten plötzlich in größeren Höhenlagen auf“, sagt der Agrarforscher. So hat sich zum Beispiel der Bohrkäfer zuletzt in Uganda verbreitet. Der Kaffeeexport fiel im vergangenen November um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die durch die Wetterumschwünge bereits geschwächten Pflanzen könnten dann den Krankheiten nicht mehr standhalten. So kann sich zum Beispiel Kaffeerost schneller verbreiten. Der Pilz hat so schon in Brasilien und Kolumbien für Ernteausfälle und wirtschaftliche Einbuße gesorgt.

So versuchen die Bauern ihren Kaffee zu retten

Allerdings können Bauern Maßnahmen gegen die Klimawandelfolgen ergreifen. So haben manche Mulchen oder sogenannte „Zwischenfrüchte“ angebaut, um bei der Struktur des Bodens und der Bewässerung zu helfen. So könne das Wasser den Boden besser durchdringen, wenn es regnet, erklärt Christian Bunn von der Universität Göttingen.

Eine weitere Taktik ist der Anbau von Schattenpflanzen. Sie sollen die Temperatur senken und bei der Windzirkulation helfen. Viele Bauern ziehen auch in höhere Regionen, um den steigenden Temperaturen zu entkommen. Allerdings sei das auch eine Kostenfrage, da die Regionen oft teurer sind. In Zentralamerika habe man auch beobachten können, dass Bauern in niedrigen Höhenlagen von Kaffee zu Kakao oder Kautschuk wechseln, berichtet Bunn.

Jedoch setzen viele die Maßnahmen nicht um, erklärt Bunn. „Es lohnt sich einfach nicht.“ Das liege an vielen Faktoren. Einerseits funktionieren die Maßnahmen nicht auf individueller Ebene, sondern müssten oft großflächig umgesetzt werden, um zielführend zu sein. Andererseits sei es eine Kostenfrage. Größere Plantagen hätten da einen klaren Vorteil, da sie Zugang zu Klimainformationen haben und Expertinnen und Experten anstellen können.

Ist unser morgendlicher Kaffee in Gefahr?

Doch auf den morgendlichen Kaffee wirkt sich das wohl kaum aus. Noch kriegen Konsumenten wenig davon mit. Zwar habe sich laut einer Statistik von Eurostat der Kaffeepreis innerhalb eines Jahres um 17 Prozent verteuert, allerdings schwanken die Preise schon länger.

„Die Preisschwankungen könnten in Zukunft größer werden. Durch Jahre mit Überproduktion und Jahre der Dürre“, meint Bunn. „Der Endverbraucher bekommt davon nicht so wahnsinnig viel mit. Niemand leidet darunter, ob der Kaffee jetzt 6 Euro oder 6,50 Euro kostet. Wer darunter leidet, sind die kleinen Bauern, mit völlig unzuverlässigem Einkommen.“

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Auch Holger Preibisch vom Deutschen Kaffeeverband kann beruhigen: „Niemand muss sich Sorgen um seine tägliche Tasse Kaffee machen. Die Kaffeebranche geht die Herausforderungen, die der Klimawandel auf den Kaffeeanbau hat, auf vielen Ebenen bereits sehr konsequent und erfolgreich an.“

Dennoch sollte es die Konsumentinnen und Konsumenten interessieren, findet Christian Bunn. Schon beim Kauf könne man darauf achten, dass man in Qualität investiert und dann vom Geld auch etwas beim Betrieb ankommt. Siegel oder entsprechende Zeichen könnten da Aussage geben. Ansonsten könne man auch auf die Co2-Emissionen seines Kaffees achten, meint der Agrarwissenschaftler. „Wer wirklich etwas tun möchte, sollte die Milch aus dem Kaffee rauslassen.“