Braunschweig. Löschflugzeuge dämmten Brocken-Brand schnell ein. Experte sieht Verbesserungsbedarf bei der Überwachung im Harz. Werden bald Drohnen eingesetzt?

Diesmal ging alles glimpflich ab, aber es war wohl nur der Anfang. „Ja, es ist der Beginn der Waldbrandsaison 2023“, sagte Thomas Balcerowski, Landrat des Landkreises Harz, am Montagmittag. Da löschten Feuerwehrleute am Brocken nur noch allerletzte, kaum noch sichtbare Glutstellen mit Wasser aus einem Tankwagen der Harzer Schmalspurbahnen. Für den Einsatz zog er ein positives Fazit. Balcerowskis Blick in die Zukunft ist allerdings eher düster: Wenn das Wetter ähnlich bleibe wie in den letzten Wochen, könnte das Jahr 2023 unterm Strich genauso dramatisch werden wie das Vorjahr.

Schneller Erfolg danke Löschflugzeugen

Ganz beendet wurde der aktuelle Einsatz am Montagnachmittag. Dass man der Flammen so schnell Herr wurde, lag laut Balcerowski daran, dass man die Lehren des Vorjahres beherzigt habe. Damals, im September 2022, brannte der Wald am Brocken auf rund 165 Hektar. „Es war schon ein Déjà-Vu aus dem Vorjahr“, sagte der CDU-Kommunalpolitiker. Aber diesmal sei man besser aufgestellt gewesen – vor allem durch die beiden Löschflugzeuge, die dem Landkreis nun zur Verfügung stehen. „Die Einsatzleitung hat sich diesmal sehr zügig für den Einsatz des Flugzeugs entschieden und hatte dann auch relativ schnell einen Löscherfolg“, berichtete er am Telefon.

Damit kleine „Entstehungsfeuer“ gar nicht erst zu Waldbränden werden, ist Helmut Beuke auf dem Posten. Der Waldbrandexperte der Niedersächsischen Landesforsten wertet laufend Daten eines Überwachungsnetzes aus. Über 18 Sensorpunkte mit Kameratechnik, installiert auf hohen Masten, haben er und seine Kollegen die meistgefährdeten Gebiete Niedersachsens im Blick. Wichtigster Schwerpunkt ist die Lüneburger Heide. Werden Brände entdeckt, kontaktieren sie umgehend die nächstgelegenen Feuerwehr-Einsatzleitstellen der Landkreise. Die bisherige diesjährige Waldbrandbilanz Niedersachsens: 140 kleinere Brände. Alle konnten schnell gelöscht werden – bevor sie so groß wurden, dass sie in den Hauptnachrichten landen, sagt Beuke. „So soll es sein. Denn solche Großbrände wie in Jüterbog wollen wir unbedingt verhindern.“

Wind und trockene Luft dörren den Boden aus

Wie der Landrat aus Sachsen-Anhalt blickt Beuke besorgt auf den kommenden Sommer. „Dabei“, sagt er. „hatten wir dieses Jahr noch nicht einmal extrem hohe Temperaturen.“ Doch allein der relativ kräftige Wind und die geringe Luftfeuchtigkeit der letzten Wochen hätten schon gereicht, die Böden und die bodennahe Vegetation vielerorts wieder stark auszutrocknen. Die Wirkung des außergewöhnlich regenreichen Frühlings, über den sich Landwirte und Forstleute vor wenigen Wochen noch freuten, sei – zumindest mit Blick auf die Waldbrandgefahr – schon verpufft.

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Niedersachsen sieht er beim Thema Waldbrandbekämpfung „in der Fläche gut aufgestellt“. Ausgerechnet im Harz sieht der Experte aber Verbesserungsbedarf. Da die Mittelgebirgslandschaft weniger gut einsehbar sei als die norddeutsche Tiefebene, funktionierten die im Flachland eingesetzten Sensoren dort kaum. Um im Sommer die Harzwälder mit Blick auf entstehende Brände zu kontrollieren, hält er Drohnen für eine „geeignete Option“. Die unbemannten Flugzeuge könnten bei stundenlangen Aufklärungsflügen auch in Tälern mögliche Feuer aufspüren und an die Zentrale melden. Über die Anschaffung der teuren Fluggeräte führten die Landesforsten derzeit Gespräche mit Herstellern sowie mit der niedersächsischen Landesregierung.

Landrat findet Aufklärungs-Drohnen sinnvoll

Nationalpark-Harz-Leiter Roland Pietsch (links) und Landrat Thomas Balcerowski Anfang 2023 bei einem Interview unserer Zeitung im  Natur-Erlebniszentrum Hohnehof bei Drei Annen Hohne.
Nationalpark-Harz-Leiter Roland Pietsch (links) und Landrat Thomas Balcerowski Anfang 2023 bei einem Interview unserer Zeitung im  Natur-Erlebniszentrum Hohnehof bei Drei Annen Hohne. © HK | Jann-Luca Künßberg

Auch Landrat Balcerowski würde die Anschaffung von Drohnen „sehr begrüßen“. Aus seiner Sicht wären sie „der nächste sinnvolle Schritt“, um Brände künftig noch früher erkennen und bekämpfen zu können. „Mit Drohnen, die man an Wachen stationieren und von Einsatzleitstellen steuern kann, lassen sich Brände viel problemloser lokalisieren.“ Früher, berichtet er, sei dies oft schwierig gewesen, etwa wenn Wanderer oder Touristen Brände bemerkt und bei der Feuerwehr gemeldet hätten. „Die Leitstelle fragt dann: Wo brennt’s denn? Aber manche Leute, die nicht aus der Region sind, können dann nur sagen: so zwischen Goslar und Wernigerode“, erzählt er. Mit Drohnen dagegen könne man über eindeutige Geodaten Brände unmissverständlich verorten und die Löscharbeiten entsprechend genau koordinieren.

Lesen Sie hier den Kommentar zu dem Thema:Waldbrände früher erkennen- Überwachung, ja bitte!

„Die Vorhersagen zum Klimawandel treten leider ein. Der Beweis dafür ist doch längst erbracht“, sagt der Christdemokrat. Auf das, was schon da sei und weiter komme, müsse man sich vorbereiten „mit so viel Technik und Know-how, wie nur irgend verfügbar ist.“

„Mehr Tempo beim Thema Totholz!“

Und wie sieht es beim Thema Totholz im Nationalpark aus? Über die brandbeschleunigende oder feuchtigkeitsspeichernde Wirkung war nach dem Brocken-Großbrand im Vorjahr erbittert gestritten worden. Aus Sicht Balcerowskis wurde seitdem zu wenig vom Zugesagten umgesetzt. Um Schierke herum sei Totholz entfernt worden, aber darüber hinaus noch nicht genug passiert. Ein Brandschutzkonzept für den Nationalpark sei in Arbeit. „Aber selbst, wenn es morgen fertig ist, wird uns das 2023 wohl nicht mehr helfen – einfach, weil die Umsetzung auch etwas Zeit braucht. Ich würde mir da schon etwas mehr Geschwindigkeit wünschen. Uns fehlt schlicht die Zeit“, so der Landrat. „Es brennt schon wieder.“

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