Hannover. Es ist die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der Nato. Wie groß wird der Fluglärm in Niedersachsen? Alle Details.

Es handelt sich laut Bundeswehr um die „größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der Nato“: Vom 12. bis 23. Juni wird „Air Defender 2023“ auch in und über Niedersachsen stattfinden. Doch wie die Bundeswehr versichert, müssen sich die Niedersachsen offenbar kaum auf Belastungen einstellen.

Dass Großes bevorsteht, machte die Bundeswehr schon mit einem Video vom Fliegerhorst Wunstorf deutlich: In diesem Video ist zu sehen, wie dort ein Transportflugzeug des Typs A400M „sonderfoliert“ wird – beklebt zu schicksalsschwangeren Keyboardsounds. Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, trat bei einer Pressekonferenz am Montag in Hannover betont zurückhaltend auf. Doch die bisher größte „Verlegeübung von Luftstreitkräften“ seit Bestehen der Nato findet in besonderen Zeiten statt. Geplant wurde sie allerdings lange vor dem Ukraine-Krieg.

Dass „Air Defender“ die größte Verlegung von Luftstreitkräften von den USA nach Europa seit Bestehen der Nato sei, stünde für sich selbst, hatte Inspekteur Gerhartz bei einer Pressekonferenz in der Deutschen Botschaft in Washington am 4. April erklärt. Die Übung basiere auf einem Artikel-5-Beistandsszenario, denn die Nato sei ein reines Verteidigungsbündnis.

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„Wir sind ein absolut defensives Bündnis, aber im Falle eines Angriffs wäre dieses Bündnis in der Lage, sich zu verteidigen“, sagte der Generalleutnant in Hannover. Um das zu können, müsse man es auch üben, betonte Gerhartz. 25 Nationen werden laut Luftwaffe teilnehmen.

„Air Defender 2023“ in Norddeutschland – Auswirkungen auf Niedersachsen?

Der Inspekteur der Luftwaffe betonte, die Belastungen durch die über 250 geplanten Starts sollten für die Bevölkerung so gering wie möglich gehalten werden: keine Flüge am Wochenende, keine nachts. Zivile Flüge werden nicht ausfallen müssen – man war mit dem Termin der Übung zudem gezielt vor den Beginn der Sommerferien gegangen.

Die „Übungslufträume“ Nord, Süd und Ost sollen zeitversetzt für jeweils maximal drei Stunden genutzt werden, ein Großteil der Flüge soll über Nord- und Ostsee stattfinden. „Air defender“ dauert vom 12. bis 23. Juni.

„Air Defender“ – eine Drehscheibe ist Wunstorf

Was die Transport-Logistik angeht, schlägt ein Herz der Übung im niedersächsischen Wunstorf. Kampfflugzeuge steigen insbesondere in Jagel in Schleswig-Holstein auf, der Großteil der Flüge soll über See erfolgen. Deutschland wird mit rund 70 von 240 Flugzeugen zweitgrößter Steller hinter den USA mit rund 100 sein.

Unter den Übungsszenarien sind unter anderem auch das Reagieren auf Drohnen-Angriffe oder auf Cruise-Missile-Attacken auf Städte. Dass die Übung auf Überlegungen des Jahres 2018 zurückgeht, kam Gerhartz jetzt zugute: Ein Signal der Eskalation will man keinesfalls senden. Doch dass die Übung 2023 in einer besonderen Weltlage stattfindet, ist so klar, dass der Generalleutnant das nicht betonten musste. Die Luftwaffe spricht zu „Air Defender 2023“ von einer „internationalen Luftverteidigungsübung“.

Niedersachsens Ministerin Behrens: Enge Verbundenheit mit Streitkräften

Dass der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aus Niedersachsen kommt und jüngst die Luftwaffe besuchte, passt. Innenministerin Daniela Behrens (SPD), Nachfolgerin von Pistorius in Niedersachsen, sagte unserer Zeitung: „Vom Marinestützpunkt in Wilhelmshaven über die Panzertruppenschule in Munster bis hin zum Fliegerhorst in Wunstorf ist Niedersachsen Bundeswehrland Nr. 1.“

Einmal mehr sei dies zuletzt auch durch die Entscheidung der Bundesregierung unterstrichen worden, das Heimatschutzregiment 3 ab 2024 in Nienburg zu stationieren. Die Soldatinnen und Soldaten leisteten gerade in dieser schwierigen Zeit einen unersetzlichen Beitrag für die Sicherheit und Freiheit in unserem Land.

„Niedersachsen ist mit mehr als 30 Standorten das wichtigste Stationierungsland der Bundeswehr in Deutschland. Als niedersächsische Landesregierung pflegen wir seit Jahren ein gutes Verhältnis zu den zahlreichen Dienststellen, Kommandobehörden und Einheiten der Streitkräfte in unserem Land“, sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD) unserer Zeitung.

CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner äußerte sich so: „Die Nato ist leistungsfähig und bereit, jeden Teil des Bündnisgebietes zu verteidigen. Dass sie dazu in der Lage ist, wird sie mit der größten Luftverlegeübung in der Geschichte des Verteidigungsbündnisses beweisen und wir in Niedersachsen sind stolz darauf, dass unserer Luftwaffenstandort in Wunstorf und die dort stationierten Soldatinnen und Soldaten Teil dieser Übung sein werden.“

„Air Defender“ mit Lärmbelästigungen verbunden

Er wisse, dass die Übung für Teile der Menschen in Niedersachsen mit Lärmbelästigungen verbunden sein werde, sagte Lechner weiter. „Aber bedenken wir, worum es geht: Es geht darum zu demonstrieren, dass wir bereit sind, unsere Freiheit und unsere Art zu leben zu verteidigen, und jedem möglichen Aggressor klarzumachen, dass wir es damit ernst meinen“, so der CDU-Politiker.

Im Vorfeld hatte es auch in Kreisen der Landesregierung geheißen, dass möglicherweise mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen sei. Die Bundeswehr selbst bezieht das Thema vor allem auf Wunstorf und Jagel. Rund um diese Luftwaffenstandorte werde es insbesondere während der Start- und Landephasen zu einer höheren Lärmbelästigung kommen, heißt es auf ihren Web-Seiten zu „Air Defender“.

Gerhartz sagte in Hannover, es werde nach seiner Einschätzung in Niedersachsen kaum zu Beeinträchtigungen kommen. Bürgerfragen und Meldungen zum Flugbetrieb nimmt das Luftfahrtamt der Bundeswehr entgegen – ganz grundsätzlich und auch zu diesem Manöver (Telefon: 0800-8620730, 8 bis 17 Uhr, Fr. nur bis 12.30 Uhr).

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