Hannover. Der Ministerpräsident ist fest entschlossen, sein Wahlkampfversprechen durchzusetzen. Der 31. Oktober eigne sich am besten, so der SPD-Politiker.

Unser Leser Helmut Krüger aus Fallersleben fragt:

Der neue Feiertag in Niedersachsen sollte religionsneutral sein. Nicht alle sind evangelisch. Spricht das nicht gegen den Reformationstag?

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

Dass es auf den Reformationstag als neuen gesetzlichen Feiertag in Niedersachsen hinauslaufen wird, und das schon 2018, da machten sich im Landtag auch die zahlreichen Gegner der Regierungslinie keine Illusionen. Ihre Argumente trugen sie am Mittwoch aber dennoch engagiert vor.

„Als gläubige Christin fände ich den Reformationstag gut, um christliche Werte in den Fokus zu rücken.“
„Als gläubige Christin fände ich den Reformationstag gut, um christliche Werte in den Fokus zu rücken.“ © Melanie Nolte aus Meine

„Die große Gruppe der Menschen in Niedersachsen, die sich keiner Religionsgemeinschaft zugehörig fühlt, bleibt bei Ihnen komplett außen vor“, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel. Und Stefan Birkner, der FDP-Fraktionschef, dürfte unserem Leser aus der Seele gesprochen haben. „Der Staat, der ja religiös neutral sein muss, maßt sich an, die Bevölkerung in einer bestimmten Weise zu erziehen und zu belehren“, schimpfte der FDP-Politiker in der Debatte. Als Verfechter des 31. Oktober war als erster Redner Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ans Rednerpult im Plenarsaal des Landtags gegangen. Weil hatte sich schon früh für den Reformationstag ausgesprochen. „Norddeutschland ist in besonderer Weise durch die Reformation geprägt“, warb Weil. Die Reformation bezeichne weit über ihre religiöse Bedeutung hinaus einen Wendepunkt in der Geschichte des Abendlandes. Der Reformationstag sei außerdem stark in der niedersächsischen Bevölkerung verankert. Damit erfülle der Tag die Voraussetzungen für einen zusätzlichen Feiertag in Niedersachsen am besten, sagte Weil. Außerdem müsse man auch die praktische Seite sehen. Hamburg und Schleswig-Holstein hätten sich schließlich auch bereits für den Reformationstag entschieden, Bremen habe sich dafür ausgesprochen – wenn auch noch nicht abschließend. Eine „Insellösung“ sei für Niedersachsen aber nicht sinnvoll. Dabei geht es vor allem um Wirtschaftsbeziehungen. Wenn in einem Bundesland gearbeitet wird, drum herum aber nicht, ist das wenig effektiv.

Wer für den Reformationstag oder den Buß- und Bettag sei, der sei nicht gegen andere Religionen, betonte der CDU-Abgeordnete Jens Nacke. Auch das Eintreten für einen weltlichen Feiertag, etwa den Weltfrauentag, sei legitim. Die Grünen hatten sich zunächst für einen neuen, aber weltlichen Feiertag ausgesprochen. Am Tag vor der Landtagsdebatte erhöhten sie dann ihren Einsatz auf zwei zusätzliche Feiertage: Weltfrauentag und Europatag. Die FDP will eigentlich gar keinen weiteren Feiertag– wie auch die Wirtschaft, die vor den Belastungen warnt. FDP-Fraktionschef Birkner warf der Regierung außerdem vor, mit falschen Zahlen den Reformationstag in der Bedeutung zu überhöhen. Der FDP-Mann beruft sich auf die Stellungnahme der Humanistischen Union zum Gesetzesvorhaben. Der Anteil der evangelischen Christen an der Bevölkerung lag danach zum Stichtag 31. 12. 2016 bei unter 45 Prozent – 3, 563 Millionen Mitglieder von 7, 926 Millionen Niedersachsen. „Rund 50 Prozent der Bevölkerung“, wie es in der Gesetzesbegründung heiße, oder gar mehr als 50 Prozent sei also falsch.

„Ich finde einen Frauentag eher angebracht, da wir ja schließlich auch eine Frau als Bundeskanzlerin haben.“
„Ich finde einen Frauentag eher angebracht, da wir ja schließlich auch eine Frau als Bundeskanzlerin haben.“ © Celine Neumann aus Braunschweig

Auch Katholische Kirche und Jüdische Gemeinden sind gegen den Reformationstag. Michael Fürst von den Jüdischen Gemeinden verfolgte die Debatte von einer Besucherloge aus, Man dürfe den Reformator Martin Luther nicht auf dessen antisemitische Äußerungen reduzieren, sagte der CDU-Mann Nacke in seiner Rede. Das war direkt auf Fürst gemünzt. Der hatte sich über die Linie Weils verbittert gezeigt. Der Reformationstag stärke den interreligiösen Dialog nicht, sagte die Grüne Piel.

SPD und CDU wollen die abschließende Abstimmung im Landtag im Juni „freigeben“ – also keine offizielle Fraktionslinie ausgeben. Versprochen wurde ein zusätzlicher gesetzlicher Feiertag schon im Wahlkampf vor der Landtagswahl 2017. Niedersachsen hat mit 9 Tagen deutlich weniger Feiertage als beispielsweise Bayern.

„Es ist gut, einen zusätzlichen Feiertag im Oktober zu haben. Den Reformationstag finde ich deshalb prima.“
„Es ist gut, einen zusätzlichen Feiertag im Oktober zu haben. Den Reformationstag finde ich deshalb prima.“ © Nadine Hedderich aus Braunschweig

Wie es weitergeht, hängt auch am Abstimmungsverfahren. Auch Abgeordnete, die für Alternativen sind, könnten sich in einer Schlussabstimmung doch der Mehrheit und dem Reformationstag anschließen. Aus Landtagskreisen heißt es, bei der SPD sei eine Gruppe von „Abweichlern“ auf Linie gebracht worden. Sie sollen den Tag des Grundgesetzes am 23. Mai ins Spiel gebracht haben. Dass sie ihren Ministerpräsidenten und SPD-Landesvorsitzenden Weil im Regen stehen lassen, gilt allerdings als eher unwahrscheinlich.