Braunschweig. Unsere Umfrage zeigt eine Mehrheit für den Reformationstag. Doch es gibt Gegenwind.

Ein Leser, der sich „Schlumi“ nennt, fragt auf unseren Internetseiten:

Weshalb denn überhaupt ein neuer Feiertag?

Zum Thema recherchierte Jens Gräber

Niedersachsen streitet: Ein neuer Feiertag soll her, aber welcher Tag soll es bloß sein? Die Grundsatzfrage, die unser Leser aufwirft, stellen inzwischen nur noch wenige. Die FDP etwa, deren Fraktionschef Stefan Birkner gestern im Landtag erneut betonte, seine Partei sei gegen die Einführung. Die FDP betont die Nachteile für Arbeitgeber, die trotz eines Arbeitstages weniger ihren Mitarbeitern das volle Gehalt zahlen müssten.

Die Arbeitgeber selbst sind – wenig überraschend – auch gegen den zusätzlichen Feiertag. Sie werten die Einigkeit fast aller Parteien und vieler gesellschaftlicher Gruppen als Geschenk auf ihre Kosten. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Niedersachsenmetall, hatte als Alternative einen unbezahlten Feiertag vorgeschlagen – ohne Erfolg.

Denn der zusätzliche (bezahlte) Feiertag ist ein Wahlversprechen von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gewesen. Hintergrund war die Tatsache, dass die meisten anderen Bundesländer mehr Feiertage haben als Niedersachsen – bis zu 13 sind es anderswo, hier bislang nur 9. Auch CDU-Landeschef Bernd Althusmann machte sich die Forderung zu eigen, sie steht im Koalitionsvertrag. Das Versprechen will die Regierung nun offenbar zügig umsetzen.

Die Diskussion darüber, welcher Tag es nun sein soll, hat allerdings jüngst stark an Schärfe gewonnen. Weil und Althusmann hatten sich früh für den Reformationstag ausgesprochen – naheliegend auch wegen des 500-jährigen Jubiläums, dass die Reformation 2017 gefeiert hat. Auch eine Umfrage unter Lesern unserer Zeitung zeigt eine große Mehrheit für diesen Tag.

Schleswig-Holstein und am gestrigen Mittwoch auch Hamburg haben sich bereits für den Reformationstag entschieden, auch Bremen will den 31. Oktober zum neuen Feiertag machen. Das schürt nun den Eindruck, die versprochene „ergebnisoffene“ Diskussion sei eher ein Feigenblatt – denn viel spricht dafür, sich in benachbarten Bundesländern für den selben zusätzlichen Feiertag zu entscheiden.

Die Fraktionschefin der Grünen, Anja Piel, kritisierte gestern im Landtag scharf das Vorhaben der rot-schwarzen Landesregierung, sich dieser Lösung anzuschließen. „Es gibt jede Menge Tage, die deutlich geeigneter wären als gerade der Reformationstag. Nicht einmal die Hälfte der Menschen in Niedersachsen sind protestantisch.“ Es könne nicht sein, dass die Landesregierung dies mit der evangelischen Kirche kläre, die Bedenken der jüdischen Gemeinden, der Katholiken, der Muslime und der humanistischen Union aber einfach ignoriere.

Tatsächlich favorisieren Vertreter der genannten Glaubensverbände eher andere Feiertage. Michael Fürst von der jüdischen Gemeinde in Niedersachsen etwa schlägt den 22. Februar als „Tag der Weißen Rose“ vor. Die Weiße Rose war eine Gruppe, die Widerstand gegen den Nationalsozialismus leistete, und deren führende Mitglieder dafür am 22. Februar 1943 hingerichtet. Auch Recep Bilgen vom Rat der Muslime wünscht sich eher einen Feiertag für alle Religionen.