Hannover. Niedersachsen setzt mit dem Reformationstag als neuem Feiertag ganz auf Pragmatismus.

Unser Leser Michael Wald bemerkt auf unseren Facebook-Seiten:

Der Reformationstag würde sich anbieten. Bloß nicht noch mehr Zerstückelung zwischen den Bundesländern...

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

Von Zerstückelung sprach Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zwar nicht, als er am Dienstag den Gesetzentwurf zum neuen Feiertagsgesetz vorstellte. Doch der SPD-Politiker warnte vor einer „Insellösung“. Dass eine „Insellösung“ vermieden werden soll, steht so ausdrücklich sogar im Gesetzentwurf – das Argument unserer Lesers war also auch für die SPD-CDU-Regierung zielführend.

„Es heißt immer, die Diskussion sei ergebnisoffen. Aber das stimmt nicht.“
„Es heißt immer, die Diskussion sei ergebnisoffen. Aber das stimmt nicht.“ © Michael Fürst, Jüdische Gemeinden Niedersachsen.

Sowohl Weil als auch der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann hatten vor der Landtagswahl 2017 einen zusätzlichen gesetzlichen Feiertag in Niedersachsen versprochen. Bayern hat 13, Niedersachsen derzeit nur 9. Der Jurist Weil hatte dabei den Reformationstag von Anfang an im Kopf: große religiöse und noch größere gesellschaftliche Bedeutung, dazu norddeutsch verankert. Der Reformationstag sei kirchlicher Feiertag für rund 3,86 Millionen Evangelischer Christen in Niedersachsen, rund die Hälfte der Bevölkerung. Der Buß- und Bettag, anfangs auch oft genannt, habe demgegenüber als Feiertag keine wesentlichen Inhalte gehabt, betonte Weil am Dienstag beim Vorstellen des Gesetzentwurfs. Der „Buß- und Betttag“ sei als freier Tag gern einfach so mitgenommen worden. Nichtreligiöse Gegenvorschläge, vom Europatag im Mai, dem Tag des Inkrafttretens der Landesverfassung im Juni oder auch dem Weltfrauentag am 8. März fand die Landesregierung entweder zu speziell oder aber zu allgemein. Ein gemeinsamer Feiertag der norddeutschen Länder sei schließlich „geboten“. Dazu verwies Innenminister Boris Pistorius (SPD) in einer Erklärung auf die Güterverkehre zwischen den norddeutschen Ländern, aber auch auf die Zusammenarbeit in den Verwaltungen.

Beschließen muss das Gesetz nun nach förmlichen Anhörungen der Verbände der Landtag. Zwar ist die FDP gegen einen weiteren Feiertag und weist auf die Last für die Wirtschaft hin, zwar fordern die Grünen einen weltlichen Tag. Doch SPD und CDU, die beiden Regierungsfraktionen, haben Unterstützung für den Reformationstag signalisiert. Denkbar, dass weibliche Abgeordnete – nach einem gescheiterten Vorstoß für den Weltfrauentag – dann doch die Hand für den Reformationstag heben.

„Es heißt immer, die Diskussion sei ergebnisoffen. Aber das stimmt nicht“, hatte Michael Fürst, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, mit leichter Verbitterung gesagt. Die jüdischen Gemeinden weisen auf den heftigen Antisemitismus Luthers hin. Auch Katholische Kirche oder Muslimverbände hätten sich einen weniger eindeutig geprägten Tag gewünscht. „Weil hat mit Feiertagsdebatte einen Scherbenhaufen hinterlassen“, erklärte FDP-Landtagsfraktionschef Stefan Birkner. Aus Sicht des Juristen Weil steht der Reformationstag dagegen am Ende eines rationalen Ausschlussverfahrens. Der Tag sei als neuer Feiertag „am relativ besten geeignet“, erklärte Weil. Die Feierlichkeiten beim Jubiläums-Reformationstag 2017 sind Weil Beleg dafür, dass interreligiöser Dialog und innerkirchliche Selbstreflexion – etwa über Luther – bestens möglich seien. Der Landesregierung liege es fern, andere Konfessionen oder Religionsgemeinschaften zu benachteiligen, heißt es im Gesetz.