Osterode. Die Stadthalle Osterode am Harz feiert 50 Jahre. Lesen Sie hier eine chronologische Reise durch ihre Geschichte und vielseitige Veranstaltungswelt.

Bereits im vergangenen Jahr hat die Stadthalle Osterode ihr großes Goldjubiläum gefeiert – zum einen mit einer Veranstaltung für geladene Gäste, zum anderen mit einer großen Jubiläumsparty (wir berichteten). Doch welche Geschichte steckt eigentlich hinter diesem 50. Geburtstag? Osterodes Stadtarchivar Ekkehard Eder wirft einen Blick zurück.

„Was lange währt, wird endlich gut“ – so könnte man die Geschichte der Osteroder Stadthalle überschreiben. Denn fast sechs Jahrzehnte hat es gedauert, bis dieses Großprojekt erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Immer wieder hatten die Zeitereignisse die Umsetzung der Planungen verhindert. Der Bau eines großen Gemeindehauses für kulturelle und sportliche Veranstaltungen wurde bereits kurz vor dem Ersten Weltkrieg in Osterode intensiv diskutiert. Selbst im Kriegsjahr 1917 erhielt der Verein „Gemeindehaus“ Spenden, wobei den Menschen schon bewusst war, dass die Durchführung der Bauarbeiten erst nach dem Krieg möglich sein würde.

Blick in den Saal der neuerbauten Stadthalle 1973.
Blick in den Saal der neuerbauten Stadthalle 1973. © Stadtarchiv Osterode | Stadtarchiv Osterode

Kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, im Frühjahr 1919, griff das Osteroder Bürgervorsteherkollegium das Projekt wieder auf, doch kam es zwischen den sozialdemokratischen und den bürgerlichen Vertretern zum Streit über die Trägerschaft des Gemeindehauses. Die SPD forderte eine städtische Trägerschaft, während die anderen Bürgervorsteher diese Aufgabe dem Förderverein „Gemeindehaus“ übertragen wollten. Wie schon vor dem Ersten Weltkrieg konnte das Neubauprojekt aufgrund der Zeitumstände und der Finanzlage der Stadt nicht realisiert werden. Um jedoch den dringenden Bedarf an Räumen für Vereine, Parteien, gesellschaftliche, kulturelle und private Veranstaltungen decken zu können, erwarb die Stadt das ehemalige Hotel „Zum Kronprinzen“ am Kornmarkt 3, das für diese Zwecke entsprechend umgebaut wurde.

Die Osteroder Gastwirte protestierten gegen diese Nutzung des Gebäudes, da sie dadurch lukrative Einnahmequellen verloren. Obwohl diese Lösung zunächst nur als Provisorium gedacht war, zeichnete sich im Laufe der Jahre ab, dass die Stadt auch mittelfristig nicht in der Lage sein würde, eine Stadthalle zu errichten. Ein von Wilhelm Werner und seiner Ehefrau Franziska, geb. Hoelemann, ursprünglich für den Bau des Gemeindehauses vorgesehenes Stiftungskapital von 100.000,- RM wurde daraufhin von den Spendern der evangelischen Kirche und dem Vaterländischen Frauenverein vom Roten Kreuz zur Verfügung gestellt.

Bau von Wohnungen und Schulen nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Weltwirtschaftskrise, die nationalsozialistische Aufrüstung und schließlich der Zweite Weltkrieg verhinderten alle weiteren Planungen für den Bau einer großen Veranstaltungshalle in Osterode. Nach dem Kriegsende standen ganz andere Aufgaben im Vordergrund: Zählte die Stadt Osterode 1939 nur 9123 Einwohner, so lebten 1952 bereits 16.112 Menschen hier, von denen 6532 als Flüchtlinge registriert waren. So schnell wie möglich mussten neue Wohnungen und Schulen errichtet und die Infrastruktur entsprechend ausgebaut werden. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gelang es der Stadt Osterode, diese Aufgaben zu bewältigen. Allerdings war man auf viele Jahre hinaus nicht in der Lage, zusätzlich noch ein Stadthallenprojekt voranzutreiben. So bedauerte der damalige Stadtbauamtsleiter Dr. Paul Martins im Jahr 1952: „Noch immer fehlt freilich der große festliche Saalbau – ein Wunsch, der wohl noch einige Zeit auf seine Erfüllung warten muss.“ Zwar gab es in den 1950er Jahren Vorschläge, das Harzkornmagazin zu einer Festhalle umzubauen, doch ließ sich dieses Vorhaben nicht umsetzen.

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Planung und Bau der Stadthalle Osterode am Harz

Erst gut zwei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg sah sich die Stadt Osterode in der Lage, das Projekt eines Stadthallenneubaus erneut in Angriff zu nehmen. Als Bauplatz hatten die Planer ein innenstadtnahes Areal am nördlichen Kurpark ausgewählt. Hier musste im Frühjahr 1969 zunächst der ehemalige Edeka-Großhandel abgerissen werden, der einst schon der Likör- und Fruchtsaftfabrik Böhlke und Schimmler als Betriebsgebäude gedient hatte.

Ein Architektenwettbewerb wurde 1968 durchgeführt, im Herbst 1971 erhielt der Architekt Horst Beier aus Braunschweig den Auftrag zum Bau der Stadthalle. Im Juli 1972 begannen die Bauarbeiten, am 13. Oktober 1972 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung und bereits ein gutes Jahr später - am 25. Oktober 1973 - konnte die Stadthalle eingeweiht werden. Rund 4,7 Millionen DM hatte das ehrgeizige Projekt gekostet. Bürgermeister Hans-Joachim Rehfus betonte in seiner Festrede: „Immer wieder hatten andere Projekte den Vorrang haben müssen, bis man endlich den schon Anfang der 60er Jahre gefassten Plan zum Bau einer Stadthalle verwirklichen konnte. Auch dann habe der Stadtkämmerer noch manche Sorgen gehabt, handelt es sich hier doch um ein Projekt, das seine Kosten nicht selbst trägt. Aber die Bestimmung Osterodes zum Mittelzentrum erfordere die entsprechende Infrastruktur, auch auf kulturellen Gebiet.“

Das Publikum der Eröffnungsfeier am 25. Oktober 1973.
Das Publikum der Eröffnungsfeier am 25. Oktober 1973. © Stadtarchiv Osterode | Stadtarchiv Osterode

Betrieb des „Kulturtempels“

Einen Tag nach der Einweihungsfeier erlebten rund 700 Gäste eine glanzvolle Premiere mit der bekannten Sängerin Katja Ebstein als Star des Abends. Wenige Tage später gastierte Heidi Kabel mit der Komödie „Zwei Engel“ auf der Stadthallenbühne. Es folgten unzählige Künstler, die bis heute in der Kultureinrichtung auftraten. Theateraufführungen vom ernsten Stück bis zur Komödie bot man dem Osteroder Publikum. Viele bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler kamen in die Kreisstadt: Günter Lamprecht, Barbara Rudnik, Manfred Krug, Heiner Lauterbach, Klaus-Maria Brandauer, Ellen Schwiers, Götz George sowie zahlreiche andere Stars und Sternchen traten hier auf.

Zahlreiche Konzerte konnten hier angeboten werden. Von Klassik, über Jazz und Rock bis hin zu volkstümlicher Musik und Schlagern war für jeden Geschmack etwas dabei. Musiker wie Udo Lindenberg, Heinz-Rudolf Kunze, Hannes Wader, Heino, Reinhard Mey, Nena, BAP oder Roland Kaiser begeisterten mit ihren Auftritten. Bigband-Sound wurde hier ebenso geboten wie die Konzerte des Göttinger Symphonie-Orchesters. Und die guten Bedingungen in der Osteroder Stadthalle hatten sich auch in Künstlerkreisen herumgesprochen, sodass die Einrichtung auch gerne für Probewochen und zum Tourneeauftakt genutzt wurde.

Außerdem standen Operette, Musical, Ballett und Tanz auf dem Programm. Showmaster wie Peter Frankenfeld oder Heinz Schenk sorgten für Stimmung. Auch Kabarett und Comedy kamen nicht zu kurz, so brachten Dieter Hallervorden, Otto Waalkes, Harald Schmidt, Jürgen von der Lippe, Oliver Welke oder Dietmar Wischmeyer die Harzer zum Lachen.

Udo Lindenberg trat 1990 in der Stadthalle auf.
Udo Lindenberg trat 1990 in der Stadthalle auf. © Stadtarchiv Osterode | Stadtarchiv Osterode
Heinz-Rudolf Kunze gab viele Konzerte in der Stadthalle.
Heinz-Rudolf Kunze gab viele Konzerte in der Stadthalle. © Stadtarchiv Osterode | Stadtarchiv Osterode
Das Göttinger Symphonieorchester ist „Stammgast“ der Stadthalle.
Das Göttinger Symphonieorchester ist „Stammgast“ der Stadthalle. © Stadtarchiv Osterode | Stadtarchiv Osterode

Theater- und Konzertabo wird ein voller Erfolg

Um die Kunden an die Einrichtung zu binden, wurde bereits zur Eröffnung ein Theater- und Konzertabonnement aufgelegt. Der Erfolg dieses Angebots war so groß, dass bereits 1974/1975 ein zweiter Abonnement-Ring geschaffen wurde, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Anfang der 1990er Jahre gingen die Abonnentenzahlen zurück. Durch eine inhaltliche Aufteilung in einen Abo-Ring mit ernsteren Stücken und einen zweiten mit eher heiteren Aufführungen versuchte man, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Ab der Spielzeit 1995/1996 wurde dann nur noch einen Abonnentenring angeboten.

Die Veranstaltungen in der Stadthalle erreichten nicht nur Besucher aus Osterode und Umgebung, sondern zogen auch viele Kulturinteressierte aus den Bereichen Seesen, Northeim oder dem Oberharz an. Seit 1973 bietet die städtische Einrichtung stets ein umfangreiches, selbst organisiertes Programm an. Daneben können aber auch Firmen, Vereine, Organisationen oder Privatleute die Stadthalle für eigene Veranstaltungen mieten. So fanden hier auch zahlreiche Bälle, Feste, Schulveranstaltungen, Tagungen, Vorträge, Kongresse, Verkaufsmessen und Ausstellungen statt.

Das Zusammenstellen eines Programms, das den Geschmack des Publikums trifft, stellte stets eine besondere Herausforderung dar. Auch die Verhandlungen mit Managern und Künstleragenturen erforderten von der Stadthallenleitung oft ein besonderes Fingerspitzengefühl. Chefin der Einrichtung war zunächst Otti Holland. Viele Jahre – von Oktober 1986 bis Dezember 2020 – leitete dann Michael Stein die Stadthalle. Während seiner Dienstzeit ordnete man die Stadthalle, die bislang dem städtischen Fremdenverkehrsamt zugeordnet war, zum 1. Juli 1995 den Wirtschaftsbetrieben der Stadt Osterode zu.

Modernisierungsarbeiten können 2009 abgeschlossen werden

Natürlich sind das Gebäude und seine Technik mit der Zeit in die Jahre gekommen. So waren umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen notwendig, die bis 2009 abgeschlossen werden konnten.

Seit Anfang 2021 managt Corina Borgmeyer den Kulturtempel. Darüber hinaus ist in der Stadthalle ein Team von Mitarbeitern tätig, die dafür sorgen, dass sich Künstler und Publikum wohlfühlen. Ohne Hausmeister, Techniker, Ordner, Kassen-, Garderoben- und Reinigungspersonal könnte keine Veranstaltung stattfinden.

Der Eingangsbereich zum Verwaltungstrakt der Stadthalle, Sommer 2011.
Der Eingangsbereich zum Verwaltungstrakt der Stadthalle, Sommer 2011. © Stadtarchiv Osterode | Stadtarchiv Osterode

Rund 200 Veranstaltungen werden pro Jahr in der Stadthalle gebucht. Bei Reihenbestuhlung können 872 Plätze im Saal, im Foyer und auf der Empore angeboten werden, während bei Tischbestuhlung gut 500 Sitzplätze zur Verfügung stehen. Ohne Bestuhlung finden bis zu 1600 Besucher in der Halle Platz. Durchschnittlich wurden mehr als 40.000 Gäste pro Jahr in der Stadthalle gezählt.

Die Corona-Pandemie ab Frühjahr 2020 stellte mit ihren Lockdowns für die Einrichtung eine extrem schwierige Zeit dar. Keine Zuschauer, keine Veranstaltungen und die Einnahmen gingen um bis zu 80 Prozent zurück. Lediglich für einzelne Sitzungen, die mit viel Abstand und unter besonderen Auflagen stattfanden, konnte man den großen Saal noch vermieten. Mit der schrittweisen Aufhebung der Schutzmaßnahmen ab Frühjahr 2022 konnten auch die Kultureinrichtungen wieder zum „Normalbetrieb“ zurückkehren. Schon bald fand sich das Publikum, das sich nach Veranstaltungen sehnte, wieder in der Stadthalle ein, die mit zahlreichen Aufführungen und Events wieder für unvergessliche Erlebnisse sorgt.

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