Osterode. Menschen in der Region Osterode zeigen sich zunehmend pandemiemüde. Auch im Netz äußern User ihr Unverständnis – und formulieren Zukunftswünsche.

Seit dem 19. März gilt für gerade einmal zwei Wochen niedersachsenweit eine „Übergangsverordnung“ für die Corona-Regeln, nachdem der Bundestag das Infektionsschutzgesetz geändert hat. Das bedeutet zwar viele Lockerungen, einmal mehr aber auch ein komplexes Regelregime, das Bürgerinnen und Bürger der Region angesichts einer gewissen Pandemiemüdigkeit kaum noch verstehen, wie man an Stimmen aus der Region ablesen kann.

Gleichzeitig war die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Niedersachsen am Mittwoch so hoch wie nie, das Robert Koch-Institut (RKI) meldet an dem Tag für Niedersachsen 33.800 Neuinfektionen. Für Michael Rabold, Betreiber des Ratskellers in Osterode, ist die Sachlage klar, im Restaurant selbst gilt 3G, im Außenbereich gibt es keine Auflagen. Allerdings: „Manche Gäste kennen die aktuellen Bestimmungen nicht, haben sogar den Impfnachweis nicht dabei.“

Verwirrende Informationen rund um die Corona-Regeln

Was nun für sie gilt und was nicht, damit haben offensichtlich viele Bürgerinnen und Bürger so ihre Probleme. Monika Heines aus Osterode beispielsweise sagt nach ihrem Einkauf auf dem Osteroder Wochenmarkt auf unsere Nachfrage: „Wenn man sich nicht jeden Tag informiert, ist es schwierig, mit den Regeln hinterherzukommen.“

Sie hätte es besser gefunden, einige Regeln noch aufrecht zu erhalten, etwa die Maskenpflicht in Innenräumen. Ähnlich äußert sich eine 60-jährige Herzbergerin: „Ich verfolge regelmäßig die Nachrichten. Die Informationen dort sind verwirrend, gerade wenn bundesweit über die Corona-Regeln berichtet wird, geht das sehr durcheinander.“ Für sie steht fest: Was immer beschlossen wird, ihre Maske bleibt in der Öffentlichkeit auf.

Der frühere stellvertretende Bürgermeister und langjährige Ratsvorsitzende in Osterode, Harald Renz, kritisiert die in jedem Bundesland anderen Regeln. Ohnehin könne man die ständig wechselnden Vorgaben kaum im Gedächtnis behalten. „Maskentragen auf dem Wochenmarkt müsste auch nicht sein, wir sind ja an der frischen Luft und es ist viel Platz da“, so kritisiert Renz weiter.

Nutzer im Internet äußern sich zunehmend verständnislos

Auch im Netz herrscht angesichts der geltenden Übergangsregeln eher Verwirrung denn Klarheit. So schreibt zum Beispiel Antje Jüngling unserer Zeitung auf Facebook: „Ich habe keine ,Angst‘ mich mit Corona anzustecken und verfolge seit etwa sechs Monaten keine Inzidenzen mehr. Die Corona-Regeln finde ich sehr undurchsichtig und unlogisch, von der Impfkampagne mal ganz abgesehen.“

Sie habe Corona lange Zeit täglich beschäftigt, nun steigere sie sich nicht mehr so hinein und sei inzwischen entspannter. „Was mich ärgert ist diese entstandene Kluft zwischen geimpft und ungeimpft und den damit verbundenen Anfeindungen.“

Nachlassende Sorge, sich zu infizieren

„Ich habe keine Angst vor Corona, bin genesen mit einem relativ milden Verlauf. Ich bin der Meinung, dass ich durch die drei Impfungen einen milden Verlauf hatte und würde jedem zu einer Impfung raten, solange keine gesundheitlichen Gründe dagegen sprechen“, schreibt Nutzerin Tanja Neumann auf der Facebook-Seite des Harz Kurier.

„Aber letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er oder sie sich impfen lässt. Die Coronazahlen verfolge ich nicht bewusst, aber in den Medien werden sie oft genug am Tag erwähnt. Die Coronaregeln finde ich zum Teil undurchsichtig und verwirrend.“

Corona-Regeln „teilweise unlogisch“

Auch Facebook-Nutzer Nico Weinberg hält die Regeln für „teilweise unlogisch und deshalb nicht immer verständlich. Für den aktuellen Inzidenzwert interessiert er sich daher nicht mehr. Wie viel Angst er noch vor Corona habe? „Überhaupt keine Angst. Ich sehe es eher positiv: Natürliche Immunisierung. Vermutlich habe ich mit jeder weiteren Infektion kaum oder keine Symptome.“ Geimpft ist Weinberg schon.

Impfungen für die Freiheit

„Ich habe mich impfen und boostern lassen, um meine Freiheiten wiederzuerlangen, nicht wegen der Krankheit. Vermutlich geht es sehr vielen so. Es ist schade, dass ich jetzt nicht all meine Freiheiten wiederbekomme und leben kann wie vor Corona. Die Krankheit verschwindet nicht und wir alle werden uns immer wieder infizieren. Deshalb machen diese ewigen Tests keinen Sinn.“ Er plädiert für eine Impfpflicht über 50, die spätestens im Herbst umgesetzt werden soll, und wünscht sich, dass sämtliche Maßnahmen aufgehoben werden, damit ein normales Leben wieder möglich sei. „Besonders für unsere Kinder und Jugendlichen wäre das wünschenswert, nachdem sie auf so viel verzichtet haben um die gefährdeten Gruppen zu schützen“, schreibt er.

Kritik übt er auch an der Impfkampagne der Bundesregierung: „Für Impfwillige sicherlich gut. Für Unentschlossene nur bedingt gut. Es hat an Überzeugungsarbeit gefehlt. Persönliche Gespräche, evtl. verpflichtend, beim Hausarzt oder in Impfzentren hätten bestimmt mehr Menschen die Angst genommen. Außerdem nervt das ständige Hin und Her in Bezug auf die Impfpflicht. Sowas muss schneller und strukturierter umgesetzt werden können, ohne all diese Bürokratie und endlosen Debatten. Wenn Impfpflicht, dann bitte gleich“

Widersprüchliche Herangehensweise

Doch es gibt auch Stimmen, die eine Rückkehr zum Vor-Corona-Alltag für verfrüht halten. So schreibt Robert Klein: „Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet zur Zeit der höchsten Inzidenzen die Lockerungen kommen. Das macht in meinen Augen die Maßnahmen der Vergangenheit nachträglich unglaubwürdig. Besonders widersprüchlich finde ich, dass einerseits gelockert werden soll, andererseits aber immer noch eine allgemeine Impfpflicht im Raum steht.“

Mittlerweile, so schreibt er weiter, könne er „Covidioten“ und „Wutbürger“ ein Stück weit verstehen. „Man hat uns einfach zu oft belogen und uns falsche Versprechungen gemacht. Erst wurde der mRNA-Impfstoff damit beworben, dass man ihn so schnell an neue Virusvarianten anpassen könne, und jetzt wird die mittlerweile vierte Impfung immer noch mit dem alten Impfstoff durchgeführt, der erwiesenermaßen gegen die aktuelle Mutante wenig wirksam ist. Daher warte ich mit der vierten Impfung noch ab. Ich werde in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen weiterhin die Maske tragen, selbst wenn die Maskenpflicht aufgehoben wird. Was aktuell an Regeln gilt, weiß ich nicht mehr, da das Regelwerk dauernd geändert wird und teilweise keiner Logik entspricht.“