Hattorf. Die beiden 15-jährigen Jona Weinrich und Neele Böttcher aus Gieboldehausen und Hattorf absolvieren ersten Teil der Ausbildung zum Segelflugpiloten.

„Die Perspektive von da oben ist spannend, das kennt man ja sonst nicht“, sagt Jona Weinrich und schaut gen Himmel. Der 15-jährige Gieboldehäuser hat genau wie Neele Böttcher den ersten Teil seiner Ausbildung zum Segelflugpiloten absolviert. Er darf alleine fliegen: zwar noch unter Aufsicht eines Fluglehrers, aber im Cockpit komplett selbstständig. „Ich wohne in Gieboldehausen auf einem Berg und kann immer sehen, wenn die Segelflieger hinter dem Rothenberg auf dem Flugplatz in Hattorf starten“, erzählt der 15-Jährige, was sein Interesse weckte.

Im Internet habe er sich weiter über das Segelfliegen informiert und Videos geschaut. Beim Luftsportverein (LSV) Kreis Osterode absolvierte er in den Osterferien 2017 einen einwöchigen Schnupperkurs. „Den haben mir meine Eltern zu Weihnachten geschenkt“, erzählt der Schüler des Eichsfeldgymnasiums Duderstadt. Zehn Mal sei er gestartet, hinter ihm habe ein Fluglehrer gesessen.

Beim dritten Start habe er das Steuer zum ersten Mal übernehmen dürfen: „Es war aufregend, etwas Neues.“ Er habe sich darauf konzentriert und die Landschaft nicht mehr wahrgenommen. Mit dem Steuerknüppel bediente er Querruder und Höhenruder und mit den Pedalen das Seitenruder. „Am Anfang versucht man nur geradeaus zu fliegen“, sagt Weinrich. Um Kurven zu fliegen, müssten alle Ruder gleichzeitig bedient werden.

„Wenn man einmal in so einem Segelflugzeug mitgeflogen ist, dann ist man vom Flugvirus infiziert und kommt schlecht wieder davon los“, meint der Eichsfelder, der noch während des Schnupperkurses beschloss, in den Luftsportverein Osterode einzutreten. „Man fliegt mit einem Fluglehrer zusammen, übt das Fliegen und versucht erst einmal saubere Kurven zu fliegen“, erzählt er. Als zwei Fluglehrer der Ansicht gewesen seien, dass er alleine fliegen könne, habe er den ersten Teil der Prüfung und drei Platzrunden absolviert. Für den zweiten Teil der Prüfung lerne er derzeit den Kurvenflug in 45 bis 60 Grad Schräglage, Schnellflug und Thermikfliegen mit anderen Segelfliegern. Im dritten Teil der Prüfung müsse er seine „Überlandflugreife“ beweisen und einen 50 Kilometer-Zielflug absolvieren. Hinzu komme eine theoretische Prüfung. „Am einfachsten sind für mich die technischen Themen, bei Luftrecht muss man viel auswendig lernen“, erklärt der Gieboldehäuser, der in seiner Freizeit auch Schlagzeug spielt.

Erst wenn diese drei Prüfungen bestanden seien, könne die endgültige praktische Prüfung absolviert werden, zu der ein Prüfer nach Hattorf komme und mit den Kandidaten drei Flüge fliege. Ist die Prüfung bestanden, erhalten sie den Segelflugschein. Am schwierigsten ist nach Weinrichs Eindruck die Landung. „Oben fliegen ist relativ simpel. Wenn man es einmal kann, dann verlernt man es nicht wieder, das ist wie Fahrradfahren.“

Die Heimat von oben sehen

„Wenn ich im Garten gespielt habe, dann habe ich immer die Flugzeuge gesehen und mir vorgestellt, dass ich da irgendwann mal drin sitzen werde“, berichtet Neele Böttcher, wie der Flugvirus auf sie übergesprungen ist. 2013 habe sie beim Flugplatzfest in Hattorf einen Rundflug absolviert und es genossen, die Heimat von oben zu sehen. Ihr Vater habe ihr im vergangenen Jahr einen Gutschein für einen Schnupperkurs geschenkt.

Es sei „cool“ gewesen, ohne Motor zu fliegen, erklärt die 15-Jährige, die in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv ist. Respekt habe sie vor dem Start mit der Winde gehabt. „Das sah von unten aus wie ein Raketenstart, wenn man drin gesessen hat, war es gar nicht so schlimm.“ Während des Schnupperkurses sei es ein angenehmes Gefühl gewesen, „zu sehen, dass das Flugzeug die Bewegungen macht, die es machen soll“, erklärt die Schülerin der OBS Hattorf.

Genau wie Weinrich entschied sich Böttcher für eine Mitgliedschaft im Verein und die Ausbildung zum Segelflugpiloten, deren ersten Teil sie bestanden hat. Mit ihr hat der LSV zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder eine Flugschülerin, die ihre A-Prüfung absolvierte. Auch Böttcher meint, dass die Landung am schwierigsten sei, „weil man den Wind beachten muss“. Schwierig sei es, beim Kurvenflug die Querneigung zu halten.

Lob für die beiden kommt von Fluglehrer Maik Deppe. „Sie sind motiviert, nicht nur sporadisch hier, sondern gehören zum Inventar.“

Am 1. und 2. September veranstaltet der Luftsportverein Osterode wieder sein Flugplatzfest in Hattorf. Beginn ist jeweils um 10 Uhr.