Wieda. Flick der L601: Einwohner in Wieda sind sauer, der Landesbehörde fehlt das Geld. Und eine richtige Reparatur ist noch fern - eine Bilanz.

Ein bisschen Sprühkleber, eine Schaufel heißen Asphalt, etwas gerade gezogen, einmal draufgeklopft und 5 Sekunden abgerüttelt. Und als i-Tüpfelchen noch eine Hand Rollsplit drauf geworfen und voilà – fertig ist der Straßenflick im Jahr 2022. Das Ergebnis der Arbeiten, die jetzt von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Goslar entlang der L601 in der Ortsdurchfahrt Wieda vorgenommen wurden, können auch Laien ganz einfach beschreiben: die Löcher in der Fahrbahn wurden gestopft und durch Hügel ersetzt.

Lärmbelästigung für Anwohner geschaffen

Vor allem für Anwohner der Straße ist das Ergebnis der Arbeiten alles andere als angenehm, sorgt die Fahrt über die Buckelpiste doch für deutlich mehr Lärm. Und das ist bei der L601, die tagtäglich stark genutzt wird unüberhörbar: Seien es beispielsweise seit Jahren die Holztransporter, die marodes Holz aus dem Oberharz abtransportieren oder aber anderer Schwerlastverkehr, für den die L601 immer wieder als Hauptumleitungsstrecke bei Bauarbeiten oder anderen Sperrungen in der Region genutzt wird – diese massive Belastung hat Spuren in Form von Rissen und Löchern hinterlassen, die jetzt mit den Hügeln teilweise gestopft wurden.

Wochenlang lagen Rollsplitt und andere Reste der Flickarbeiten in den Gossen entlang der Ortsdurchfahrt in Wieda. Mittlerweile hat eine Kehrmaschine den Müll beseitigt. 
Wochenlang lagen Rollsplitt und andere Reste der Flickarbeiten in den Gossen entlang der Ortsdurchfahrt in Wieda. Mittlerweile hat eine Kehrmaschine den Müll beseitigt.  © HK | Thorsten Berthold

Nicht nur die Anwohner regen sich über diese Art des Flickens auf, auch offizielle Beschwerden hat es bereits gegeben. Wiedas Ortsbürgermeister Klaus-Erwin Gröger findet dazu deutliche Worte: „Die Ausführung der derzeitigen Flickerei ist absolut unakzeptabel. So wurden Straßen vor 50 Jahren ausgebessert. Die Aufbringung der Bitumenschicht mit bloßen Händen oder per Kipper führt zu unterschiedlichen Schichtdicken und im Ergebnis zu einer Hügelpiste, die weder den Bürgern noch den Autofahrern zumutbar ist. Die Unebenheiten werden größer und lauter. Selbst wenn die Absätze mit Flüssigbitumen und Rollsplitt noch angeglichen würden, soll die Maßnahme meines Erachtens nur vermitteln: wir tun was. Nebenbei wurden zudem Gossen mit Bitumen teilweise geschlossen und das Luisenburgpflaster verschmutzt. Ich habe den Gemeindebürgermeister gebeten, mit der Landesbehörde Kontakt aufzunehmen, und empfohlen diese Maßnahme abzubrechen und durch eine professionelle Lösung zu ersetzen.“

Ortsbürgermeister: „Verschwendung von Steuergeldern“

In letzter Konsequenz sieht der Kommunalpolitiker in den Arbeiten vor allem eines: „eine Verschwendung von Steuergeldern.“

Die Verantwortlichen der Landesbehörde in Goslar führen auf Nachfrage unserer Zeitung vor allem finanzielle Gründe an, die den Ausschlag für den Flick in dieser Form gegeben hätten. So wäre die Alternative zur jetzt gewählten Arbeit die Beauftragung einer Baufirma gewesen. „Weil die zur Verfügung stehenden Mittel für Landesstraßen allerdings sehr begrenzt sind, hat die Straßenmeisterei in diesem Fall die Arbeiten selbst ausgeführt. Da der Meisterei eine Walze nicht zur Verfügung steht und aktuell auch nicht leihweise beschafft werden kann wurde diese Variante der Sanierung gewählt“, erklärt Leiter Günter Hartkens.

Landesbehörde: Flick soll etwa zwei Jahre halten

Er verweist auch darauf, dass ohne die Reparatur vor dem nahenden Winter, die Schäden bis zum kommenden Frühjahr wesentlich größer geworden wären. Insgesamt würden für die Arbeiten etwa 25.000 Euro an Materialkosten entstehen. „Die Beauftragung einer Baufirma mit dieser Leistung hätte ein Vielfaches dieser Summe erfordert und in diesem Jahr nicht mehr zur Verfügung gestanden.“

Die L601 ist eine viel befahrene Straße, die auch immer wieder gern als Umleitungsstrecke genutzt wird.
Die L601 ist eine viel befahrene Straße, die auch immer wieder gern als Umleitungsstrecke genutzt wird. © HK | Thorsten Berthold

Unabhängig von der Art der Ausführung des Flicks wird in vielen Gesprächen im Ort aber auch deutlich, dass sich die Menschen fragen, wie lange die geflickten Straßenabschnitte halten sollen. „Wir gehen davon aus, dass diese Art der Flicken etwa zwei Jahre halten“, erläutert Günter Hartkens. Ob dies stimmt, wird die Zeit zeigen – insbesondere eben aufgrund der hohen Belastung durch Schwerlastverkehr, für den eigentlich auch ein Tempolimit von 30 km/h seit einem längeren Zeitraum eingerichtet wurde. Anwohner und Pendler bestätigen aber immer wieder, dass Holztransporter oder andere Lkw ihnen bei eigenem Tempo von 50 km/h noch davonfahren im Ort. Bereits jetzt bröckelt auch an manchem Rand, an dem vor drei Wochen geflickt wurde, wieder bereits der Bitumen ab.

Rollsplitt und andere Reste nach drei Wochen beseitigt

Diese losen Reste, wie auch der Rollsplitt, waren in den vergangenen Wochen auch immer wieder vom Verkehr an die Häuser geschleudert, doch am 9. November beseitigte eine Kehrmaschine diese Reste mittlerweile. Klaus-Erwin Gröger erklärte, dass er hierum direkt bei der Leitung der Landesbehörde gebeten habe.

Dass der Flick auch anders erfolgen kann, zeigte sich dieses Jahr in Bad Sachsa. Dort hat die Kommune die jährlichen Mittel für ihre Flickarbeiten verdreifacht und vor allem die meisten Reparaturen im Asphalt-Dünnbettverfahren vornehmen lassen. Dabei werden auch Löcher gestopft, vor allem aber die Straße über die gesamte Breite etwas abgefräst und eine neue, dünne Deckschicht durch einen Großfertiger aufgetragen.

Großangelegte Sanierung der Ortsdurchfahrt soll „mittelfristig“ erfolgen

Auf eine solche oder aber richtige Lösung hoffen natürlich auch die Wiedaer. „Die Notwendigkeit einer Grundsanierung der Ortsdurchfahrt (OD) Wieda, nachdem der Schwerlastverkehr während diverser Umleitung im Südharz über Jahre durch Wieda geleitet wurde, habe ich mehrfach in Ratssitzungen thematisiert. Mein Bezug ist und bleibt die Zusage aus dem Jahr 2009, wo uns mitgeteilt wurde, dass die Sanierung der OD in der mittelfristigen Planung ab 2016 vorgesehen sei. Wenn im Jahr 2022 die Zurückstellung der Maßnahme aufgrund der Länge der OD begründet wird, so hat man wohl übersehen, dass die Maßnahme in Teilabschnitten durchgeführt werden kann“, sagt Wiedas Ortsbürgermeister Klaus-Erwin Gröger zu den aktuellen Entwicklungen. Seitens der Landesbehörde in Goslar nennt man auf Nachfrage kein genaues Datum für eine grundlegende Reparatur. „Eine Sanierung der OD Wieda auf ganzer Breite ist mittelfristig vorgesehen“, heißt es von Behördenleiter Günter Hartkens.