Walkenried. Im Zweiten Weltkrieg vernichtet geglaubte Schriften konnten jetzt von Fritz Reinboth aus Walkenried rekonstruiert werden.

Das Spektrum, welches der Walkenrieder Verein für Heimatgeschichte abdeckt, ist beachtlich: Gips, Seife, Eisenbahn, Kriegs- und Nachkriegsgeschichte, Orts- und Umgebungsführer – und natürlich immer wieder das Kloster, seine Geschichte und die seiner Nachfolgeeinrichtungen. Dabei lösen populäre Beschreibungen und solche, die intensives Quellenstudium und Grundkenntnisse des Lateinischen voraussetzen und eher für Experten gedacht sind, einander ab.

„Das eine geht nicht ohne das andere“, erläutert der Vorsitzende Michael Reinboth. „Mit den Erträgen aus dem Verkauf unserer Bestseller – der „Erste Lückenschluss“, der Bad Sachsaer Stadtführer und die Chronik der Südharzstrecke wurde wiederholt nachgedruckt – „finanzieren wir andere Publikationen, die schon wegen der Sprache nur einem kleinen Leserkreis zugänglich, aber für die Geschichte des Klosterorts sehr wichtig sind.“

Nicht nur, aber auch für diese Publikationen zeichnet der Ehrenvorsitzende Fritz Reinboth verantwortlich. „In Sachen Quellenforschung können wir anderen da nicht mithalten“, gibt der heutige Vorsitzende unumwunden zu.

Die Hartnäckigkeit und Begeisterung, mit der Fritz Reinboth gerade Klosterthemen angeht, trägt nun erneut Früchte. Er hat eine für vernichtet gehaltene Chronik des Klosters von 1661 wieder entdeckt und zum Leben erweckt. Das Ergebnis, die in weiten Teilen mögliche Rekonstruktion der „Hofmannschen Chronik“, legt der Geschichtsverein nunmehr vor.

Johann Heinrich Hofmann war Archivar in Celle und hatte bei der Erstellung seiner handschriftlichen Chronik „Rerum sive Antiquitatum Walkenredensium Libri“, die er 1661 abschloss, Zugriff auf die Originalurkunden des Klosters. Dieser war den anderen Chronisten Letzner, Eckstorm und Leuckfeld verwehrt. Die Chronik Leuckfelds stützt sich wiederum auf der Hofmanns ab. Es handelt sich mithin, auch wenn inzwischen durch die Bemühungen von Baumann und Dolle die Walkenrieder Urkunden vollständig editiert und jedermann zugänglich sind, bei Hofmann um eine nicht unbedeutende Quelle für die Walkenrieder Klostergeschichte.

Bis vor kurzem hätte man schreiben müssen „handelte“. Denn die im Landesarchiv in Hannover lagernde Chronik verbrannte wie vieles andere auch im Oktober 1943 bei einem Bombenangriff. Immerhin nicht ganz, denn der Walkenrieder Domänenpächter Gustav Schmid, der sich sehr für die Klostergeschichte interessierte, hat die Chronik noch einsehen und einige Abschriften daraus fertigen können, die sich ihrerseits nun in der Bibliothek des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege in Hannover befinden. Aber eben nur Auszüge – der Rest schien unwiederbringlich verloren.

So geisterte die „Hofmannsche Chronik“ durch die Nachkriegsliteratur als ein Quell des Wissens, auf den man keinen Zugriff mehr hat. Was und wie viel da verloren gegangen war, wusste man freilich nicht genau. Bis Fritz Reinboth, der Digitalisierung und dem Internet sei Dank, in der Universitätsbibliothek zu Halle an der Saale fündig wurde, wo sich eine Abschrift der Hofmannschen Chronik aus den Beständen des Thüringisch-Sächsischen Geschichtsvereins befindet.

„Wer und aus welchem Anlass diese Abschrift einer handschriftlichen Chronik in Auftrag gegeben hat, wissen wir nicht. Leider ist der Abschreibende auch nicht ganz fertig geworden, sondern hat nur Kapitel I komplett und Kapitel II zu weiten Teilen erfasst“, erklärt Michael Reinboth. „Aber da ist ja auch noch die Abschrift von Schmid, und der hat zum Teil andere Passagen aufgeschrieben als der unbekannte Kopist von Halle. Leuckfeld wiederum hat Bilder aus der Hofmann-Chronik für seine Beschreibung der Klostergeschichte verwendet“, beschreibt der Vorsitzende weiter.

Fritz Reinboth hat nun aus allen drei Teildokumenten eines zusammengestellt und dabei die teils schwierig zu entziffernden Handschriften aus Halle und Hannover erneut abgeschrieben, aber dieses Mal in den PC, und sie damit allgemein lesbar gemacht.

So liegt nun die sagenbehaftete Hofmannsche Chronik, in weiten Teilen rekonstruiert, als Buch vor uns. Eine wertvolle Quelle der Walkenrieder Geschichte ist damit wieder allgemein zugänglich. Hofmann und sein Kopist schrieben allerdings in Latein.

Aber jeder, der die Chronik des Celler Archivars nutzen möchte, um seine Studien über die Geschichte des Klosters zu vertiefen und abzurunden, kann dies nun tun, denn der Geschichtsverein hat eine zwar kleine, aber auskömmliche Auflage der Chronik drucken lassen.

Soweit erkennbar, holt Hofmann weit aus und fängt bei den alten Chatten, Sachsen und Franken an, weswegen auch der „Püsterich“ aus Sondershausen bei ihm auftaucht. Zeitüblich gibt es auch eine umfangreiche Widmung an seinen Brötchengeber, den Herzog Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg.

Aber dann folgen ab Buch I, Kapitel 6 bis Buch II, Kapitel 7 jede Menge Informationen zur Klostergeschichte, die man nun denen der anderen Chronisten und den Originalurkunden gegenüberstellen kann.

Reinboth hat Teile des II. Buches um Passagen von Schmid ergänzen können und, soweit möglich, einiges aus dem III. Buch zusammengetragen.

„Da fehlt also immer noch etwas, und das ist vielleicht wirklich ein für alle Mal dahin – es sei denn, es findet sich dereinst noch eine weitere Abschrift, was freilich reichlich unwahrscheinlich ist, aber nicht unmöglich“, sagt Michael Reinboth.

Der neuen Schrift mit der Nummer 49 eine weite Verbreitung zu wünschen, wäre etwas viel verlangt. Der Geschichtsverein wird alle relevanten Stellen, die sich mit der Klostergeschichte befassen, mit einem Exemplar versorgen.

Für alle anderen Interessenten stehen ab sofort Bücher zur Verfügung.

Die Veranstaltung des Geschichtsvereins am 25. März ist Hofmann und seiner Chronik gewidmet.