Braunschweig. Der Brite Malcolm Arnold ist als Filmkomponist bekannt, aber er schrieb auch neun Sinfonien. Wie klingt seine Schicksalssinfonie?
Auf Entdeckungstour mit dem Louis Spohr Orchester (LSO): Das ambitionierte Laien-Ensemble nahm sich unter der Leitung von Tobias Rokahr bei zwei Konzerten im Braunschweiger Westand und der Stiftskirche Steterburg eines hierzulande wenig gespielten Komponisten an und führte durch seine fünfte Sinfonie mit Parallelen zu Ludwig van Beethoven.
Den gepfiffenen Marsch aus dem Film „Die Brücke am Kwai“ kennen viele, aber den Namen des Schöpfers nicht: Der Brite Malcolm Arnold (1921-2001), der für die Filmmusik sogar einen Oscar erhielt, entpuppte sich im Konzert des LSO als großer Unbekannter mit Überraschungspotential. Der Hannoveraner Hochschulprofessor Rokahr, der auch schon für seine exzellente Lehre ausgezeichnet wurde, führte eloquent-tiefgründig und wunderbar nachvollziehbar mit Live-Beispielen seines Orchesters in das Werk ein. So vorbereitet, konnte sich das Publikum im gut gefüllten Saal des Westand selbst ein Bild der 1960 entstandenen Sinfonie machen. Der preisgekrönte Filmkomponist hat neun davon geschrieben. Seine fünfte Sinfonie ist ebenso Schicksalssinfonie wie die Beethovens und wartet auch mit einem rhythmisierten Zerrbild des Beethovenschen Kopfmotivs auf.
Malcolm Arnold: Gefangen in einem Käfig aus Tönen
„In einem Käfig aus Tönen gefangen“: eine treffliche Beschreibung des Dirigenten für Arnolds Verarbeitung seiner eigenen Schizophrenie in einem Stück, das mit vielen Versatzstücken, Anklängen und wehmütigen Filmmusikfetzen daherkommt, die nie lange genug ausgespielt werden, um in Süßlichkeit abzudriften. Im Gegenteil: immer wieder groteske Zerrbilder und wildes Ausbrechen.
Eine Art Leitmotivik mit aneinandergesetzten Motiven und Phrasen, die variiert und gestückelt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine spannende Reise mit überraschenden Wendungen und bizarren Märschen wie bei Schostakowitsch mitnimmt. Alles in allem ist diese Sinfonie ein drängender Totentanz, der vom LSO packend, präzise und bestens vorbereitet gegeben wurde.
Sie endet mit leiser Zuversicht: wie ein Wagnerscher Erlösungsschluss in entrückter Sphäre mit einfachem Glockenspiel. Ein geruhsames Auslaufen, als wollte Arnold in die heile Hollywood-Welt der simpel schönen Melodik zurück.
Sabine Krams spielt Schumanns Cello-Konzert innig-zart
Das LSO zeigte auch, wie praktikabel ein großes Orchester im luftigen Saal des Westand mit sehr gut abgemischter Akustik unterkommen kann. Schon beim Eingangsstück, dem Cello-Konzert von Robert Schumann, plärrte kaum etwas zu schrill in den ausbrechenden Tutti-Passagen. Die innig-zarte Cello-Linie von Solistin Sabine Krams verlor sich nicht im Raum, sondern vermochte auch in den leisen Tönen zu tragen.
Schumanns Werk steht zwar in a-Moll, verströmt aber eine geruhsame Heiterkeit und Gelassenheit, die über den Tönen zu schweben scheint. Das LSO spielte das sicher und konzentriert, aber mit Blick auf die beseelte Tiefe auch mit plötzlich aufblitzendem Zischen und Krachen. Viel Applaus.
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