Braunschweig. Von künstlerischer Inszenierung bis Doku: Das Anton-Ulrich-Museum veranstaltete einen Fotowettbewerb und zeigt nun 55 Aufnahmen.

Zwischen jahrhundertealten Gemälden: Fotos aus dem Harz. Das Braunschweiger Herzog-Anton-Ulrich-Museum (HAUM) gilt als eine der bedeutendsten und traditionsreichsten Anlaufstellen, wenn es um die Gemälde alter Meister in Deutschland geht. Vor einigen Wochen öffnete das Museum seine Pforten aber für eine unerwartet moderne Perspektive. In zwei parallel laufenden Ausstellungen anlässlich des 300. Geburtstags des Landschaftsmalers Pascha Weitsch erleben die Besucher eine spannende Verbindung von Tradition und Zeitgenossenschaft.

Unter dem Titel „Naturtalent – 300 Jahre Pascha Weitsch“ können die Museumsbesucher in das Leben und die Werke des Braunschweiger Künstlers eintauchen. Der Fokus der Ausstellung liegt auf den Werken Weitschs, die den Harz zeigen. Parallel dazu ermöglicht die von Weitschs Schaffen inspirierte Fotoausstellung „#WeitschReloaded – Harz. Fotografie. Heute“ einen frischen Blick auf die Region. Die für die Doppelausstellung erdachte Raumfolge führt die Besucher dabei von den Gemälden und der Porzellankunst Weitschs zu den zeitgenössischen Fotos.

Die Vielfalt des Harzes durch die Linse: „#WeitschReloaded“

Das breite Spektrum der 55 Fotos reicht von kunstvollen Lichtspielen bis hin zu dokumentarischen Aufnahmen, die die Bedrohtheit des Waldes aufzeigen. Fotos mit Motiven mit eindeutigem Wiedererkennungswert wie der Teufelsmauer oder dem Fallstein, die bei Weitsch schon beliebt waren, oder auch das Schloss Wernigerode sind im HAUM ebenso zu sehen wie Bilder, die zum Rätseln über den Aufnahmeort einladen.

Ein Teil der Künstler fängt auf seinen Aufnahmen Sonnenuntergänge ein und scheint so das Mittelgebirge wiederum zu romantisieren. Zuweilen sind Menschen darauf zu sehen, die mit dem Rücken zur Linse in die Ferne schauen, wie das auch schon Weitsch auf seinen Gemälden und Zeichnungen tat. Der Harz ist hier eine Art idyllischer Sehnsuchtsort. Andere Künstler zeigen mit ihren Fotos ein realistischeres Bild, sparen aber einen Hoffnungsschimmer nicht aus: Ein Teilnehmer fotografierte so zum Beispiel eindrucksvoll ein Stück Wald an der Rabenklippe, das in den vergangenen Jahren durch Dürre und Borkenkäfer starke Schäden genommen hat. Zwischen nadellosen Bäumen ist auf dem Bild aber hier und da ein kleines bisschen Grün zu sehen, das sich hervorkämpft. Wieder andere Teilnehmer sendeten Schnappschüsse ein – von Wanderungen oder auch Stunts mit dem Motorrad nach einem beendeten Arbeitstag.

Tim Knäblein schoss dieses mystische Foto vom Diabas-Steinbruch bei Wolfshagen.
Tim Knäblein schoss dieses mystische Foto vom Diabas-Steinbruch bei Wolfshagen. © HAUM | Tim Knäblein

Herzog-Anton-Ullrich-Museum veranstaltet Fotowettbewerb über Instagram

Die Exponate der „#WeitschReloaded-Ausstellung“ sind die Gewinner eines Fotowettbewerbs. Über die Social-Media-Plattform Instagram hatte das Museum im vergangenen Jahr dazu aufgerufen, Harzbilder unter einem bestimmten Hashtag zu posten und so die Chance auf einen Platz in der Ausstellung zu gewinnen. Diana Polack-Chwalczyk, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit, die auch die Idee zu dieser Ausstellung hatte, betont den experimentellen Charakter des Projekts: „Das war für uns eine Art Testballon für solche partizipativen Projekte.“

Die Auswahl der Exponate aus den Einsendungen der 230 kreativen Teilnehmer erfolgte in Kooperation mit einer Braunschweiger Fotografin, einer Mitarbeiterin des Kulturinstituts der Stadt Braunschweig sowie Fachleuten des Museums für Photographie.

Wiederkehrende Harz-Motive: Parallelen zwischen Weitschs Kunst und Fotoausstellung

„Es ist spannend, dass wir in der Ausstellung einige Motive finden, die auch Weitsch schon gemalt hat, aber auch welche, die wir in unserer Sammlung seiner Malereien nicht wiederfinden können“, sagt Polack-Chwalczyk. Bei der Auswahl habe die Jury sich allerdings auch bewusst gegen eine direkte Gegenüberstellung gleicher oder ähnlicher Motive entschieden.

Die weiteren eingereichten Bilder zeigt das Museum im Rahmen der Ausstellung außerdem in einer Diashow und in Form eines Wandkalenders, der täglich wechselnd den Fokus auf eine weitere der eingereichten Fotografien richtet.

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Franziska Mathey hat für den Wettbewerb eine Fotografie des Glockenturms von Zorge eingereicht.
Franziska Mathey hat für den Wettbewerb eine Fotografie des Glockenturms von Zorge eingereicht. © HAUM | Franziska Mathey

Von Influencern bis Fotojournalisten: Die Teilnehmer von #WeitschReloaded

Eingesendet wurden die Beiträge gleichermaßen von Fotojournalisten wie auch von Influencern. „Ganz bekannt unter unseren Teilnehmerinnen ist zum Beispiel Anna Jesse von dem Instagramaccount @annayeees. Aber es haben auch ein paar bekanntere Künstler aus unserer Region mitgemacht, deren Bilder jetzt in der Ausstellung zu sehen sind. Zum Beispiel Denis Stuart Rose und Cornelia Wirth.“

Von der Resonanz auf den Wettbewerb seien Polack-Chwalczyk und das Team des HAUM positiv überrascht gewesen. „Wir sind ja eigentlich weder bekannt dafür, dass Außenstehende auf unsere Ausstellungen Einfluss nehmen könnten, noch dafür, dass wir einen besonderen Harz-Schwerpunkt hätten. Und wir sind ja auch kein Museum für Fotografie.“

Zwei Welten, ein Erlebnis: Die Inszenierung der Doppelausstellung im Herzog-Anton-Ulrich-Museum

Der Weg durch die am Anfang und Ende mit Kunstrasen ausgelegten Ausstellungen führt über Kurven und Schleifen, eine inszenatorische Entscheidung, die das naturverbundene Konzept betonen soll, wie Diana Polack-Chwalczyk sagt.

Sebastian Thomas hat den Harz im Nebel eingefangen.
Sebastian Thomas hat den Harz im Nebel eingefangen. © HAUM | Sebastian Thomas

HAUM-Fotoausstellung – Verbindung zu Weitsch-Gemälden wirkt erzwungen

Trotz dieser Inszenierung wirkt die Verbindung etwas beliebig. Während die Gemälde alle vom selben Künstler stammen, sind die Fotos von verschiedenen Personen mit verschiedenen, künstlerischen, journalistischen oder auch selbstinszenatorischen Ansätzen aufgenommen worden. Man vermisst die bewusste Gegenüberstellung des früheren Status Quo mit dem Jetztzustand, was die Ausstellungen wieder enger miteinander verknüpfen und einen klimakritischen Fokus erzeugen würde. Auch suggerieren Kunstwerke, die bei Weitsch und von den Fotografen ähnliche Motive zeigen, teilweise, dass sich im Harz gar nicht so viel verändert hat in den vergangenen Jahrhunderten.

Andererseits regt die Perspektivenvielfalt der Fotoausstellung dazu an, mehr, vielleicht sogar anders über die Natur in unserer Umgebung nachzudenken. Sie zeigt, wie schön die Natur sein kann, macht Lust, sie selbst zu erkunden, erinnert aber auch daran, wie fragil die Natur ist.

Ein vielfältiges Rahmenprogramm begleitet die Ausstellung, darunter ein Workshop mit dem renommierten German Roamers-Fotografen Max Fischer sowie eine Wanderung zur Biodiversität im Harz. Auf dem Instagram-Kanal @herzogantonulrichmuseum gibt das Museum zudem tiefere Einblicke zu den Werken und Künstlern der Ausstellung. Außerdem ist ein Sonderstempel der Harzer Wandernadel im Foyer des Museums zu finden. Wer den Stempel in seinem Stempelheft vorzeigt, erhält ermäßigten Eintritt. Die Ausstellungen „#WeitschReloaded – HARZ. FOTOGRAFIE. HEUTE“ und „Naturtalent – 300 Jahre Pascha Weitsch“ laufen noch bis zum 7. April 2024.

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