Braunschweig. Zwei Kommentare zur Frage: Ist der Umbau des früheren Karstadt-Einrichtungshauses in Braunschweig die beste Lösung fürs Haus der Musik?

Nach dem jüngsten Verwaltungsvorschlag soll das Braunschweiger Haus der Musik als gemeinsames Haus für Musikschule und Konzertsaal fürs Staatsorchester doch nicht als neubau an Viewegs Garten entstehen, sondern doch das frühere Karstadt-Einrichtungshaus dafür umgebaut werden. Dazu soll es dem Unternehmer Friedrich Knapp abgekauft werden, der wiederum Geld in eine Stiftung zum Haus der Musik einbringen will. Unsere Kulturredakteure Florian Arnold und Andreas Berger sind darüber geteilter Meinung.

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Florian Arnold meint: Willkommener Kompromiss

„Städtische Musikschule und einen modernen Konzertsaal für das Staatsorchester und externe Veranstalter in einem „Haus der Musik“ zu vereinen – das ist ein echtes Braunschweiger Leuchtturmprojekt. Im Idealfall würde das in einem auch architektonisch herausragenden Neubau zum Ausdruck kommen, nach dem Muster der Elbphilharmonie, die ein neues Wahrzeichen Hamburgs geworden ist.

Allerdings mit 866 Millionen Euro auch zehnmal so teuer wie ursprünglich geplant. Und Hand aufs Herz: Der grob veranschlagte Kostenrahmen von 100 Millionen Euro fürs Braunschweiger „Haus der Musik“ wäre allen Erfahrungen und gegenwärtigen Vorzeichen nach kaum einzuhalten gewesen.

Zugleich droht die Innenstadt zu veröden. Zwei frühere Kaufhaus-Monolithe und die Burgpassage stehen seit Jahren leer. Auch die Zukunft des verbliebenen Karstadt-Hauses ist ungewiss. Da macht es Sinn zuzugreifen, wenn der Unternehmer Friedrich Knapp der Stadt das frühere Karstadt-Einrichtungshaus aus seinem Immobilienportfolio zum Kauf anbietet. Das ist zwar optisch kein Schmuckstück, und der Umbau wird wohl keine so mustergültigen Räumlichkeiten ermöglichen wie ein Neubau. Aber er dürfte für die Stadt deutlich günstiger werden – zumal sich der Textil- und Immobilienmilliardär über eine gemeinsame Stiftung beteiligen will.

Das wäre nur fair, denn so schnell dürfte Knapp keinen anderen Interessenten finden. Mit dem „Haus der Musik“ aber bekommt die City ein neues Zugpferd, hinter dem sich auch die bisherigen Kritiker vereinen können. Es erfüllt ihre Forderungen: mittendrin und nicht zu teuer. So steht die Stadt geschlossen hinter dem kulturellen Großprojekt. Und das ist gut so.“

Andreas Berger meint dagegen: Leuchtturm ade

„Da wollte Braunschweig mal ganz groß denken. Ein Vorzeigeprojekt nicht nur inhaltlicher, sondern auch stadtarchitektonischer Art realisieren: Ein Haus der Musik, das Staatsorchester-Profis und Musikschüler, Klassik und Moderne zusammenführt. Und das in kühner, nachhaltiger, sich dem Park von Viewegs Garten öffnender Gestaltung ein Markzeichen setzt: Hier spielt die Musik. Und so wollen wir sie spielen: nicht in einer versiegelten Einheitsarchitektur, sondern in einem lichtdurchfluteten, naturnahen Haus – Vergleichsbauten mit großen Fensterfronten und damit gläsernem Spielbetrieb, mit Bäumen, die durchs Dach wachsen, wurden zitiert. Und nun? Schon wieder Schluss mit der Innovation.

Das Haus der ungarischen Musik im Stadtwäldchen von Budapest wurde von der Stadt Braunschweig gern als Vergleich für ihre Pläne für ein Haus der Musik in Viewegs Garten gezeigt. So wird es nach dem jüngsten Verwaltungsvorschlag, nach dem doch das frühere Karstadt-Einrichtungshaus zum Haus der Musik umgebaut werden soll, sicher nicht aussehen.
Das Haus der ungarischen Musik im Stadtwäldchen von Budapest wurde von der Stadt Braunschweig gern als Vergleich für ihre Pläne für ein Haus der Musik in Viewegs Garten gezeigt. So wird es nach dem jüngsten Verwaltungsvorschlag, nach dem doch das frühere Karstadt-Einrichtungshaus zum Haus der Musik umgebaut werden soll, sicher nicht aussehen. © Picture Alliance / dpa | Andreas Drouve

Vom Leuchtturm ganz zu schweigen: Von Musikfreunden träumte man, die per Bahn aus Region und Deutschland anreisen, weil man dieses Haus mal erlebt, die neuen Formen des Zusammen-Musizierens ausprobieren und dem ein oder anderen in dieses Wunderhaus verliebten Star begegnet sein will.

Schon klar, alles muss auch bezahlbar sein. Aber ohne große Träume, früher sagte man Visionen, entsteht auch nichts Großes. Da ist man in Braunschweig dann doch lieber mit der internen, der vordergründig praktischen Lösung zufrieden. Da wird Innenstadt so richtig schön eng gefasst. Hauptsache man kriegt seine Leerstände gefüllt, als könnten da nicht längst Wohnungen drin entstanden sein, die Burgpassage ein In-Projekt wie die Hackeschen Höfe. Als entstünde nicht gerade hinterm Bahnhof eine ganz neue Stadt, die das Zentrum verschieben wird. Ein architektonisches Highlight zur Begrüßung hätte Optimismus ausgestrahlt. Gebt dieses Viertel nicht den Nullachtfünfzehn-Bauherrn preis.“