Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag gibt es manches zu beachten. Unsere Redaktion erklärt die Begriffe, die Sie wissen müssen.

Was ist ein Ausgleichsmandat, was Mehrheitswahlrecht und was macht noch mal gleich die Fraktion? Als kleine Handreichung zur Bundestagswahl am Sonntag, hier eine Erklärung zu den wichtigsten Begriffen.

Absolute Mehrheit

Eine Absolute Mehrheit im Parlament ist erreicht, wenn mehr als die Hälfte aller Abgeordneten für ein Vorhaben stimmt. Eine absolute Mehrheit braucht es beispielsweise, um die Kanzlerwahl nach der Koalitionsbildung zu entscheiden.

Ausgleichsmandat

Das Zweitstimmenergebnis bestimmt, wie viele Sitze eine Partei anteilsmäßig im Parlament erhält. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach diesem Verhältnis zustehen, sogenannte Überhangmandate, werden diese durch zusätzliche Sitze ausgeglichen, die den benachteiligten Parteien zugesprochen werden. Die Ausgleichsmandate führten zuletzt zu einem starken Wachstum des Parlaments auf derzeit 709 Mitglieder.

Briefwahl

Die Briefwahl galt früher als Ausnahme, doch immer mehr Wähler nutzen die Alternative zum klassischen Urnengang. Das liegt nicht zuletzt an der Corona-Pandemie, aufgrund derer viele Wähler ein erhöhtes Ansteckungsrisiko in den Wahllokalen befürchten. Laut Bundeswahlleiter Georg Thiel wird der Briefwahlanteil bei dieser Bundestagswahl bei mindestens 40 Prozent liegen.

Bundeswahlleiter

Der Bundeswahlleiter ist für die Planung, Überwachung und Durchführung der Wahl verantwortlich. Seit 2017 wird dieses Amt von Georg Thiel bekleidet. Wie für den Bundeswahlleiter üblich, ist Thiel gleichzeitig auch Präsident des Statistischen Bundesamtes.

Direktmandat

In den 299 Wahlkreisen lassen sich die Kandidaten direkt aufstellen. Sie werden mit der Erststimme gewählt. In jedem Wahlkreis gewinnt der Kandidat, der die meisten Stimmen erhält. Er erhält das Direktmandat und zieht in den Bundestag ein. Die Anzahl der Direktmandate entspricht also immer der Anzahl der Wahlkreise.

Erststimme

Mit der Erststimme wählen die Wähler den Direktkandidaten in ihrem jeweiligen Wahlkreis. Diese Wahl erfolgt nach dem Mehrheitswahlrecht, das heißt, der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt und zieht in den Bundestag ein. Die Erststimme ist weniger bedeutend als die Zweitstimme.

Fraktion

Eine Fraktion ist ein Zusammenschluss von Abgeordneten im Parlament, die die gleichen politischen Ziele verfolgen und in aller Regel derselben Partei angehören. Eine Ausnahme bilden CDU und CSU, die gemeinsam die aktuell größte Fraktion bilden. Daneben gibt es derzeit fünf weitere Fraktionen der verbleibenden Parteien im Bundestag. Fraktionen können nur gebildet werden, wenn ihnen mindestens fünf Prozent der aller Bundestagsabgeordneten angehören.

Fünf-Prozent-Hürde

Die Sperrklausel, auch bekannt als Fünf-Prozent-Hürde, kommt bei Bundes- und Landtagswahlen zum Tragen. Nur jene Parteien, die mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen erhalten, werden bei der Vergabe von Parlamentssitzen berücksichtigt. So soll ein allzu zersplittertes Parlament verhindert werden. Für den Einzug von Direktkandidaten ins Parlament spielt die Sperrklausel hingegen keine Rolle.

Grundmandatsklausel

Neben der Sperrklausel gibt es mit der Grundmandatsklausel eine zweite Hürde für Parteien. Laut ihr muss eine Partei mindestens drei Direktmandate in den Wahlkreisen erhalten, um bei der Sitzverteilung berücksichtigt zu werden.

Wichtig ist dabei, dass Parteien nur eine der beiden Hürden überwinden müssen, also entweder mindestens drei Direktmandate oder fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten müssen. Mit wenigen Ausnahmen scheiterten Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde nicht überwinden konnten, bisher auch immer an der Grundmandatsklausel. Gewählte Direktkandidaten ziehen jedoch immer in den Bundestag ein, egal ob ihre Partei die Hürden überwindet oder nicht.

Hochrechnungen

Erste Hochrechnungen zum Wahlergebnis gibt es in der Regel schon recht kurz nach dem Schließen der Wahllokale um 18 Uhr. Jedoch sollte man hier etwas Geduld haben, denn im Laufe des Abends werden die Hochrechnungen immer wieder aktualisiert und somit genauer.

Kanzlerwahl

Sobald nach der Wahl eine Regierungskoalition gebildet wurde, folgt die Kanzlerwahl. Ihr Ablauf ist im Grundgesetz festgeschrieben: Der Bundespräsident schlägt dem Bundestag offiziell den Kandidaten vor. Dieser muss dann mit absoluter Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden. Bis zur Ernennung des Nachfolgers bleibt die Kanzlerin geschäftsführend im Amt.

Wer in das Bundeskanzleramt einzieht und Nachfolger oder Nachfolgerin von Angela Merkel wird, entscheiden die Wähler und Wählerinnen am Sonntag.
Wer in das Bundeskanzleramt einzieht und Nachfolger oder Nachfolgerin von Angela Merkel wird, entscheiden die Wähler und Wählerinnen am Sonntag. © iStock | istock

Koalition

Nach der Wahl müssen die in den Bundestag gewählten Parteien gemeinsam eine Regierung bilden. Ziel ist es, eine Koalition zu formen, die die absolute Mehrheit der Sitze im Bundestag trägt. Andernfalls wäre eine sogenannte Minderheitsregierung schwer handlungsfähig.

Die Koalitionsverhandlungen können sich erfahrungsgemäß sehr zäh gestalten, da die Parteien unterschiedliche politische Ziele verfolgen. Auch nach dieser Wahl dürfte eine Regierungsbildung Zeit in Anspruch nehmen, da aller Wahrscheinlichkeit nach ein Dreierbündnis erforderlich sein wird. Lesen Sie auch: Bundestagswahl: Welche Koalitionen sind möglich?

Landesliste

Während mit der Erststimme ein direkter Kandidat gewählt wird, stimmt man mit der Zweitstimme für die Landesliste einer Partei. Diese Listen werden von den Parteien vor der Wahl aufgestellt und enthalten die Kandidaten, die für sie ins Parlament einziehen sollen. Je mehr Zweitstimmen die Parteien bei der Wahl erhalten, desto mehr Listenkandidaten ziehen auch in den Bundestag ein.

Mehrheitswahlrecht

Das Mehrheitswahlrecht ist ein klassisches Wahlverfahren. Bei der Wahl der Direktkandidaten durch die Erststimme handelt es sich um eine relative Mehrheitswahl. Das heißt, dass derjenige Kandidat das Mandat gewinnt, der die meisten Stimmen erhält.

Nachrücker

Verstirbt ein Abgeordneter während der Wahlperiode oder scheidet aus anderen Gründen aus dem Bundestag aus, folgt ein Nachrücker: Das Mandat geht an den nächsten Kandidaten auf der Landesliste der jeweiligen Partei über.

Opposition

Die Abgeordneten, deren Parteien nicht an der Regierung beteiligt sind, bilden die Opposition. Sie steht der Regierung kritisch gegenüber und kontrolliert diese. Dafür stehen ihr von Großen Anfragen bis zum Einsetzen von Untersuchungsausschüssen verschiedene Mittel zu.

Personalisierte Verhältniswahl

Die Kombination aus Mehrheitswahl (Erststimme) und Verhältniswahl (Zweitstimme), die bei der Bundestagswahl zum Einsatz kommt, wird als personalisierte Verhältniswahl bezeichnet.

Prognosen

Erste Prognosen zum Wahlergebnis werden direkt nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht. Hierfür werden in sogenannten „Exit Polls“ stichprobenartig Wähler nach dem Verlassen des Wahllokals nach ihrer Entscheidung gefragt. Da jedoch bei dieser Wahl jedoch mehr Wähler denn je per Brief gewählt haben, bleibt fraglich, wie genau diese Prognosen ausfallen werden.

Relative Mehrheit

Um als Direktkandidat in den Bundestag einzuziehen, reicht es die meisten Erststimmen im Wahlkreis zu erhalten. Das wird als relative Mehrheit bezeichnet – im Gegensatz dazu steht die absolute Mehrheit.

Sitzverteilung

Die Sitzverteilung im Bundestag wird anhand des Wahlergebnisses berechnet. Proportional zum jeweiligen Anteil der Zweitstimmen wird die Gesamtzahl der 598 Sitze im Bundestag auf die Parteien aufgeteilt. Hierbei werden nur die Parteien berücksichtigt, die die Fünf-Prozent-Hürde überwunden haben. Von den jeweils errechneten Sitzen werden dann die von der Partei bereits gewonnenen Direktmandate abgezogen. Die verbleibenden Mandate erhalten die Kandidaten der Landeslisten.

Stimmensplitting

Da Erst- und Zweitstimme unabhängig voneinander sind, können Wähler auch für zwei verschiedene Parteien bzw. deren Bewerber stimmen. Viele Wähler tun dies aus taktischen Gründen, um etwa einem gewünschten Koalitionspartner den Weg in den Bundestag zu ermöglichen.

Überhangmandat

Erhält eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate, als ihr verhältnismäßig durch das Zweitstimmenergebnis zustehen, entstehen sogenannte Überhangmandate. Da Direktkandidaten nämlich immer in den Bundestag einziehen, wäre die errechnete Sitzverteilung verzerrt. Um dem entgegenzuwirken, wurden 2013 die Ausgleichsmandate für den Bundestag ins Wahlrecht aufgenommen.

Verhältniswahlrecht

Die Wahl der Landeslisten mit der Zweitstimme erfolgt nach dem Verhältniswahlrecht. Anders als bei der Wahl der Direktkandidaten werden hier bundesweit alle Stimmen für eine Partei zusammengezählt. Der Anteil an Stimmen, den sie im Vergleich mit den konkurrierenden Parteien erhalten hat, bestimmt proportional den Anteil der Sitze, die sie im Bundestag erhält.

Wahlgrundsätze

Die Bundestagswahl fußt auf fünf Grundsätzen. Sie ist: Allgemein, da grundsätzlich niemand vom Wahlrecht ausgeschlossen ist. Unmittelbar, da Kandidaten und Parteien direkt ohne den Umweg über Wahlmänner gewählt werden. Frei, da kein Druck auf die Wähler ausgeübt werden darf und sie sich frei entscheiden können. Gleich, da jede Stimme gleich viel zählt. Geheim, da kein Wähler bei der Stimmabgabe beobachtet oder kontrolliert werden darf.

Wahlkreis

Es gibt 299 Wahlkreise in Deutschland. Wie diese auf die Bundesländer verteilt sind, wird nach den jeweiligen Bevölkerungsanteilen bestimmt und variiert daher. Aus jedem Wahlkreis zieht ein Kandidat direkt in den Bundestag ein. Für die nächste Bundestagswahl 2025 ist geplant, die Zahl der Wahlkreise und somit der Direktkandidaten zu reduzieren, um ein weiteres Wachsen des ohnehin schon aufgeblähten Parlaments zu verhindern.

Zweitstimme

Mit der Zweitstimme wählen die Wähler die Landesliste einer Partei. Diese Wahl erfolgt nach dem Verhältniswahlrecht und bestimmt maßgeblich, wie viele Sitze die Parteien im Parlament anteilsmäßig erhalten, also wie stark sie dort vertreten sind. Das macht die Zweitstimme wesentlich bedeutender als die Erststimme.