Berlin. Die Grünen versprechen vor der Bundestagswahl Klimaschutz und mehr soziale Gerechtigkeit: Das Programm der Partei in der Kurzfassung.

  • Die Grünen haben bei der Bundestagswahl 2021 erstmals eine Kanzlerkandidatin aufgestellt
  • Was diese nach der Wahl umsetzen möchte, stellt die Partei in ihrem Wahlprogramm dar
  • Lesen Sie hier die wichtigsten Forderungen in der Kurzfassung

Die Grünen wollen bei der Bundestagswahl nach den Sternen, besser gesagt, nach dem Kanzleramt greifen. „Alles ist drin“ lautet die selbstbewusste und mehrdeutige Überschrift des Wahlprogramms, das die Delegierten der Partei Mitte Juni verabschiedet haben.

Die Partei mit der aktuellen kleinsten Fraktion im Bundestag hofft auf eine Beteiligung an der nächsten Bundesregierung und will dann endlich mehr gegen die fortschreitende Klimaerwärmung tun, gegen die bisherige Koalitionen zu wenig unternommen hätten. „Die große Aufgabe unserer Zeit“ nennt es Spitzenkandidatin Annalena Baerbock und vergleicht die jetzige Herausforderung mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, der friedlichen Revolution in Ostdeutschland und der europäischen Einigung. „Wir sind Schritt für Schritt vorwärts gekommen, weil Menschen Neues gewagt haben.“

Allein die zusätzlichen Kosten für die "sozial-ökologische Transformation", die die Grünen herbeiführen wollen, beziffert die Partei auf 50 Milliarden Euro pro Jahr. Das Geld soll durch höhere Steuern, den Kampf gegen Steuerbetrug und den Abbau milliardenschwerer Subventionen hereinkommen. Eine Übersicht über die grünen Wahlversprechen.

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Klimaschutz im Wahlprogramm der Grünen: Tempolimit, Flüge und CO2-Preis

Das Klimaziel Deutschlands für 2030 soll auf eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 70 Prozent angehoben werden. Die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro pro Tonne wollen die Grünen auf 2023 vorziehen. Um die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an die Bürger zurückzugeben, sollen die EEG-Umlage gesenkt und ein Energiegeld eingeführt werden, das jeder Bürger erhält.

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    Ab 2030 sollen dann nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Durch einen massiven Ausbau der Bahn will die Partei Kurzstreckenflüge bis 2030 überflüssig machen. Auf Autobahnen wollen die Grünen (wie die SPD) ein Tempolimit 130 einführen. Von 2030 an sollen nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Doch an dem Programm der Grünen gibt es wissenschaftliche Kritik: Wahrscheinlich würden auch die Vorhaben der Klimapartei nicht ausreichen, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.

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    Grünes Wahlprogramm: Höhere Steuern für Reiche

    Die Partei macht sich für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von derzeit 42 auf 48 Prozent stark. Ein Antrag für einen deutlich höheren Spitzensteuersatz von 53 Prozent scheiterte.

    Genauso wie ein Vorstoß, die sogenannte Schuldenbremse aus dem Grundgesetz zu streichen. Sie sieht vor, dass der Bund nur in ganz geringem Maße neue Kredite aufnehmen darf, nämlich maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Grünen wollen sie lockern, um mehr Raum für staatliche Investitionen zu schaffen.

    • Steuererleichterungen schließen die Grünen im Bundestagswahlkampf unter dem Strich aus - der Staat soll nicht weniger Steuern einnehmen.
    • Einen entsprechende Formulierung des Vorstands für das Programm zur Bundestagswahl bestätigten die Delegierten beim Online-Parteitag.
    • Dafür fehle der Spielraum, heißt es zur Begründung. „Angesichts der Corona-Krise wird die öffentliche Haushaltslage in den kommenden Jahren sehr angespannt sein.“

    Innere Sicherheit: Grüne wollen schärferes Waffenrecht

    Trotz rechtsextremer Chats und anderer Skandale in jüngster Zeit stellen sich die Grünen hinter die Ordnungshüter. „Deutschland ist ein sicheres Land. Das liegt auch an einer gut arbeitenden Polizei“, heißt es in ihrem Programm.

    • Die Grünen wollen die Verfügbarkeit von tödlichen Schusswaffen „schrittweise beenden“.
    • Ausgenommen davon seien Jäger, die ihre Aufgaben ohne diese Waffen nicht erfüllen könnten.
    • Im Bereich des Schießsports wollen sich die Grünen im Dialog mit den Sportschützen „für die Umstellung auf nichttödliche Schusswaffen“ einsetzen.

    Außenpolitik: Das planen die Grünen im Wahlprogramm

    Kanzlerkandidatin Baerbock betonte, dass Menschenrechte in der Außenpolitik grundsätzlich mehr Gewicht haben sollen als wirtschaftliche Interessen. Die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2, von der Regierungskoalition aus Union und SPD befürwortet, hält sie auch aus Klimaschutzgründen für falsch. Im Umgang mit autoritären Regimes sei ein Zweiklang von „Dialog und Härte“ der richtige Weg. Von China verlangt die Partei „ein Ende seiner eklatanten Menschenrechtsverletzungen“. In der Klimapolitik wolle man zusammenarbeiten.

    Russland habe sich „zunehmend in einen autoritären Staat gewandelt und untergräbt immer offensiver Demokratie und Stabilität in der EU und in der gemeinsamen Nachbarschaft“, heißt es nun im Programm. Die Grünen wollen zudem die Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr nicht grundsätzlich verbieten. Allerdings muss vor einer solchen Entscheidung aus ihrer Sicht erst „klar gemacht werden, für welche Einsatzszenarien der Bundeswehr die bewaffneten Drohnen überhaupt eingesetzt werden sollen“.

    Wahlprogramm der Grünen: Pläne der Grünen für Zuwanderung und Asyl

    Wer fünf Jahre hier lebt, kann einen deutschen Pass beantragen. Den Optionszwang, sich zwischen Staatsangehörigkeiten entscheiden zu müssen, wollen die Grünen abschaffen. Statt Länder als sichere Herkunftsländer einzustufen, soll es mehr Rücknahmeabkommen für abgelehnte Asylbewerber geben. Asylverfahren sollen gestrafft, Arbeitsverbot und Wohnsitzauflagen gestrichen werden.

    Sie können auf rasant steigende Mitgliederzahlen schauen: Annalena Baerbock und Robert Habeck, die beiden Parteivorsitzenden der Grünen.
    Sie können auf rasant steigende Mitgliederzahlen schauen: Annalena Baerbock und Robert Habeck, die beiden Parteivorsitzenden der Grünen. © dpa

    Forderungen der Grünen zur Gleichberechtigung

    • Mindestens ein Drittel der Vorstandssitze größerer, börsennotierter Unternehmen sollen bei Neubesetzung an Frauen gehen, in Aufsichtsräten zu 40 Prozent.
    • Für eine Debatte auf dem Parteitag sorgte die Forderung, jeder solle seine Geschlechtsangabe bei den Behörden einfach ändern lassen können.
    • Die Grünen setzen sich für eine Aufhebung des Transsexuellengesetzes ein. Dies sieht unter anderem vor, dass jemand, der sich einem anderen als seinem biologischen Geschlecht zugehörig fühlt, seit mindestens drei Jahren entsprechend lebt.

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    Sozialpolitik der Grünen: Hartz IV abschaffen, Mindestlohn anheben

    Wie die SPD wollen die Grünen Hartz IV ersetzen: In einem ersten Schritt wollen die Grünen die Hartz-IV-Regelsätze um mindestens 50 Euro anheben. Mittelfristig solle Hartz IV „überwunden“ und durch eine sogenannte Garantiesicherung abgelöst werden, die ohne „bürokratische Sanktionen“ gewährt werden solle. Lesen Sie auch: Hartz IV: Das planen die Parteien in ihren Wahlprogrammen

    Außerdem beschlossen die Grünen die Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Ein Antrag aus den Reihen der Delegierten, 13 Euro als Ziel ins Wahlprogramm zu schreiben, wurde ebenso abgelehnt wie das Ziel einer 30-Stunden-Woche. Die derzeitige Lohnuntergrenze liegt bei 9,50 Euro und steigt ab Juli auf 9,60 Euro. Nach bisheriger Rechtslage soll der Mindestlohn dann zum 1. Juli 2022 bei brutto 10,45 Euro liegen.

    Die Grünen stellten außerdem fest: „Die langfristige Sicherung des Rentenniveaus bei mindestens 48 Prozent hat für uns hohe Priorität.“

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    Neues Ministerium unter grüner Regierung geplant

    Für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration wollen die Grünen ein eigenes Ressort schaffen „und diese Themen aus dem Innenministerium herauslösen“.

    So stehen die Grünen zu Drogen

    Das Verbot von Cannabis richte mehr Schaden an, als es nütze, so die Grünen. Hanf soll künftig legal in lizenzierten Fachgeschäften verkauft werden können.

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    Mitbestimmung: Wahlalter soll abgesenkt werden

    Die Grünen wollen das Wahlrecht deutlich ausweiten: Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll in einem ersten Schritt auf 16 Jahre abgesenkt werden. Alle, die dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, sollen ein kommunales Wahlrecht erhalten.

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    (tb/bml/dpa)