Berlin. Ob Ostsee oder Bayern: Deutsche Ferienregionen sind beliebt. Vielerorts müssen Gäste dennoch mit geschlossenen Restaurants rechnen.

Nur wenige Sekunden dauert es, bis die Servicekraft am Tisch des Restaurants im Ferienort Ahrenshoop an der Ostsee auftaucht und freundlich nach den Wünschen fragt. Trotz gut besetzter Tische geht alles flott. Dafür sorgt das reichlich vorhandene junge Personal. Und auch die Preise für Speisen und Getränke sind günstig. Das ist ein inzwischen eher ungewöhnliches Bild in dieser Ferienregion und reizt zur Nachfrage.

Er habe Auszubildende in ehemaligen Sowjetrepubliken wie Kirgisien angeworben, erzählt der Hotel-Chef. Die guten Bedingungen hier hätten sich dort herumgesprochen. Und von Personalnot ist tatsächlich nichts zu sehen. „Ich kann mich vor Bewerbungen kaum retten“, sagt er. Eine Sache ärgert ihn aber dennoch. Headhunter der großen Hotels werben die besten Azubis regelmäßig ab. „Die arbeiten jetzt im Adlon oder im Atlantic“, sagt er.

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Von solchen Bedingungen können Hoteliers und Gastronomen, aber auch Gäste in anderen Feriengebieten Deutschlands nur träumen. Die Corona-Pandemie mit den Einschränkungen der Branche hat viele Beschäftigte in andere Berufe getrieben. Und sie kommen nicht zurück, zumindest nicht in ausreichender Zahl. Die Personalnot ist längst zu einer Wachstumsbremse im Deutschland-Tourismus geworden, nicht nur im Norden. Das räumt auch Wolfgang Wagner von der bayrischen Tourismus Marketing GmbH ein. „Ein flächendeckendes Gastronomie-Angebot ist nicht mehr gewährleistet“, stellt er fest.

Viertes Verlustjahr in Folge für Deutschlands Gastgeber

Für Hotelgäste ist das weniger ein Problem, wenn sie die Verpflegung gleich mit buchen. Wer in einer Ferienwohnung weilt, kann sich auf einen gesicherten Restaurantbesuch jedoch nicht mehr überall verlassen. Manche Gasthäuser schränken die Öffnungszeiten ein. Ohne Reservierung läuft oft nichts mehr, weil die Nachfrage höher ist als das Angebot. Damit entsteht mancherorts ein weiteres Problem: In Gegenden mit vielen Ferienwohnungen reicht das Einkaufsangebot kaum aus, um den steigenden Bedarf durch Heimaturlauber zu decken.

Ein Besuch in der Sächsischen Schweiz ist schön, aber flächendeckende Gastronomie kann kaum gewährleistet werden.
Ein Besuch in der Sächsischen Schweiz ist schön, aber flächendeckende Gastronomie kann kaum gewährleistet werden. © iStock | Dynamoland

In Bayern setzt Wagner auf die Bildung touristischer Netzwerke, etwa für Absprachen über die Öffnungszeiten von Gaststätten, um Defizite auszugleichen. Doch eine schnelle Lösung des Personalproblems ist landesweit nicht in Sicht. Eher besteht die Sorge, dass Fremdenfeindlichkeit die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zusätzlich erschwert. So plädieren der Branchenverband Dehoga ebenso wie der Deutsche Tourismusverband (DTV) für Weltoffenheit.

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Die inländische Reisewirtschaft steckt in einer widersprüchlichen Entwicklung. Denn Ferien im eigenen Land sind anhaltend beliebt. Mit 487 Millionen Übernachtung verzeichnet die Statistik das Jahr 2023 als das zweitbeste der Geschichte. Nur 2019 zogen die heimischen Ferienregionen mehr Besucher an. Das sollte sich eigentlich auch in der wirtschaftlichen Lage des Beherbergungsgewerbes und der Gastronomie niederschlagen. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Nachfrage nach Urlaub im Inland bleibt ungebrochen

„Deutschlands Gastgeber blicken auf das vierte Verlustjahr in Folge zurück“, klagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Der reale Umsatz von Hotels und Pensionen lag 2023 noch 5,2 Prozent unterhalb des Vor-Corona-Wertes, in der Gastronomie sogar mehr als zwölf Prozent darunter. Doch es gibt auch gute Nachrichten aus der Branche. „Es wird nicht mehr teurer“, schätzt DTV-Chef Norbert Kunz mit Blick auf die Unterkünfte.

In den vergangenen Jahren waren die Preise für Übernachtungen in Deutschland deutlich gestiegen. Nun ist laut Verband die Spitze erreicht. Das gilt auch für die rund 520.000 Ferienwohnungen und -häuser. Allerdings beobachten die Fachleute des DTV auch einen Trend zu besseren Ausstattungen der Wohnungen. Diese Investitionen der Eigentümer ziehen ein insgesamt höheres Preisniveau nach sich.

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Die Nachfrage nach Urlaub im Inland bleibt trotz mancher Schwierigkeiten ungebrochen. Das zeigen die zur Internationalen Tourismusbörse veröffentlichten Umfragen. So rechnet das Forschungsinstitut Urlaub und Reisen in diesem Jahr damit, dass jede vierte Reise zu einem inländischen Ziel führt, mehr als 2023. Im vergangenen Jahr ist der Anteil noch gesunken, weil der Nachholbedarf an Auslandreisen hoch war.

Tourismus in Deutschland: Das sind die beliebtesten Ziele

Und die Urlauber sind auch finanziell offenbar besser gestellt. Sieben Prozent der Befragten wollen weniger für die Ferien ausgeben, aber 15 Prozent planen höhere Ausgaben. An den beliebtesten inländischen Zielen hat sich indes nichts geändert. An der Spitze liegt Bayern vor den Küstenländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Dahinter folgt Baden-Württemberg, dass zumindest für Freunde kulinarischer Genüsse noch eine vielfältige Region bleibt.

Die Küstengebiete sind auch 2024 ein beliebtes Reiseziel im Inland.
Die Küstengebiete sind auch 2024 ein beliebtes Reiseziel im Inland. © iStock | Rike_

„Im Vergleich zu anderen Regionen haben wir noch ein breites gastronomisches Angebot“, versichert Martin Knauer, Sprecher der Tourismus Marketing GmbH des Landes. Allerdings ist auch im Ländle nicht immer und überall ein offenes Restaurant zu finden. „Man muss eventuell etwas fahren“, sagt Knauer.

Einig sind sich die Fachleute, dass es neben der Anwerbung von Personal noch viel zu tun gibt, um den Wirtschaftszweig weiter zu stärken. Intakte Radwege und nachhaltige Mobilitätsangebote sind zwei der wichtigsten Verbesserungen der touristischen Infrastruktur. Gerade der Radtourismus boomt. Nach Angaben des Fahrradclubs ADFC sind im vergangenen Jahr über zehn Millionen Reisende in Deutschland mit dem Rad unterwegs gewesen.

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