Wolfsburg. Für die VfL-Fußballerinnen geht‘s Samstag um den Einzug ins zehnte Pokalfinale in Serie. SGS Essen soll nicht zum Stolperstein werden.

Es ist die letzte realistische Chance auf einen Titel für die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg, und noch dazu ein ganz besonderes Spiel: Am Samstag (13 Uhr, AOK-Stadion) geht‘s gegen die SGS Essen um den Einzug ins Endspiel um den DFB-Pokal. Neun Mal in Serie hat der VfL diesen Wettbewerb gewonnen, seit November 2013 kein Spiel mehr verloren. Das Heimspiel gegen die Essenerinnen ist die vermeintlich leichteste Aufgabe, die die Wölfinnen im Halbfinale hätten bekommen können. Doch als selbstverständlich erachten sie es beim VfL noch lange nicht, dass sie es auch zum zehnten Mal in Serie nach Köln schaffen werden.

Tommy Stroot hat großen Respekt vor der SGS Essen

Das wäre die vermutlich größte Gefahr für die Wolfsburgerinnen: Zu glauben, dass es schon klappen wird, das Finale am 9. Mai in Köln bereits so gut wie gebucht ist. Es hat schließlich immer geklappt, und nur selten war die Aufgabe in den vergangenen Jahren auf dem Papier so einfach wie am Samstag. In vier der vergangenen fünf Vorschlussrunden hat der VfL den Dauerrivalen Bayern München ausschalten müssen, drei Mal davon auswärts. Jetzt ist es „nur“ Essen.

Doch davon will VfL-Coach Tommy Stroot gar nichts wissen. Er sagt: „Das ist alles andere als selbstverständlich. Essen hat es auch gegen die Topmannschaften gut gemacht. Und von daher wissen wir, wie dick das Brett ist, was wir bohren müssen.“ Nicht zuletzt wegen der 0:4-Niederlage im Bundesliga-Spitzenspiel am vergangenen Samstag gegen die Bayern, mit dem die Meisterschaft (der VfL hat nun sieben Punkte Rückstand) praktisch entschieden ist, konzentriert sich beim VfL alles auf den DFB-Pokal. Der Stellenwert dieser Partie, die durch den Liga-Hit lange etwas in dessen Schatten stand, ist immens. Es ist die letzte Gelegenheit, die erste titellose Wolfsburger Saison seit 2011/12 abzuwenden.

Unterschätzen wird der VfL die SGS Essen nicht

Die SGS soll da auf keinen Fall zum Stolperstein werden. Natürlich wissen die Wolfsburgerinnen, dass sie die größere Qualität besitzen, auch wenn mit Nationalverteidigerin Marina Hegering, DFB-Kapitänin Alexandra Popp und Lena Lattwein drei Mentalitäts- und Stammspielerinnen verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stehen. Aber der Respekt ist groß vor Essen und der Arbeit von Trainer Markus Högner. Diesen verglich Tommy Stroot bereits vor dem Hinrunden-Finale in der Bundesliga (3:1 für den VfL) mit Freiburgs Kult-Coach Christian Streich. Und der VfL-Trainer knüpfte auch vor dem Cup-Duell daran an, meinte: „Viel mehr Wertschätzung kann man seinem Kollegen nicht geben. Ich habe großen Respekt, dass sie es jedes Jahr wieder schaffen, einen Umbruch zu moderieren und Spielerinnen entwickeln, die zu diesem Zeitpunkt noch niemand so richtig auf dem Radar hat.“

Essens Trainer Markus Hoegner (links) mit Wolfsburg-Coach Tommy Stroot. Am Samstag geht's im AOK-Stadion um den Einzug ins DFB-Pokal-Endspiel.
Essens Trainer Markus Hoegner (links) mit Wolfsburg-Coach Tommy Stroot. Am Samstag geht's im AOK-Stadion um den Einzug ins DFB-Pokal-Endspiel. © imago | Kirchner-Media/TH

Stroot glaubt nicht, dass seine Mannschaft den Gegner unterschätzen könnte. Der VfL hat auch ohne seine gewichtigen Ausfälle extrem viel Erfahrung, so dass auch der Meisterschafts-K.o. nicht für einen zu großen Knacks gesorgt haben dürfte. „Wir haben viele Spielerinnen, die die Situation kennen und sie sehr gut auch einschätzen können. Von daher überlädt uns das nicht und wir können das Ergebnis sehr gut einordnen.“ Alles war nicht schlecht in diesem Spitzenspiel vor der Wolfsburger Rekordkulisse von mehr als 24.000 Fans in der VW-Arena.

Die Chancenverwertung war dem VfL-Coach zuletzt ein Dorn im Auge

Aber eben auch nicht alles gut. Vor allem die Chancenverwertung schmeckte dem VfL-Coach nicht. Es hätte nicht dazu kommen müssen, dass die Wolfsburgerinnen mit Beginn der zweiten Hälfte einem Rückstand gegen die Bayern hinterherlaufen, wenn Sveindis Jonsdottir die Riesenchance aufs 1:0 frei vor Keeperin Mala Grohs genutzt hätte. Stroot hat sowohl gegen Meister München als auch zuvor im Liga-Spiel bei der TSG Hoffenheim (1:2) zu viele ausgelassene Wolfsburger Möglichkeiten gesehen. „Das ist ein Thema. Vor allem in Hoffenheim haben wir dafür auch die Quittung bekommen.“ Der 35-Jährige sagt weiter: „Ich glaube, dass das der größte Vorwurf ist, den wir uns machen müssen: Nicht diese Brutalität an den Tag gelegt zu haben, den Ball irgendwie über die Linie zu drücken oder die Situationen so sauber zu Ende zu spielen. Wenn wir auf Mannschaften treffen, die ein ähnliches Niveau haben, dann geht es eben um die Effektivität. Und die haben wir ein Stück weit vermissen lassen.“

Ewa Pajor (links) und der VfL hatten zuletzt das Bundesliga-Spitzenspiel gegen die Bayern mit 0:4 verloren.
Ewa Pajor (links) und der VfL hatten zuletzt das Bundesliga-Spitzenspiel gegen die Bayern mit 0:4 verloren. © regios24 | Darius Simka

Gegen Essen, den Finalgegner von 2020, soll das wieder anders werden. Deswegen war die Konsequenz im Abschluss auch unter der Woche einmal mehr Thema bei den Wölfinnen, die nach der Wintervorbereitung gedacht hatten, in Sachen Effizienz einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht zu haben. Das stimmte auch, aber eben nur bis zu den entscheidenden Liga-Partien gegen Hoffenheim und Bayern.

Revanche im Endspiel gegen München? Daran denkt Stroot (noch) nicht

Gegen München könnte es noch eine Revanche geben. Nach 2018 (3:2 n. E. für den VfL) wäre es das zweite DFB-Pokal-Finale der beiden deutschen Frauenfußball-Schwergewichte und ein absolutes Traumfinale. Die Bayern erwarten im zweiten Halbfinale am Ostersonntag (15.45 Uhr) Eintracht Frankfurt. „Das liegt nicht in unserer Hand, und wir schauen nullkommanull auf den möglichen Gegner. Wir wollen dieses Finale erreichen.“ Ein Erfolg gegen Essen vor erwarteten 3000 Fans im AOK-Stadion wäre der 49. in Serie im Pokal, der VfL hätte in Köln die Chance zum schier unfassbaren Jubiläum von 50 Siegen. Wichtig dafür: Halbfinalgegner SGS auf keinen Fal zu unterschätzen.