Wolfsburg. Der Trainer des Fußball-Bundesligisten steht vor der Augsburg-Partie stärker denn je unter Druck. Sein Ex-Spieler erinnert sich zurück.

Der VfL Wolfsburg und sein Trainer Niko Kovac – der Begriff Nibelungentreue beschreibt die Situation beim Fußball-Bundesligisten vor der Partie gegen den FC Augsburg (Samstag, 15.30 Uhr, Volkswagen-Arena) gut. Während manch einer dem Weg entgegen den allgemeinen Mechanismen im Geschäft Anerkennung zollt, schimpfen andere über die andauernde Tatenlosigkeit der Führung und nehmen VfL-Sportgeschäftsführer Marcel Schäfer bei ihrer Kritik gleich mit ins Visier. Steckt hinter dem Treuebekenntnis wirklich die Überzeugung, dass der Coach noch den Dreh schafft? Oder sind es finanzielle Gründe, die den Verein dazu bewegen, an dem glück- und erfolglosen Trainer festzuhalten. Ex-Spieler Max Kruse glaubt Letzteres – und teilt in der neuesten Folge seines mit Martin Harnik aufgenommenen Podcasts „Flatterball“ gleich mal kräftig gegen Kovac aus.

Charakterlich habe er während seiner aktiven Zeit nur mit einem Trainer Probleme gehabt, sagt Kruse und drückt es kurz darauf noch etwas drastischer aus: „charakterlich absolute Katastrophe“ beschreibt er seinen Eindruck vom Wölfe-Coach. Der heute 35-Jährige, der im November einen Schlussstrich unter das Kapitel SC Paderborn zog und seine Karriere beendete, war im Januar 2022 zu den Grün-Weißen gewechselt. Im darauffolgenden Sommer verpflichtete der Verein Niko Kovac als Nachfolger von Florian Kohfeldt.

Kruse wusste von Beginn an, dass es zwischen ihm und Kovac nicht passt

Schon zu diesem Zeitpunkt ahnte Kruse nach eigener Aussage Böses. „An dem Tag, an dem Niko Kovac verpflichtet wurde, habe ich meinem Berater gesagt, er soll bitte Marcel Schäfer kontaktieren, und wir möchten bitte eine Lösung finden“, berichtet Kruse. Doch der Verein habe gewollt, dass er bleibe. Es werde schon funktionieren, so der Tenor. Doch es funktionierte nicht. Obwohl er selbst, so Kruse, für seine Verhältnisse bestens vorbereitet in die Saison gegangen sei, Gas gegeben und einen richtig guten Fitnesszustand gehabt habe. Er sei auch mit Kovac essen gegangen. Dennoch habe er von Tag eins an gewusst, dass es zwischen ihm und dem Trainer nicht funktionieren werde. Das bestätigte sich im Verlauf der Spielzeit: Kruse kam zunächst von der Bank, spielte nur zweimal von Beginn an.

„Eine Woche nachdem das Transferfenster schließt, hat mich der Trainer reingerufen und sagt: Max, du gibst der Mannschaft keinen Input, du spielst kein Spiel mehr unter mir. Da denke ich mir: Wie asozial ist das bitte?“, berichtet der Ex-Profi von einem Erlebnis, das ihn sehr enttäuschte. Kruse blieb also, fiel später wegen einer „schweren Muskelverletzung“ wochenlang aus. Ende November einigten sich beide Parteien auf eine Vertragsauflösung.

Ex-Profi hatte Spieler, mit denen er sich verbündete

Für Kruse hat Kovac eine „spezielle Art, eine Mannschaft zu trainieren“. Der Trainer wolle stets relativ früh zeigen, dass er der Platzhirsch, das Nonplusultra sei, so der Ex-Wolfsburger. In jedem seiner früheren Klubs habe er schnell einen unumstrittenen Spieler rasiert: in Monaco Kapitän Wissam Ben Yedder, bei Eintracht Frankfurt Alex Meier, bei den Bayern Thomas Müller. Und bei Wolfsburg ihn, so Kruse.

Es seien stets Leistungsträger und meinungsstarke Spieler gewesen, die Kovac geschasst habe. „Da frage ich mich, warum macht man das? Ist man so egoistisch? Ist das Unzufriedenheit mit sich selbst?“, spekuliert Kruse in seinem Podcast und äußert einen weiteren Gedanken: „Oder ist er so unsicher, dass er einen meinungsstarken Spieler rasieren muss? Dass er erst mal im Verein zeigt: Ich bin der Chef hier, keiner soll sich mit mir anlegen.“

Zum Glück habe er einige Spieler gehabt, mit denen er eine Gruppe gebildet habe: Renato Steffen habe dazugehört, Yannick Gerhardt und Luca Waldschmidt. Außer Gerhardt haben mittlerweile alle Akteure den Klub verlassen. „Wenn wir danach unsere Spielchen gemacht haben oder außerhalb vom Fußball, haben wir natürlich gesagt: Der hat ja gar keine Ahnung, wann ist der denn weg und so“, plaudert Kruse aus dem Nähkästchen.

Hält das Treuebekenntnis der Wolfsburger auch bei einer Niederlage gegen Augsburg?

Wie stark der Rückhalt von Kovac innerhalb der Mannschaft aktuell ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Allerdings dürfte Kapitän Maximilian Arnold auch heute noch nicht vergessen haben, dass ihn Kovac zu Beginn der Saison lange links liegen ließ. Die zwischenzeitliche starke Rotation führte dazu, dass nahezu kein Spieler das uneingeschränkte Vertrauen des Trainers gespürt haben dürfte. Zuletzt setzte der 52-Jährige wieder konstanter auf vereinzelte Akteure, sorgte aber in den vergangenen beiden Partien durch Nichtberücksichtigung und frühe Auswechslung für Frust bei Topstürmer Jonas Wind.

Eine Niederlage des VfL gegen Augsburg am Samstag und parallel dazu Punktgewinne der Konkurrenten im Tabellenkeller – das könnte eine Kombination sein, die Marcel Schäfer und Sportdirektor Sebastian Schindzielorz noch einmal neu über das Thema Nibelungentreue nachdenken lassen dürfte. Dass sich die Wege von Verein und Kovac im Sommer trennen werden, gilt ohnehin als äußerst wahrscheinlich.

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