Hamburg. Eintracht Braunschweigs Spieler wollen sich nicht nur auf guten 45 Minuten ausruhen. Mut und Einsicht sind da, der Blick geht voraus.

Fabio Kaufmann geht die Situation von Eintracht Braunschweig an die Nieren. Das konnte jeder sehen, als der Mittelfeldspieler bei der 1:2-Niederlage beim Hamburger SV zu seinen Torjubeln ansetzte. Nur einer der Treffer am Freitagabend war aber regulär, weswegen der Fußball-Zweitligist beim Aufstiegsaspiranten ohne Punkte blieb.

Hamburger SV - Eintracht Braunschweig 2:1

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    Aber nach vielen lethargischen Auftritten in dieser Saison ist seit dem Debüt des neuen Trainers Daniel Scherning die Leidenschaft zurück auf dem Platz. Kaufmann schlug sich auf die Brust, schrie, riss an seinem Trikot und rutschte über den nassen Rasen. Das hatte Symbolcharakter für den gesamten Auftritt der Löwen. Diese Reaktion der Mannschaft bezeichnete Kaufmann als wichtig. „Nach dem verlorenen Derby, wo die Anhänger und das Umfeld uns zurecht angezählt haben, hat man wieder gesehen, dass diese Mannschaft alles tut, um in die Punkte zu kommen“, meinte der Routinier.

    Eintracht Braunschweig will weitermachen und den Mut mitnehmen

    Für Kaufmann ist klar: „Wenn wir die Leistung so abrufen wie in den letzten Spielen, dann steht eine ganze Stadt hinter uns.“ Das mache den Mann mit der Trikotnummer 37 stolz – insbesondere beim Blick auf die sportlich prekäre Lage des Vorjahresaufsteigers. Die Eintracht ist nach der 0:2-Niederlage des VfL Osnabrück vom Samstag weiterhin Tabellenvorletzter. „Aber wenn wir so weiterspielen und diesen Mut mitnehmen, dann werden wir auch Punkte einsammeln“, bekräftigte Kaufmann. Scherning berief sich auf einen Prozess und nahm eine Menge Energie bei seiner Mannschaft wahr.

    Viele Eintracht-Profis blickten am Freitagabend auf die zweifellos bessere zweite Halbzeit. Das war schon mehrfach in dieser Saison so. Nie folgte etwas daraus. Doch diesmal könnte es anders sein, denn die Protagonisten sparten auch nicht an Selbstkritik. Kaufmann sagte, dass man diese Leistung sukzessive in 80 oder 90 Minuten abliefern müsse, um zu punkten. Sein Trainer pflichtete ihm bei: „45 gute Minuten reichen nicht gegen den HSV, aber auch nicht gegen Fürth oder Kaiserslautern. Wenn wir es schaffen, über einen langen Zeitraum so zu spielen wie nach der Halbzeit, werden wir noch viele Punkte holen.“

    Ron-Thorben Hoffmann spricht Gegentorflut bei Eintracht Braunschweig an

    Eintracht-Torwart Ron-Thorben Hoffmann war stolz auf die Art und Weise, wie sein Team nach der Pause aufgetreten war. Es sei nicht leicht, in Hamburg vor dieser Kulisse zu spielen. „Aber dass wir wieder ohne etwas dastehen, ist extrem bitter“, so der 24-Jährige, der auf den postiven Dingen aufbauen wollte. „Gegen Fürth müssen wir die Punkte einkassieren.“ Dafür gelte es auch, die Gegentore zu minimieren. „Wir müssen auch Spiele zu null spielen, oder nur ein Gegentor bekommen. Aber wenn du immer zwei, drei oder vier Tore bekommst, kannst du Spiele nicht gewinnen“, sagte der Torwart.

    Vorn versuchte Kaufmann, mit seinem Offensivdrang für Zählbares zu sorgen. Das hätte auch fast geklappt, wenn der 31-Jährige nicht um wenige Zentimeter im Abseits gestanden hätte. Als laufstarker Achter tauchte er zu Beginn ab, wurde aber im Verlauf der Partie immer stärker. Schon unter dem ehemaligen Trainer Michael Schiele füllte er diese Rolle mehrfach aus. „Ich fühle mich wohl dort. Auch die Art und Weise, wie der neue Trainer spielen lässt, kommt mir entgegen. Ich kann im Spiel gegen den Ball meine Leidenschaft reinbringen und habe kurze Wege, um in die Zweikämpfe zu kommen. Aber wir machen es als Mannschaft gut. Sie ist der Star“, analysierte Kaufmann.

    Der Eintracht wäre es zu wünschen, dass es dem Deutsch-Italiener widerfährt wie vielen Profis aus dem Heimatland seiner Familie: Jenseits der Alpen werden viele Profis erst im Alter richtig gut. Nach einem schwachen ersten Durchgang imponierte Scherning die Präsenz und Laufstärke Kaufmanns, aber auch die des Nebenmannes Thorir Helgason.

    Es ist gut, dass nun viele Spieler aus ihrem Tief kommen, doch um im Kampf und den Klassenerhalt wirklich noch ein Wörtchen mitzureden, muss das gesamte Team eine Schippe drauflegen und noch aktiver und kaltschnäuziger werden. Was jedoch auffiel. Gegen den Hamburger SV stimmten viele Werte zuversichtlich. Die Zweikampfqoute war endlich ausgeglichen. 80 Prozent der Pässe kamen an. 14 Torschüsse gab das Team ab.

    Kaufmann war für die Eintracht ein emotionaler Anführer in der Hansestadt. Doch der Offensivspieler stellte klar: „Ich lege für alle in der Mannschaft meine Hand ins Feuer. Jeder gibt hier alles.“