Hannover. Bald könnte Cannabis legal werden. Der Geschäftsführer der niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen sieht einige Probleme.

Die geplante Legalisierung von Cannabis stößt bei Niedersachsens Landesstelle für Suchtfragen (NLS) auf ein unterschiedliches Echo. „Es ist nicht zu erwarten, dass die Neuau­srichtung der Cannabispolitik alle Probleme löst“, sagte Michael Cuypers, Geschäftsführer der Landesstelle, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Hannover.

Cuypers übte etwa Kritik an den geplanten Präventionsstrukturen. Zwar sehe der Gesetzesentwurf Maßnahmen wie Konsumverbote in der Nähe von Minderjährigen oder auch Werbeverbote vor. Das sei nicht ausreichend: „Die Maßnahmen zur Stärkung der Suchtprävention und Frühintervention greifen aber zu kurz und sind nicht mit ausreichenden Ressourcen hinterlegt.“ Nötig seien verbindliche dauerhafte und regionale Angebote, die ausgebaut werden müssten. „In der Realität jedoch müssen die Suchtberatungsstellenmit realen Kürzungen umgehen“, kritisierte Cuypers.

NLS: Cannabis-Verbotspolitik trägt zur Etablierung von Schwarzmärkten bei

Nach Angaben des Leiters der Landesstelle gebe es unterschiedliche Einschätzungen zur Legalisierung innerhalb der Suchthilfe: „Die neue gesetzliche Regelung eröffnet Chancen, birgt aber auch Risiken.“ Das Verbot habe nicht das Ziel erreicht, den Konsum zu verhindern. „Im Grundsatz ist es sicher richtig, Menschen, die Drogenprobleme haben oder entwickeln, nicht zu kriminalisieren, sondern ihnen Wege aus der Abhängigkeit aufzuzeigen“, sagte Cuypers. Sucht sei eine Krankheit, die man behandeln müsse und könne. Neben der Stigmatisierung von Konsumenten erschwere die Verbotspolitik zudem den Zugang zu Hilfsangeboten und trage zur Etablierung von unkontrollierten Schwarzmärkten bei.

Nach dem Gesetz der Ampel-Koalition sollen Besitz und Anbau der Droge mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf bereits im Februar beschlossen. Dieser soll am Freitag im Bundesrat beraten werden. Zustimmungsbedürftig ist der Bundestagsbeschluss nicht. Die Länderkammer könnte aber den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und die Pläne abbremsen. Erlaubt werden sollen zum 1. Juli auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ zum gemeinschaftlichen Anbau.

Bundesrat entscheidet am Freitag, ob das Gesetz in den Vermittlungsausschuss geht

Um die umstrittene Legalisierung von Cannabis im Bundesrat über die letzte Hürde zu bringen, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch eine Protokollerklärung zu. Darin sollten viele Bedenken der Länder aufgegriffen und unter anderem verstärkte Prävention und flexiblere Umsetzungsregeln zugesichert werden.

Der Leiter der Landesstelle für Suchtfragen sieht zudem teils widersprüchliches Vorgehen im Gesetzentwurf. Obwohl wissenschaftlich belegt sei, dass der Cannabis-Konsum bis zum 25. Lebensjahr enorm gesundheitsschädlich sei, solle eine Freigabe ab 18 Jahren erfolgen. Weiterhin solle für Erwachsenen der Konsum ab April möglich sein, „legale und kontrollierte Bezugsquellen stehen aber erst später zur Verfügung“.

Laut Cuypers sei eine Drogenpolitik nötig, die das richtige Maß zwischen Freiheit und Beschränkung finde, damit so wenig Menschen wie möglich Drogen missbräuchlich konsumieren. „Ob das Maß hier gefunden wurde, muss sich noch erweisen“, sagte er. Der Paradigmenwechsel sei nicht ausreichend gut kommuniziert worden. „Ein längerer Vorlauf und eine bessere Abstimmung und Koordination mit allen Beteiligten wäre womöglich zielführender gewesen.“

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