St. Andreasberg. Von Totholz-Aufklärung und einer besonderen Wanderung: Geografie-Student Oliver Kox berichtet von seinem Umweltpraktikum im Nationalpark Harz.

Vor kurzem ist die Bewerbungsphase für das Commerzbank-Umweltpraktikum 2023 gestartet. Ab sofort können sich Studierende mit Naturbegeisterung um einen von 60 Praktikumsplätzen in 22 Nationalparks und Biosphärenreservaten bewerben – auch im Nationalpark Harz. Die Frist läuft bis zum 15. Januar. Das Commerzbank-Umweltpraktikum dauert mindestens drei Monate. Teilnehmen können Studierende aller Fachbereiche aus Deutschland und der EU.

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Einer, der in diesem Jahr die Gelegenheit eines Umweltpraktikums im Nationalpark Harz genutzt hat, ist Oliver Kox, der Geografie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg studiert. Seine Einsatzstelle war das Nationalparkhaus Sankt Andreasberg. Oliver zieht ein durchweg positives Fazit: „Das Praktikum hat mich darin bestärkt, einen Beruf in einem Schutzgebiet zu ergreifen, idealerweise im Nationalpark Harz.“ Für Oliver war die Stelle beim Nationalpark Harz erste Wahl, wie er berichtet: „Mit dem Harz und mit dem Nationalpark im Besonderen fühle ich mich schon lange sehr verbunden. Meine Heimat ist der Südharz und daher lag das Gebirge bereits in meiner Kindheit in Reichweite als Wandergebiet. Die Nationalparkidee hat mich ebenfalls sehr früh begeistert, da es die einzigen Gebiete in einem hochindustrialisierten Land wie Deutschland sind, wo man auf verhältnismäßig großer Fläche eine ungestörte Naturentwicklung nicht nur geschehen lässt, sondern auch selbst erfahren kann.“

Mit der Geländeoberfläche der Region befasst

Im Rahmen seines Geografiestudiums sei der Gedanke aufgekommen, einen Beruf im Naturschutz anzustreben. Durch seine Bachelorarbeit, die ein Forschungsgebiet im Nationalpark zum Gegenstand hatte, habe er sich dann noch deutlich intensiver auch mit der Geländeoberfläche der Region befasst. „Als ich später von dem Praktikum erfuhr, war mir klar, dass ich diese Chance ergreifen muss, um die Region noch besser als zuvor kennenzulernen, nicht zuletzt auch deswegen, weil ein Praktikum gute Gelegenheiten bietet, um Kontakte zu knüpfen.“

Im Nationalparkhaus in Sankt Andreasberg, das vom Nabu Niedersachsen betrieben wird und das im Erdgeschoss eine Ausstellung zur Flora, Fauna und Landschaftsgeschichte der Region beherbergt, gehörte zu seiner Tätigkeit die Betreuung der Ausstellung, des Naturladens und des Cafés. „Sehr viele Gäste kommen mit Fragen in das Haus, nachdem sie die großflächig abgestorbenen Fichtenbestände durchwandert oder durchfahren haben. Warum sieht das hier so aus? Wieso wird der Käfer nicht bekämpft? Weshalb wird das Totholz nicht weggeräumt? Hierbei konnte ich oft schon für Klarheit sorgen“, erzählt er. „Auf viele Menschen wirkt das Landschaftsbild nach diesen Erklärungen meist deutlich weniger bedrückend als zuvor.“ Zu seinen Aufgaben außerhalb des Hauses gehören die Naturerlebniswanderungen. Diese werden von Gruppen, zum Beispiel Schulklassen, aber auch Familien gebucht.

Eine Probe mit Kleinlebewesen aus der Warmen Bode bei Braunlage, die Kox im Rahmen des Fließgewässermonitorings mit dem Hydrobiologen Fabian Schwarz entnommen hat.
Eine Probe mit Kleinlebewesen aus der Warmen Bode bei Braunlage, die Kox im Rahmen des Fließgewässermonitorings mit dem Hydrobiologen Fabian Schwarz entnommen hat. © Privat | Oliver Kox

Eine Veranstaltung, die im Hochsommer wöchentlich in Sankt Andreasberg stattfindet, ist die Fledermaus-Exkursion. Im Juli und August gab es jeden Mittwochabend ab Sonnenuntergang zunächst einen kurzen Einführungsvortrag an der frischen Luft und anschließend einen Spaziergang in den Kurpark. „Dort konnten wir Fledermäuse nicht nur beobachten, sondern mithilfe sogenannter Bat-Detektoren auch hören, da diese Geräte die Ultraschallrufe der Tiere für Menschen akustisch wahrnehmbar machen“, erzählt Oliver. Die Veranstaltung stieß insbesondere in der Ferienzeit auf großes Interesse: „War ich in den ersten Wochen eher Zuhörer, so führte ich im August mehrmals eigene Gruppen. Da ich mich zuvor nur wenig mit Fledermäusen auskannte, hat die Einarbeitung in das Thema mein Wissen sehr erweitert.“

Naturbereiche abseits der Wege kennenlernen

Eine gänzlich andere Beschäftigung war die Unterstützung des Hydrobiologen Fabian Schwarz von der Nationalparkverwaltung bei Arbeiten im Rahmen des Fließgewässermonitorings. „Bei einem Termin im Juli unterstützten wir ihn bei der Bestimmung von Arten des Makrozoobenthos, der mit bloßem Auge gerade noch erkennbaren, wasserbewohnenden wirbellosen Tiere, in der Warmen Bode nahe Braunlage“, berichtet Oliver. Der Biologe entnahm dazu mit einem Kescher Proben mit diesen kleinen Lebewesen aus dem Fluss. „Der Sinn dieser Probennahme ist die Bestimmung der Artenvielfalt und daraus abgeleitet der Qualität des Fließgewässers“, sagt Oliver. „Die Unterstützung bei diesen Arbeiten hat nicht nur deshalb Spaß gemacht, weil man die Gelegenheit hatte, einen Wissenschaftler zu begleiten und von ihm zu lernen, sondern auch, weil es so möglich war, die Naturbereiche abseits der Wege kennenzulernen, die der Allgemeinheit sonst unzugänglich sind.“

Es ist üblich, dass alle Commerzbank-Umweltpraktikanten auch ein kleines eigenes Projekt planen und umsetzen. Oliver bereitete eine Exkursion zu einem speziellen Thema vor, bei der er sein Wissen aus dem Studium einbringen konnte. „Meine Bachelorarbeit zur Harzvergletscherung während der letzten Eiszeit kam da sehr gelegen, da relativ zum Ende meiner Praktikumszeit der deutschlandweite Tag des Geotops am 18. September stattfand.“ Er bereitete eine Wanderung durch das Odertal im Nationalpark Harz mit dem Titel „Auf den Spuren der Harzgletscher“ vor. „Die Gletscher-Thematik bildete den Schwerpunkt, da diese für das Gebiet des Harzes bisher noch vielen unbekannt ist. Für mich war diese Wanderung die erste Gelegenheit, mein eigentliches Fachgebiet außenstehenden Menschen ohne Vorkenntnisse nahezubringen.“

Es liege nahe, findet Oliver, dass die meisten Menschen, die sich für das Commerzbank-Umweltpraktikum entscheiden, später im Bereich Umweltbildung, Forst, Naturschutz oder verwandten naturwissenschaftlichen Bereichen tätig werden wollen. „Ich kann es jedoch auch jedem anderen sehr empfehlen, da die Fülle an Wissen und Erfahrungen, die man sammelt, alles übersteigt, was man sich im Studium sonst in der Theorie aneignen kann. Die Bildung in der Umwelt ist gerade deshalb auch für vermeintlich Fachfremde geeignet, da sie sehr interdisziplinär ist und auf diese Weise jeder die Möglichkeit hat, seine Expertise einzubringen“.