Harz. Viele Fahrten werden damit billiger. Fahrplanexperte Michael Reinboth kritisiert jedoch die Darstellung der neuen HarzBus-Fahrpläne.

Es war eines der zentralen Wahlversprechen, das der Göttinger Landrat Bernhard Reuter gegeben hatte, ein Fünf-Euro-Ticket für Fahrten – egal wohin in den Landkreisen Göttingen, Northeim und Holzminden (wir berichteten).

Michael Reinboth von der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ stellte jetzt heraus, dass im Zusammenhang mit dem Fünf-Euro-Ticket immer nur vom Bus gesprochen werde, bei dem das Reisen billiger wird. Aber man habe einen Verkehrsverbund für Bus und Bahn und das Angebot gelte, wie alle anderen angesprochenen Vergünstigungen, auch im Zug. „Sonst brächte es ja fast gar nichts! Gerade die weiten Entfernungen sind die, welche man mit dem Zug ziemlich schnell zurücklegt und die dann auch nur noch 5 Euro kosten. Im Nahbereich, wo vorwiegend der Bus genutzt wird, bringt das Ticket nur bedingt etwas, weil die unteren Tarifstufen ja so bleiben wir vorher“, erklärt er.

Auch Michael Frömming, Geschäftsführer des Zweckverbandes Verkehrsverbund Südniedersachsen, bestätigt: „Das Fünf-Euro-Ticket gilt für den Bus und alle Züge im VSN.“

Kritik an HarzBus: „Fahrpläne sind gut, aber Darstellung ist schlecht“

Indes treibt die Verkehrsexperten noch ein anderes Thema um. „Es ist wie so oft im Westharz: Es werden gute Fahrpläne gemacht, aber man verkauft sie schlecht, weil man größere Geldausgaben für die Darstellung und Vermarktung scheut und sich ausschließlich auf die digitalen Medien verlässt. So kommt es, dass die Fahrgäste gerade bei umfangreichen Änderungen nicht klarkommen und der Ruf des ÖPNV unverdientermaßen leidet.“ Derart kritisch äußert sich Dr. Friedhart Knolle vom BUND Westharz und meint, in einer Tourismusregion müsse man mehr tun, um den Kunden in die Busse zu locken.

Michael Reinboth, auch Fahrplanexperte beim BUND und wie viele seiner Mitstreiter für eine bessere Nutzung von Bahn und Bus im Harz, verfolgt die aktuelle Debatte um die neuen HarzBus-Fahrpläne mit großem Interesse. Seit Jahren hat sich Reinboth der Verbesserung der Darstellung gerade des Busverkehrs im Harz verschrieben und erlebt nach eigenen Aussagen immer wieder, wie gute Ansätze an unflexiblen technischen Systemen und fehlendem Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden zwar nicht scheitern, aber doch leiden.

Faltblätter reichen nicht

„Sowohl der Regionalverband Braunschweig als auch der Zweckverband ZVSN in Göttingen haben schon vor Jahren die Herausgabe von Fahrplanbüchern oder Fahrplanheften eingestellt – zu geringe Nachfrage, hieß und heißt es unisono. Stattdessen sollten es Faltblätter für jede einzelne Linie und, natürlich, die elektronische Auskunft richten, da heute jeder über ein Smartphone oder ähnliches verfügt und sich die nächste Verbindung so schnell ziehen kann.

Der Haken bei der Sache: In einem Faltblatt lässt sich eben aufgrund der heutigen unflexiblen Systeme nur genau eine Linie darstellen“, bemängelt Reinboth. Gebe es zwischen A und B mehrere Linien, brauche man auch mehrere Faltblätter. Durchgehende Fahrten über mehrere Linien hinweg ließen sich, wenn überhaupt, nur mit Tricks darstellen. „Der geneigte Kunde, der Urlaubsgast zumal, ist hoffnungslos überfordert, wenn er sich die Faltblätter bei den Informationsstellen oder gar beim Zustieg im Bus zusammensuchen muss.“

Am Beispiel von Bad Harzburg – Braunlage – Sankt Andreasberg – Wieda – Zorge – Bad Sachsa macht er die Problematik sichtbar. Reinboth nimmt dabei den HarzBus mit guten Fahrplänen aus der Schusslinie.

Die zuständige KVG habe alle Fahrten von Bad Harzburg in den Harz und rund um Braunlage unter der Nummer 820 zusammengefasst. Das sei gut für die Darstellung durchgehender Fahrten, da der Computer ja nur diese eine Liniennummer kennt, aber weniger gut für die Darstellung, die enorm aufgebläht werde, und auch für den Kunden, der eine „820“ herannahen sieht, vergnügt einsteigt, um zum Torfhaus zu gelangen, und am Sonnenberg merkt, dass diese „820“ nach St. Andreasberg fährt. Wieder anders sehe es zwischen Bad Sachsa und Braunlage aus.

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Als weitere Beispiel nennt Reinboth die zwei Linien, die 470 und die 472, eine über Zorge, die andere über Wieda. In den Ferien und am Wochenende überlagern sich nach seinen Aussagen die Fahrten dieser beiden Linien zu einem dichten Gesamtangebot. Nur merke es keiner, weil er hierfür zwei Faltblätter nebeneinander legen müsste, um zu erkennen, dass er in Stunde A über Wieda nach Braunlage kommt und in Stunde B über Zorge.

Wichtige Angaben fehlen

„Auch hier würde eine Gesamtdarstellung beider Linien helfen, die aber eben auch Geld kostet und überdies dem Computer nicht so ohne weiteres entlockt werden kann.“ Noch ein Beispiel führt Reinboth an: An den Haltestellen werde stets nur der Plan der Linie ausgehängt, die dort fährt – und da fehlten dann Angaben über weitergeführte Fahrten und umsteigefrei erreichbare Ziele. Gerade an den Busbahnhöfen von Goslar oder Clausthal-Zellerfeld sowie an von Urlaubern gern genutzten Haltestellen wäre dies aber dringend geboten. „In einer Tourismusregion muss man mehr tun, um den Kunden in die Busse zu locken. Das 08/15-Programm reicht nicht aus. Selbst Einheimische haben Probleme. Wie soll sich da ein der Harzer Geographie nicht mächtiger Gast zurechtfinden?“, fragt Reinboth.

Solange die Aufgabenträger hier keinen zusätzlichen Aufwand betreiben, werde es so bleiben: Fahrpläne gut, Darstellung schlecht – und vom Start der neuen Pläne an Hypotheken, die nur mit Mühe abgetragen werden könnten.

Reinboth bleibt dabei: „Die Fahrpläne sind, wenn man von einigen ärgerlichen, aber abstellbaren Fehlern absieht, gut gelungen. Sie sind besser als alles, was wir hatten. Nur kommt das nicht richtig rüber.“ Er hat im Rahmen der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ nicht nur das große Harz-Kursbuch, sondern auch kleine Fahrplanhefte für Kommunen herausgegeben bzw. entwickelt. „Die sind mit Excel erstellt. Das macht viel Arbeit, aber man kann auf Besonderheiten besser eingehen als mit den Standardprogrammen.“ Seine Hilfe, so der Walkenrieder, könne man in Anspruch nehmen – ehrenamtlich, wie es sich gehört.