Berlin. Rund 600.000 Euro Schaden sollen durch einen untätigen Beamten entstanden sein. Doch schuld sei wohl ein anderer: der Bürgermeister.

Fürs Nichtstun bezahlt werden? Für viele Millionen Arbeitnehmer in Deutschland ist das wohl ein wiederkehrender Tagtraum. Doch für einen Beamten im Westerwald ging er in Erfüllung. Über fünf Jahre lang soll der Mitarbeiter der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain in Rheinland-PfalzGehalt bezogen haben – ganz ohne zu arbeiten. Laut einem Gutachten der Kommunalaufsicht des Kreises Altenkirchen, über das mehrere Medien berichten, sei der leitende Beamte für diese gesamte Zeit im Homeoffice gewesen, für das ihm niemand eine Aufgabe zuwies.

Wie die Kommunalaufsicht in einer Mitteilung schreibt, die unter anderem dem SWR vorliegt, hatte sie den Fall wochenlang geprüft und sei zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen: Der Schaden für die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain durch den untätigen Beamten beläuft sich auf 600.000 Euro. Demnach setze sich die Summe sowohl aus dem Gehalt als auch aus weiteren Kosten, wie der Krankenversorgung sowie Pensionsansprüchen zusammen. Zuvor war nur von einer Schadenssumme von rund 360.000 Euro die Rede, die noch nicht die zusätzlichen Leistungen berücksichtigte.

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Betzdorf-Gebhardshain: Ungereimtheiten fielen bei Routineprüfung auf

Der Kommunalaufsicht zufolge war der Beamte auf Anweisung des Bürgermeisters Bernd Brato (SPD) im Homeoffice. Deshalb müsse Brato sich für den Schaden verantworten, nicht aber der Beamte. Der habe nur seine Dienstpflicht verletzt, was man ihm rechtlich nicht zur Last legen könne. Der Bürgermeister dagegen habe diese Dienstpflichten schuldhaft verletzt. „Der Bürgermeister hat den Schaden auszugleichen“, so die Kommunalaufsicht.

Dass etwas nicht stimmte, soll bei einer Routineprüfung durch das Rechnungs- und Gemeindeprüfungsamt beim Landkreis Altenkirchen aufgefallen sein. Als die Ungereimtheiten nicht aufgeklärt werden konnten, wurde die Kommunalaufsicht eingeschaltet, die jetzt ihr 50-seitiges Gutachten vorlegte. Für die Prüfung wurden mehrere Mitarbeiter sowie der Bürgermeister befragt.

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Mögliche Schadenseratzforderungen müssen vom Gemeinderat beschlossen werden

Ob auch wirklich Schadensersatz gefordert wird, müsse nun der Verbandsgemeinderat entscheiden. Entsprechende Ansprüche könnten allerdings vom Gemeinderat nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder erlassen werden. Ein Erlass ist nach Hinweis der Kommunalaufsicht nur in engen Grenzen möglich. Bürgermeister Brato sowie sein erster Beigeordneter wollen derzeit von einer Stellungnahme absehen, wie der Beigeordnete in einer eigenen Pressemitteilung schreibt.

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