Ehmen. Auf 63 Hektar an der Bahnstrecke ganz im Westen von Wolfsburg plant ein Investor Freiflächen-Photovoltaik. Der Ortsrat hat dazu eine klare Position.

Nach Sülfeld war nun Ehmen an der Reihe: Die Energiekontor AG hat ihre Pläne vorgestellt, auch dort einen Solarpark zu bauen – entlang der Weddeler Schleife. Wegen Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist die Ausgangslage entlang der Bahnlinie durchaus günstig. Und würde auch eher zu den Vorstellungen der Verwaltung in puncto Freiflächen-Solar passen als in Sülfeld. Dazu hat die Stadt nämlich just einen Grundsatzbeschluss vorgelegt.

Anders als im Ortsrat Fallersleben/Sülfeld kamen die Solarpark-Pläne im Ortsrat Ehmen/Mörse am Dienstagabend überaus gut an. Ein gutes Dutzend Bürger verfolgte die Sitzung in der städtischen Kita am Gutspark. Und es ist davon auszugehen, dass unter ihnen einige Grundstückseigentümer von Flächen für das Solarprojekt waren.

Geplante Solarflächen in Ehmen entlang der Bahnstrecke

Das ist geplant: Drei Bereiche westlich der Ehmer Ortslage hat der Investor als Potenzialflächen ausgemacht. Sie grenzen direkt östlich an die Bahnstrecke. Würden diese Flächen realisiert, würde dafür eine Gesamtfläche von zirka 63 Hektar beansprucht. Über ein Erdkabelsystem sollen die Anlagen verbunden werden und könnten eine maximale Gesamtleistung von 75 Megawatt Peak (MWp) erreichen – das ist die Bezeichnung für die maximale Leistung von Solarkraftwerken.

Die Freiflächen-Solaranlagen ohne Fundament mit einer in den Boden gerammten Unterkonstruktion wären „aus Ehmen nicht einsehbar“, erklärte Projektleiterin Leyla Olberding. Bei den Grundstücken handele es sich „im Wesentlichen“ um Vorbehaltsflächen für die Landwirtschaft. Man befinde sich wie in Sülfeld in den letzten Zügen der vertraglichen Einigung mit den Grundstückseigentümern.

Flächen-Bedeutung für Landwirtschaft und Natur fraglich

Der große Unterschied zum Flächensolar-Projekt im benachbarten Sülfeld: In Ehmen sollen Flächen genutzt werden, die sich an den zur politischen Beratung vorgelegten Vorgaben der Verwaltung orientieren, die sich wiederum auch im EEG finden: Vorrangig soll der PV-Ausbau im Außenbereich unter anderem auf „Flächen entlang von Autobahnen und mindestens zweigleisigen Bahnlinien“ erfolgen. Das würde passen: Das zweite Gleis der Weddeler Schleife ist im Bau. Fraglich ist jedoch, ob die Grundstücke besondere Bedeutung für Landwirtschaft, Natur, Klima oder Erholung haben. Dort will die Stadt nämlich Freiflächen-PV ausschließen.

Jedenfalls gilt ein Teil der Flächen als privilegiert nach dem EEG – alles innerhalb eines Streifens von 200 Metern bis zur Bahnstrecke. „Wir bräuchten für den privilegierten Bereich keine Bauleitplanung, nur eine Baugenehmigung“, erläuterte Leyla Olberding. Denkbar wäre, zunächst diese Flächen zu erschließen – oder gleich alles.

Energiekontor AG zeigt auch Potenzialfläche im Bereich Calberlah

In der Präsentation eingeblendet wurden auch die vier Potenzialflächen für Sülfeld, inklusive einer markierten Fläche direkt neben der westlichen Wolfsburger Stadtgrenze, nahe dem 2011 abgebrannten früheren Sülfelder Schweinestall. Dabei handelt es sich um einen Bereich in der Gemeinde Calberlah, wo der Investor ebenfalls einen Solarpark plant. Im Ortsrat Fallersleben/Sülfeld war ein „interkommunaler Park“ genannt worden.

„Wir wollen das partnerschaftlich entwickeln“, versicherte die Projektleiterin, „mit Unterstützung der lokalen Wirtschaft.“ Nach Ausgleichsflächen müsse man ohnehin gemeinsam mit der Stadt schauen. Aus der landwirtschaftlichen Nutzung würden die Flächen herausgenommen, „es wäre dann extensives Grünland“. Auf Nachfrage hieß es, dass dort Blühstreifen denkbar wären. Doch was zwischen den großflächigen Solarmodulen tatsächlich gedeihen würde, ist unklar.

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Ortsrat Ehmen/Mörse reagiert fast überschwänglich

Der skizzierte Zeitplan ist mit dem für Sülfeld identisch: Fürs zweite und dritte Quartal 2023 sind die vertragliche Einigung mit den Landbesitzern und die Projektvorstellung in den politischen Gremien geplant. Fürs erste Quartal 2024 wird der Start der Bauleitplanung mit frühzeitiger Bürgerbeteiligung angestrebt und fürs dritte Quartal 2025 deren Abschluss. Erst 2026 könnte der Solarpark dann gebaut, ans Netz angeschlossen und in Betrieb genommen werden – wenn alles nach Plan läuft.

Projektentwickler Hans Schmidt wies auf das niedersächsische Klimaschutz-Ziel hin, 0,47 Prozent der Landesfläche für Freiflächen-PV auszuweisen. Umgerechnet bedeutet das, dass etwa 96 Hektar des Wolfsburger Stadtgebiets für Freiflächen-Solar bereitgestellt werden sollen; so steht es auch im frisch vorgelegten Grundsatzbeschluss der Stadt zu Freiflächen-PV.

Die Ortsratsmitglieder reagierten fast überschwänglich auf die Solarpark-Pläne, einigen könnte es damit gar nicht schnell genug gehen. Zwar meinte Ortsbürgermeister Peter Kassel (CDU), dass er die Haltung der Verwaltung dazu bisher nicht kenne – obwohl der Grundsatzbeschluss-Vorschlag seit kurzem vorliegt. Doch nach kurzer Verständigung erklärte er für den Ortsrat zu den Plänen: „Die nehmen wir zustimmend zur Kenntnis. Alles, was wir tun können, tun wir.“

Stadt Wolfsburg legt Grundsatzbeschluss vor

Die Stadtverwaltung hat wie angekündigt einen Grundsatzbeschluss zur Planung von Freiflächen-Photovoltaik erarbeitet, damit die Stadt gegenüber Investoren eine einheitliche Position einnimmt. Am 28. Juni soll der Rat der Stadt entscheiden.

„Die Stadt Wolfsburg unterstützt den Ausbau erneuerbarer Energien als wichtigen Baustein für die Energiewende“, heißt es in der Beschlussvorlage zuallererst. Der Schwerpunkt des PV-Ausbaus soll auf bereits versiegelten Flächen sowie Flächen auf oder an einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand sowie anderen baulichen Anlagen im Innen- und Außenbereich liegen.

Wildwuchs bei Freiraum-Nutzung soll vermieden werden

Die Freiraum-Nutzung soll begrenzt werden, Raumnutzungskonflikte sollen vermieden werden. Zur Orientierung soll das definierte niedersächsische Klimaschutz-Ziel dienen, wonach 0,47 Prozent der Landesfläche als Gebiete für Freiflächen-PV auszuweisen sind. Umgelegt auf Wolfsburg bedeutet das die Ausweisung von rund 96 Hektar im Stadtgebiet.

Zur Planung und Genehmigung soll die Stadt als Träger der Bauleitplanung einigen Grundsätzen folgen: Freiflächen-Solar soll vorrangig unter anderem auf Flächen mit Bodenbelastungen, an Autobahnen und mindestens zweigleisigen Bahnlinien sowie auf Brachen erlaubt werden. Ausgeschlossen werden soll das unter anderem auf Flächen mit besonderer Bedeutung für die Landwirtschaft oder für Natur, Klima und Erholung.

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