Braunschweig. Mindestens zwei Gruppen wollen in Braunschweig „Cannabis Clubs“ gründen. Sie könnten bei neuer Gesetzgebung Marihuana an Mitglieder abgeben.

Mit der Ankündigung eines Legalisierungsmodells für Cannabis (hier gemeint: „Marihuana“) haben in Braunschweig gleich zwei Gruppen angekündigt, einen „Cannabis Social Club“ gründen zu wollen.

Nach dem vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten, nicht abgestimmten Gesetzesentwurf soll noch in diesem Jahr der Besitz von 25 Gramm Cannabis straffrei werden. Abseits davon werden drei weibliche Cannabispflanzen für den Eigenanbau erlaubt. Die Abgabe erfolgt zunächst über nicht-gewinnorientierte Vereine, sogenannte Cannabis Social Clubs (CSC). Die Clubs dürfen an Mitglieder Cannabis aus eigenem Anbau sowie Samen und Stecklinge abgeben. Die Mitglieder müssen mindestens 18 Jahre alt sein und erhalten unter 21 Jahren maximal 30 Gramm pro Monat (sonst 50 Gramm). Für unter 21-Jährige soll zudem der Wirkstoffgehalt begrenzt sein. Hinzu kommen zahlreiche weitere strenge Regeln für die Standorte der Clubs, etwa bei der Sicherung des Vereinsgeländes, Mindestabständen zu Schulen, Kitas und weiteren Einrichtungen, sowie eine Kooperationspflicht mit den Behörden.

Demonstranten und „Bunny’s Store“-Inhaber wollen Vereine gründen

Doch wer könnte in Braunschweig einen dieser Vereine führen? Ein erster Verein könnte aus dem Umfeld der Legalisierungsbefürworter kommen. Sieben von ihnen unterzeichneten kürzlich einen Gründungsantrag. Der Name des Vereins: CSC Brunsweed. Die Unterzeichnung erfolgte am Rande der Legalisierungs-Demo „Global Marijuana March“ (zu deutsch „Weltweiter Marihuana Marsch“), einem Protestspaziergang vom Hagenmarkt zum Museumspark Anfang Mai.

Vorsitzender soll Dirk Nowak werden. Nowak ist in der Stadt bekannt als Schatzmeister der Piratenpartei. Sein Stellvertreter, Benjamin Klein, ehemals Vorsitzender des Vereins Hanffreunde Braunschweig, sieht die Einschränkungen der Legalisierung kritisch. Wo angebaut werde, könne auch geraucht werden, findet Klein. Der Konsum in den Vereinen ist – Stand der Anfang Mai präsentierten Pläne – verboten. Der Verein will zunächst den genauen Gesetzesentwurf abwarten, bevor er weitere Mitglieder aufnimmt oder auf die Suche nach einer geeigneten Fläche zum Cannabis-Anbau geht.

Doch CSC Brunsweed ist nicht allein: Auch Alexander Teichert, Inhaber des „Bunny’s Store“, bekundete gegenüber unserer Redaktion: „Wir sind bereits aktiv dabei, einen Verein zu gründen.“ Sein Geschäft verkauft zurzeit CBD-Produkte, also Cannabis-Produkte ohne oder mit nur geringfügigem Gehalt des rauschverursachenden Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC).

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Der Verein würde wegen seines nicht-kommerziellen Charakters getrennt vom Geschäft laufen, was Teichert jedoch befürwortet: „Dadurch entstehen Vereine, die zusammen die Gesellschaft über Cannabis aufklären und zur Anerkennung der Pflanze beitragen“, so Teichert. Er befürworte, dass durch die non-kommerzielle Legalisierung Großunternehmen nicht das Feld überlassen wird, sondern lokale Initiativen entstehen.

Hanfbar-Fall wird demnächst vor dem Landgericht neu verhandelt

Ein Kenner der Szene sagt unserer Redaktion: „Fast alle Headshops stehen in den Startlöchern, um Cannabis Clubs zu gründen.“ Headshops sind meist kleine Läden, die Wasserpfeifen, Bongs, Vaporizer und sonstiges Zubehör für den Konsum von Cannabis verkaufen: „Da wird schon der Abstand der Ladenlokale zur nächsten Schule geprüft, denn es werden voraussichtlich Mindestabstände der Clubs zu Schulen, Spielplätzen und Sportstätten vorgeschrieben.“

Doch nicht alle Betreiber von Headshops und CBD-Fachgeschäften in der Stadt wollen einen Verein gründen. Für„Koko Grünwaren“sei dies aktuell keine Option, wie Co-Inhaber Fynn Kogerup uns mitteilt. Auch er sieht das Legalisierungsmodell kritisch. Zwar sagt er: „Jede Säule, die dem Schwarzmarkt genommen wird, ist gut“, doch er findet auch: „Man bräuchte eine vollkommene Legalisierung und Regulierung, um dem Schwarzmarkt das Handwerk zu legen.“

Hanfblütentee aus Nutzhanf enthält nur Kleinstmengen an rauscherzeugendem THC, dafür aber Cannabidiol (CBD), das  entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend wirken soll.
Hanfblütentee aus Nutzhanf enthält nur Kleinstmengen an rauscherzeugendem THC, dafür aber Cannabidiol (CBD), das entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend wirken soll. © Braunschweiger Zeitung | Alexander Blum

Die Betreiber der auf CBD-Produkte spezialisierten „Hanfbar“ haben sich bislang nicht auf die Anfrage unserer Redaktion geäußert, ob sie planen, einen Cannabis-Club zu gründen. Die Hanfbar war 2018 in die Schlagzeilen geraten, weil bei mehreren Polizei-Razzien die dort angebotenen Tees aus Nutzhanf konfisziert wurden. Die beiden Betreiber wurden zu mehrmonatigen Haftstrafen auf Bewährung verurteilt, nachdem ein Gutachter attestiert hatte, dass selbst bei minimalem THC-Gehalt die Tees missbraucht werden könnten, um einen Rausch zu erzeugen. Zumindest theoretisch: Dazu müsste man sieben Joints davon in zwei Stunden rauchen oder Tee für mehrere hundert Euro zu Keksen verbacken.

Rechtsgültig sind die Urteile noch nicht. Staatsanwaltschaft und Angeklagte hatten Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies das Verfahren 2021 zur Neuverhandlung zurück ans Landgericht Braunschweig. Dort soll voraussichtlich im kommenden September die Neuverhandlung beginnen. Einer der beiden Betreiber lebt mittlerweile im Ausland, steht aber noch im Impressum als Inhaber. Angeblich wird die Hanfbar mittlerweile als Franchise-Unternehmen betrieben. Das Geschäft ist vor etwa zwei Jahren von der Friedrich-Wilhelm-Straße in die Sonnenstraße umgezogen. Ob oder wie sich die Legalisierungs-Pläne von Cannabis auf den Prozess auswirken, bleibt abzuwarten.

Wird Braunschweig Modellregion für kommerzielle Cannabis-Abgabe?

Zurück zu den Cannabis-Clubs: Auf die Legalisierung über die Vereine soll als zweite Säule mittelfristig auch die kommerzielle Abgabe in Modellregionen folgen. Die Abgabe soll nach Wunsch der Bundesregierung dabei wissenschaftlich begleitet werden.

Erste Städte denken bereits über eine Bewerbung als Modellregion nach: In Münster hat die Politik soeben beschlossen, dass die Stadt sich bewerben soll. Aus der Braunschweiger Stadtverwaltung heißt es dazu: „Bisher gibt es in der Verwaltung keine Überlegungen zum Thema Cannabis-Modellregion, es liegen auch keine Anträge aus der Politik vor.“

Zunächst wäre ohnehin der Regelungsrahmen insbesondere durch das Land Niedersachsen abzuwarten: „Die angestrebten Abstimmungen mit anderen Bundesländern stehen noch aus, ebenso die notwendigen Erlasse des Landes Niedersachsen“, vermeldet die Pressestelle der Stadt.

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