Wolfsburg/Salzgitter. Der VDA beklagt, dass die öffentliche Ladeinfrastruktur dem Anwachsen der Stromerflotte nicht standhält. In Braunschweig sieht es nicht gut aus.

Drei VW-Standorte in Niedersachsen weisen in einer Studie des Verbandes des deutschen Automobilindustrie (VDA) ein gutes Verhältnis von Elektro-Pkw zu öffentlichen Ladepunkten auf. Der Lobbyverband hatte unter anderem diesen Aspekt bundesweit untersuchen lassen. Emden wurde dabei neuer Spitzenreiter. Wolfsburg landete auf Rang 6, Salzgitter auf Platz 13. Braunschweig musste sich mit dem 382. Rang begnügen. Der in der Studie ermittelte T-Wert gibt an, wie viele E-Autos sich einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen müssen.

Braunschweig: Viele Stromer, aber nur wenige öffentliche Ladepunkte

In Emden kommen auf einen Ladepunkt lediglich 5,9 E-Pkw. 160 Ladepunkte für 943 E-Pkw gibt es. Wolfsburg verbessert sich um 13 Plätze und weist jetzt einen T-Wert von 8,9 auf. In der VW-Hauptstadt, die sich als Testlabor für die Elektromobilität versteht, gibt es 9.637 E-Fahrzeuge, die sich 1.077 Ladepunkte teilen. Salzgitters T-Wert beträgt 10,1, der sich aus 1.257 E-Autos und 125 Ladepunkten ergibt. In Braunschweig gibt es zwar mit 10.568 Stromern die meisten E-Autos in der Region, aber laut VDA nur 222 Ladepunkte. So komme ein T-Wert von 47,6 zustande.

„Die Ausbaugeschwindigkeit müsste vervierfacht werden“

Die Gesamtbilanz des VDA fällt kritisch aus. Deutschland habe weiterhin und zunehmend großen Nachholbedarf beim Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur für Elektro-Pkw (E-Pkw). In Deutschland gibt es laut der Studie 80.541 öffentlich zugängliche Ladepunkte (Quelle: Bundesnetzagentur, Stand 1. Januar 2023). Damit kommen aktuell in Deutschland im Durchschnitt 23 E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Beim letzten VDA-E-Ladenetzranking, Stand 1. April 2022, waren es noch 22 E-Pkw, die auf einen Ladepunkt kamen und am 1. Mai 2021 waren es 17 E-Pkw. „Während in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt rund 68.000 E-Pkw pro Monat neu zugelassen wurden, wuchs die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte wöchentlich nur um etwa 540. Um das Ziel von 1 Million Ladepunkten im Jahr 2030, das auch die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten hat, zu erreichen, wären jedoch rund 2.200 neue Ladepunkte pro Woche nötig. Die Ausbaugeschwindigkeit müsste also etwa vervierfacht werden, um das Ziel zu erreichen. Wird das aktuelle Ausbautempo nicht gesteigert, gäbe es in Deutschland im Jahr 2030 gerade einmal rund 310.000 Ladepunkte – also weniger als ein Drittel des angestrebten Ziels“, heißt es in der Auswertung der Zahlen.

In der Hälfte der Gemeinden gibt es gar keinen öffentlichen Ladepunkt

In rund der Hälfte (46 Prozent) aller 10.773 Gemeinden in Deutschland gibt es zudem immer noch keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt. Im Bereich der für den Erfolg der E-Mobilität besonders wichtigen Schnellladeinfrastruktur, die Ladepausen verkürzt, ist die Situation laut VDA noch viel gravierender: In mehr als acht von zehn Gemeinden gibt es nicht einen einzigen Schnellladepunkt.

„Deutschland braucht nun endlich mehr Tempo“

Auch in einem weiteren Punkt sieht der VDA deutlichen Nachholbedarf. Betrachte man die Ladeleistung, die pro Elektro-Pkw zur Verfügung stehe, so ergebe sich auch hier seit der Beschleunigung des Hochlaufs der Elektromobilität 2020 eine fallende Kurve. Gerade einmal 1,3 kW entfielen am 1. Januar 2023 auf einen E-Pkw, am 1. Januar 2020 war es mit 3,5 kW noch gut die zweieinhalbfache Ladeleistung gewesen. Auch bei dieser Betrachtungsweise zeige sich, dass der Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur nicht mit dem Wachstum des E-Pkw-Bestand mithalte. VDA-Präsidentin Hildegard Müller wird dazu mit dieser Aussage zitiert: „Auf Deutschlands Straßen gibt es erfreulicherweise immer mehr E-Autos, circa 1,9 Millionen sind es schon heute und für das aktuelle Jahr erwarten wir, dass rund 765.000 E-Pkw neu zugelassen werden. Es ist wichtig, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit dieser Entwicklung Schritt hält, doch er hinkt nach wie vor hinterher. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist eine der drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland, wurde aber bisher zu sehr vernachlässigt. Deutschland braucht nun endlich mehr Tempo und mehr Entschlossenheit beim Ausbau, damit die ambitionierten Ziele der Bundesregierung – 15 Million E-Autos sowie 1 Million öffentliche Ladepunkte bis 2030 – auch tatsächlich erreicht werden können.“ Um die Ausbaugeschwindigkeit zu erhöhen, seien schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse zentral.

Shell und Volkswagen kooperieren in Göttingen

Shell Deutschland und der Volkswagen-Konzern wollen nun gemeinsam den Ausbau der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität vorantreiben. Am Freitag ging die „erste innovative 150 kW Elli Flexpole-Ladestation“ an einer Shell-Tankstelle in Göttingen in Betrieb. Die Ladesäule der Volkswagen-Marke Elli besitzt ein Batteriespeichersystem, welches den Anschluss an ein Niederspannungsnetz ermöglicht. Dank dieser neuen Technologie können die Ladestationen einfach und flexibel installiert und der Netzausbau beschleunigt werden, so VW in einer Mitteilung. Nach erfolgreichem Testbetrieb wollen Shell und Volkswagen die Flexpole-Ladestation sukzessive auf weitere Länder ausrollen.

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