Braunschweig. Die Okerstricker Braunschweig versorgen Bedürftige mit Strickwaren. Für dieses Engagement sind sie jetzt für den Gemeinsam-Preis nominiert.

Die Auswahl ist riesengroß: Socken in allen erdenklichen Farben und Größen, Mützen, Loopschals, Rollkragen und Handschuhe. Mehr als 200 Strickteile liegen im Hof von Karin Bazan. „Die Okerstricker – mit Liebe gestrickt“ steht auf einer Banderole, die ein rotes Paar Socken in Größe 44 umfasst. Irgendwann werden sie die Füße eines Obdachlosen wärmen. Denn vor allem für sie engagieren sich die 22 aktiven Okerstricker Braunschweig.

Im März 2019 hat sich die Gruppe neu gegründet, Karin Bazan und Ute Krüger waren die Frauen der ersten Stunde. Die Anfänge der Okerstricker reichen aber bis ins Jahr 2017 zurück . Nicht nur aus Braunschweig, auch aus den Kreisen Peine und Gifhorn kommen die Mitglieder. Und sie alle eint die Leidenschaft Stricken und sie einte gewissermaßen auch ein Schicksal: Fehlende Abnehmer. „Ich hatte meine ganze Familie schon vollgestrickt, keiner wollte mehr etwas haben“, sagt Krüger. Die Okerstricker gaben ihrem Hobby einen neuen Sinn. Auch Yvonne Kasperski sagt: „Ich bekomme Wolle, kann stricken so viel ich will, tue etwas Gutes und bin auch noch Teil einer tollen Truppe.“

Im vergangenen Jahr 566 Strickteile für Erwachsene gefertigt, 300 für Neugeborene

Ein Paar Socken der Okerstricker Braunschweig.
Ein Paar Socken der Okerstricker Braunschweig. © Katharina Lohse

Im vergangenen Jahr haben die Okerstricker 566 Strickteile für Erwachsene gefertigt, erzählt Bazan stolz. Ein Großteil ging an den Tagestreff Iglu. Er ist Teil der Diakonischen Gesellschaft Wohnen und Beraten. Obdachlose und von Armut betroffene Menschen bekommen dort Frühstück und ein warmes Mittagessen, können sich ausruhen, die Waschmaschine und den Trockner nutzen oder duschen. Auch die Wohnungslosenunterkunft „An der Horst“, das Projekt „Weihnachten für alle“ und die Bahnhofsmission wurden mit Strickwaren bedacht .

Aber nicht nur das. Als im vergangenen Dezember eine Freundin einen Obdachlosen an einer Bushaltestelle sah, der eine kurze Hose trug und keine Jacke, wurden auch hier die Okerstricker aktiv, erzählt Bazan. Als die Suche nach dem Obdachlosen erfolglos blieb, brachten die Frauen nach einem Spendenaufruf über soziale Netzwerke zahlreiche Schlafsäcke, Isomatten und Winterkleidung zur Bahnhofsmission.

Okerstricker sind auf Woll-Spenden angewiesen

Ein Herz haben die Strickerinnen auch für Neugeborene. Im vergangenen Jahr haben sie zusätzlich zu den Strickwaren für Erwachsene 230 Mützchen und 70 Paar Söckchen für die Neugeborenenstation im Krankenhaus Marienstift gestrickt. Bazan wurde Oma und ist auf das Problem aufmerksam geworden, dass viele werdende Eltern Mützchen vergessen, wenn sie zur Entbindung ins Krankenhaus kommen. „Wir machen sie aus den Wollresten“, erzählt Bazan fast als wäre es eine Nebensächlichkeit. In diesem Jahr haben die Frauen bereits hundert Mützchen und Söckchen gestrickt. Und sie haben 50 Socken für die Mitarbeiter der Corona-Station des städtischen Krankenhauses gestrickt – „als Anerkennung“, sagt Bazan. Für die Strickerinnen selbst ist es die größte Freude, wenn sie ihre Strickwaren an Menschen wiedersehen. Susanne Krüger sagt: „Es macht mich stolz, wenn ich meine Mütze auf einem Babyfoto in der Zeitung sehe.“

Angewiesen sind die Okerstricker für ihr Engagement auf Wollspenden. In der Wollboutique in Braunschweig sowie bei Wollrausch und Zick-Zack in Wolfenbüttel stehen Boxen, in die Spenden gelegt werden können. Am liebsten sollte die Wolle einen Anteil von 75 Prozent Schurwolle und 25 Prozent Acryl haben. „Die ist strapazierfähig und kann in der Waschmaschine gewaschen werden“, sagt Bazan. Für die Obdachlosen, die im Tagestreff Iglu waschen können, sei das wichtig.

Das vergangene Jahr mit Corona hat auch die Gruppe beeinflusst. Auch wenn jeder für sich zu Hause strickt, treffen sich die Frauen normalerweise in unterschiedlicher Besetzung alle zwei Wochen bei Bazan. Das ist vorerst ausgesetzt. „Die Treffen sind auch ein Grund, warum wir es gerne machen“, sagt Bazan. „Es ist eine schöne Gemeinschaft. Man lernt nette Menschen kennen, die man sonst vielleicht nie getroffen hätte.“ Besonders großen Zuwachs an Strickerinnen haben die Okerstricker im vergangenen Corona-Jahr nicht bekommen. Aber, so Kasperski: „Wir haben sehr viel mehr Sachen gestrickt.“

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