„Wer zündelt, will nicht reden, sondern die eigene Entfremdung zum Ausdruck bringen. Dabei wird die Gefährdung Unbeteiligter in Kauf genommen.“

Wahrscheinlich war es naiv, zu glauben, Corona hätte Fans und Funktionäre demütiger gemacht. Was sind schon drei Punkte gegen den Rivalen, wenn das Leben wieder mehr Normalität bereithält. War ein Trugschluss. Einige Unverbesserliche fallen schneller, als die Infektionszahlen sinken können, in alte Muster zurück. Zurück in der Kurve wird gezündelt, als ob es kein Morgen gäbe. Beim Spiel zwischen Schalke und St. Pauli sollen 144 Bengalos in 90 Minuten gebrannt haben. Wenn der Leiter der Koordinationsstelle Fan-Projekte das als „emotionalen Überschuss“ nach der Pandemie bezeichnet, mag das für den Moment zutreffen, geht allerdings am Kern des Problems vorbei.

Wer Pyro-Technik abbrennt, demonstriert Ungehorsam, der offensichtlich vom Umfeld toleriert wird. Es ist aber auch der Ausdruck für einen Nicht-Dialog zwischen Fans und Verein, obwohl doch das Gegenteil gewollt ist. So ist die Installierung eines Fan-Beauftragten in der 1. und 2. Liga keine Kür, sondern Pflicht und Baustein bei der Lizenzvergabe. Daher fragt man sich: Warum wurde die Pandemie nicht zum Innehalten und zum Austausch genutzt, warum wurden grundsätzliche Probleme vieler Fans mit der Kommerzialisierung des Sports offenbar nicht ausreichend thematisiert? Es ist nur zu mutmaßen, dass den Vereinen der Schuh an der ein oder anderer Stelle noch mehr drückte. Fatal. Pyros sind ein Selbstzweck geworden. Wer zündelt, will nicht reden, sondern die eigene Entfremdung zum Ausdruck bringen. Dabei wird die Gefährdung Unbeteiligter in Kauf genommen. Es muss im Sinne der Vereine sein, hier Lösungen, aber auch Grenzen aufzuzeigen. Das wird sich auszahlen. Denn auch die Rechnungen für ausgesprochene Geldstrafen können zur Belastung werden.