„Ein starkes Europa, das sich in der Kampagne gegen den Terror zusammenschließt, würde auf die Zustimmung vieler Bürger stoßen.“

Haben wir uns zu sicher gefühlt? Haben wir die Gefahr von Anschlägen gar verdrängt? Die Terror-Attacke nahe des weltberühmten Straßburger Weihnachtsmarkts macht deutlich, dass das Risiko nicht aus der Welt ist. Der Schlüssel für eine Bekämpfung des Terrors ist eine stärkere europäische Vernetzung. Dies ist zunächst eine Frage gemeinsamer Standards. So wird der Attentäter von Straßburg, ein Franzose mit nordafrikanischen Wurzeln, nur in Frankreich als potenzieller islamistischer Gewalttäter geführt. In Deutschland, wo er 2016 und 2017 eine Haftstrafe wegen schweren Diebstahls verbüßt hatte, ist er nur als Krimineller bekannt. Eine mit Islamisten gefütterte Datenbank, auf die alle EU-Staaten Zugriff haben, gibt es nicht.

Bereits bei der Speicherung der Informationen sind die Unterschiede zwischen einzelnen Ländern gewaltig. So umfasst die Gefährder-Datei in Frankreich insgesamt 26.000 Personen – Verdächtige, die eine Gewalttat begehen könnten. Darunter befinden sich rund 10.000 Islamisten, der Rest verteilt sich auf Rechts- und Linksex­tremisten sowie Schwerkriminelle. In Deutschland haben die Behörden hingegen gezielt 774 islamistische „Gefährder“ im Auge, denen jederzeit ein Anschlag zugetraut wird.

Informationen bei Terrorverdacht müssen automatisch weitergeleitet werden. Hier bedarf es dringend einer europaweiten Systematisierung. Bislang erfolgt der Austausch von Daten meistens auf Anfrage eines Landes. Mehr Kooperation im Sicherheitsbereich würde sich auch politisch lohnen: Ein starkes Europa, das sich in der Kampagne gegen den Terror zusammenschließt, würde auf die Zustimmung vieler Bürger stoßen. Die EU könnte neue Zugkraft bekommen. Nationale Eigenheiten und gelegentlich auch Eifersüchteleien stehen dem bislang noch entgegen. Doch der Anschlag von Straßburg sollte ein Weckruf sein.