Braunschweig. Krisenstab-Chef: Impfungen laufen trotz Ausfällen „stabil“. Schulöffnungen will das Land strenger handhaben als der Bund vorschreibt.

Während die Zahl der Corona-Hotspots in Niedersachsen weiter steigt – inzwischen weisen 33 von 45 Landkreisen und Städten mehr als 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen auf – sieht Niedersachsens Landesregierung das Land auf einem „stabilen“ Weg. Die 7-Tage-Inzidenz mittwochs schwankte in den zurückliegenden Wochen um den Wert 125. „Das heißt, die ergriffenen Maßnahmen wirken – bis hierher“, sagte der Leiter des Corona-Krisenstabes der Landesregierung, Heiger Scholz, am Dienstag in Hannover.

Auch in den Krankenhäusern sei die Situation „stabil“. 325 Corona-Patienten werden derzeit nach Angaben des Landes auf Intensivstationen behandelt, 215 beatmet. „Diese Zahl wird weiter wachsen“, so Scholz. Die Lage sei ernst. „Wir rechnen aber nicht damit, dass es zu einer Überlastung der Kapazitäten kommt.“

Niedersachsen unterm Schnitt bei Erstimpfungen

Bei den Erstimpfungen indes liegt Niedersachsen derzeit unter dem Bundesdurchschnitt. „Das ist nach wie vor so und eine sehr ärgerliche Situation“, sagte Scholz. Es liefen „intensive Gespräche“ mit den Impfzentren der Landkreise und kreisfreien Städte über die Gründe dafür. Einige Kommunen hätten auf Rückstände beim Melden von Impfungen verwiesen. Rund 20 Prozent der Menschen nähmen wegen des Impfstoffes Astrazeneca Abstand von einer Impfung. Daher, berichtete Scholz, seien einige Zentren dazu übergegangen, „Überbuchungen“ vorzunehmen, so wie Fluglinien dies bei der Belegung von Flugzeugen tun.

Täglich werden in Niedersachsen rund 35.000 Menschen geimpft. Von den Impfstoffdosen, die Deutschland geliefert bekommt, geht etwa jede zehnte nach Niedersachsen – derzeit rund 220.000 pro Woche. Auch wenn es zuletzt bei den Lieferungen des Moderna-Impfstoffs zu Ausfällen kam, rechnet Krisenmanager Scholz damit, dass die vom Bund gelieferten Mengen bis Ende Juni „stabil“ bleiben. Deutlich steigen sollen indes die Lieferungen an Arztpraxen. Prognosen des Bundesgesundheitsministeriums zufolge erhält Deutschland im Juni 3,5 Millionen Impfstoffdosen pro Woche, derzeit sind es 2 Millionen.

Prognose: Herdenimmunität im Herbst

Heiger geht davon aus, dass bis Ende Juni 60 Prozent der Niedersachsen geimpft sind. Bis zu einer „Herdenimmunität“ von 80 Prozent werde es aber voraussichtlich noch bis in den Herbst dauern. In Niedersachsen stehen derzeit rund 350.000 Menschen auf den Wartelisten der Impfzentren. Die Wartezeit hängt nach Angaben des Gesundheitsministeriums von der gelieferten Impfstoffmenge und der Zahl der Wartenden im jeweiligen Impfzentrum ab.

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Derzeit werden Angehörige der Prioritätsgruppen 1 und 2 geimpft: Menschen ab 70, bestimmte Berufsgruppen und Menschen mit schweren Erkrankungen. Am kommenden Montag, 26. April, wird die Vergabe von Impfterminen für alle über 60-Jährigen geöffnet.

Vorsichtige Linie beim Thema Präsenzunterricht

Bei der Öffnung von Schulen will Niedersachsen auch künftig zurückhaltender agieren als es der Entwurf des Bundesinfektionsschutzgesetzes vorsieht. Die „Bundesnotbremse“, die der Bundestag voraussichtlich diese Woche beschließt, sieht vor, dass alle Schulen ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100 in den Wechselunterricht gehen. Ab dem Wert 165 darf kein Präsenzunterricht mehr stattfinden. „In Niedersachsen gehen wir jetzt schon weit darüber hinaus“, betonte Regierungssprecherin Anke Pörksen. Wenn an drei aufeinanderfolgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz über 100 liegt, wechseln die weiterführenden Schulen in Niedersachsen in den reinen Distanzunterricht. Ausnahmen werden nur für Abiturienten sowie Abschlussjahrgänge an Haupt- und Realschulen gemacht. „Wir wollen diese sehr vorsichtige Linie mit der 100er-Inzidenz an weiterführenden Schulen nicht aufgeben“, sagte Pörksen.

Sie möchte dies aber nicht als Distanzierung von den Vorschriften im Bund verstanden wissen: „Wir haben immer großen Wert darauf gelegt, dass die Schulen, wenn wir es verantworten konnten, offen bleiben und zumindest teilweise Präsenzunterricht anbieten, weil wir es für wichtig erachten, dass die Kinder die Möglichkeit haben, sich mit anderen zu treffen und vor Ort zu lernen.“ Gleichwohl seien die neuen Virusvarianten auch für Jugendliche eine Gefahr, der man in Hochinzidenzkommunen nicht durch Testen allein beikomme.