Hannover. Auch wenn die Bundes-Notbremse eine großzügigere Praxis erlaube, will Niedersachsen an den bestehenden Regeln für Schulschließungen festhalten.

Niedersachsen will vorerst an den bestehenden Regeln für Schulschließungen in der Corona-Krise festhalten, auch falls die geplante Bundes-Notbremse wie angekündigt eine großzügigere Praxis erlaubt. Dies bedeutet, dass Schulen wie bisher ab einer Inzidenz von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen weitgehend ins Distanzlernen wechseln, teilte das Kultusministerium in Hannover am Mittwoch mit.

„Distanzlernen“ gilt weiter

Ein Sprecher des Kultusministeriums sagte unserer Zeitung: „Zunächst gilt einmal die aktuelle Einstufung in Niedersachsen weiter: Unter Inzidenz 100 befinden sich alle Schülerinnen und Schüler nach Szenario B in kleinen Gruppen abwechselnd im Präsenzunterricht und Homeschooling.“

Über 100 greife Szenario C mit reinem Distanzlernen zu Hause – außer für Grundschulen, Förderschulen geistige Entwicklung sowie Abschlussklassen (in Jahrgang 9,10 und 13). Diese würden weiter nach Szenario B unterrichtet. „Wir sind mit dem aktuellen Verfahren bisher gut gefahren. Die Inzidenzstufe 100 und Ausnahme für Grundschulen, Förderschulen geistige Entwicklung sowie Abschlussklassen hat es zum einen möglich gemacht, die Schulen nach dem Winter-Lockdown schrittweise wieder für möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu öffnen und weitere Schülerinnen und Schüler in den Präsenzunterricht in die Schulen zu holen“, so der Sprecher. Zum anderen sei die Stufe 100 im Rahmen des Gesamtmaßnahmenpaketes ein gutes Instrument, um bei steigender Inzidenzzahl in einer Region auch in Schule Kontakte zu reduzieren.

Schulschließungen in der Bundes-Notbremse

Die Bundes-Notbremse soll Schulschließungen nach bisherigem Stand erst ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von 200 verbindlich vorschreiben. „Bei einer Inzidenz über 200 soll der Präsenzunterricht in Schulen und die Regelbetreuung in Kitas untersagt werden. Mögliche Ausnahmen: Abschlussklassen und Förderschulen“, heißt es zur „Bundeseinheitlichen Notbremse bei hohen Infektionszahlen.“ Niedersachsen wird die eigene, striktere Praxis, aller Voraussicht nach in seiner neuen Corona-Verordnung, die von Montag an gelten soll, für weitere drei Wochen festschreiben.

Testpraxis: Erste Rückschlüsse erst in wenigen Wochen möglich

Die an Niedersachsens Schulen gerade angelaufene systematische Teststrategie werde allerdings auch beobachtet und analysiert, sagte ein Kultusministeriumssprecher. Erste Rückschlüsse, auch mit Blick auf eine möglicherweise großzügigere Öffnungspraxis, seien aber erst in etwa drei Wochen verlässlich möglich, wenn sich die Testpraxis eingespielt habe. Der FDP-Landtagsabgeordnete Björn Försterling kritisierte die aktuellen Schnelltest-Lieferungen an Schulen. Die Schulen in Niedersachsen hätten in zahlreichen Lieferungen keine abgepackten Einzeltests enthalten, sondern große Pakete mit jeweils 25 Tests in ihren Einzelbestandteilen.

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Schnelltest vor Schulbesuch

Schüler, Lehrer und sonstiges Schulpersonal ist seit Wochenbeginn dazu verpflichtet, zweimal wöchentlich vor Schulbesuch einen Selbsttest vorzunehmen. Dazu hat das Land Millionen von Testkits beschafft, die an die Schüler ausgehändigt werden. Die Testpflicht wurde in die Corona-Verordnung des Landes aufgenommen.

Schulen erst bei Überschreitung eines Inzidenzwertes von über 200 schließen - es gibt Kritiker

Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) forderte die Landesregierung zu einem Festhalten an der bisherigen Praxis auf. „Wir lehnen die von der Bundesregierung beschlossene bundesweite Vorschrift kategorisch ab, Schulen erst bei Überschreitung eines Inzidenzwertes von über 200 zu schließen“, sagte der Landesvorsitzende des Verbandes, Torsten Neumann. Der Schutz für Schüler und Lehrer sei damit nicht mehr gewährleistet. „Klassenräume, Schulen und Schulweg müssen von der Politik endlich als Pandemietreiber anerkannt werden, alles andere ist gefährlich realitätsfremd.“ (mit dpa)