Braunschweig. . Der Regionalverband will die Windkraft ausbauen und ist stolz darauf. Gegner setzen ihre letzten Hoffnungen in den Landesbeauftragten und das Gericht.

Lasst uns die Windräder doch als etwas Positives sehen, als Zeichen dafür, dass beim Umweltschutz wirklich etwas geschieht.

Das bemerkt unser Leser Karl-Heinz Wunderling aus Lehre.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle.

Anfeindungen gab es, Hass-Mails und nächtliche Anrufe. Das sagt Marcus Bosse (SPD), Landtagsabgeordneter und Fraktionschef der Verbandsversammlung des Regionalverbands Großraum Braunschweig. Die Gegner der Windkraft-Pläne des Verbands versuchen offenbar alles, um den Ausbau der Windparks in der Region zu verhindern. „Da schießen viele übers Ziel hinaus“, so Bosse.

Dass sie sich die Entscheidung nicht leicht machen, das sagen am Donnerstag im Rathaus der Stadt Braunschweig viele der anwesenden Landtagsabgeordneten und Kommunalpolitiker. Und doch gibt es nur sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.

Die Windkraft spaltet. Sie teilt die Betroffenen in Gewinner und Verlierer. Die einen profitieren finanziell ganz erheblich. Zum Beispiel Investoren oder Landwirte, die ihren Grundbesitz verpachten. Bei den anderen, an deren Grundstücke die Windräder mit 200 Metern Höhe auf 1000 Meter heranrücken sollen, dürften die Immobilienpreise erheblich sinken. Wer will schon neben einem Windpark wohnen?

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© Jürgen Runo

Als Bosse am Rednerpult steht, stapeln sich hinter ihm Kartons mit 90 Aktenordnern. Sie stehen symbolisch für den großen Protest in unserer Region. Die Aktenordner enthalten die 4100 Stellungnahmen von Gemeinden, vielen, vielen Bürgern und sogar der Post oder der Polizei. 22.000 Einzelbelange gab es. Sie alle hat der Regionalverband abgewogen und geprüft, sagt die Erste Verbandsrätin Manuela Hahn. Die Stellungnahmen flossen in die 7000 Seiten starken Planungsunterlagen mit ein. Dreimal musste der Verband die Bürger beteiligen. Auch deshalb dauerte das Verfahren fast acht Jahre.

Vor dem Rathaus demonstrieren etwa 50 Bürger gegen die Pläne. Unter ihnen ist Wolfgang Nicks von der Bürgerinitiative Seershausen. „Es gab Fehler in der Planung“, sagt er. „Es kann doch nicht sein, dass der Regionalverband seine eigenen Kriterien missachtet.“ Was er meint, ist zum Beispiel der Aspekt, dass der Verband innerhalb seines Gebiets darauf achte, dass die Windparks mindestens fünf Kilometer voneinander entfernt liegen. Was außerhalb der Region liege, beziehe er aber nicht mit ein. Die Konsequenz, so die Bürgerinitiative: 6000 Menschen in Meinersen würden von etwa 70 Windrädern umzingelt.

Hoffnung setzen Gegner der Windkraft-Pläne aus unserer Region in den Landesbeauftragten Matthias Wunderling-Weilbier. Seine Behörde hat drei Monate Zeit, die Pläne zu prüfen. Dann ist nur noch der Gang vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg möglich.

Bei so viel Gegenwind feiern sich die Mitglieder der Verbandsversammlung selbst. Aus der Perspektive der Befürworter haben sie auch allen Grund dazu: Unsere Region übererfüllt die Vorgaben des Bundes und des Landes. 35 Prozent soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung 2020 ausmachen. Das hatte der Raum zwischen Harz und Heide schon 2010 erfüllt. Bald schon soll der Anteil sogar auf 60 Prozent steigen.