Wolfsburg. In Wolfsburg diskutierten Reinhard Grindel und VW-Vorstand Hiltrud Werner über die Bedeutung des Fußballs für die Gesellschaft.

DFB-Boss Reinhard Grindel hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnisse über das Vorhaben europäischer Spitzenklubs, eine Superliga zu gründen beziehungsweise eine Gründung prüfen zu wollen. „Ich habe davon noch nie etwas in den Gremien der Fifa und der Uefa vernommen.“ Über den Vorstoß, an dem maßgeblich der FC Bayern München beteiligt gewesen sein soll, hatte der „Spiegel“ am Wochenende berichtet. „Das es ein verstärktes Interesse der großen Klubs in Deutschland gibt, im europäischen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben, wissen wir. Wir als DFB müssen aber die gesamte Liga im Blick haben und aufpassen, dass es einen Ausgleich zwischen den finanzstarken und den finanzschwächeren Vereinen gibt“, sagte Grindel am Montag in der VW-Arena bei der Dialogveranstaltung „Fußball bewegt die Gesellschaft“, zu der die VfL Wolfsburg Fußball GmbH“ geladen hatte. Klar sei aber auch, den großen Erfolg des europäischen Fußballs habe man den großen europäischen Klubs zu verdanken.

Muss der DFB als größter Sportverband der Welt noch stärker als bisher, seinem Auftrag beispielsweise bei Fragen der Integration und der Bildung nachkommen? Grindel ist überzeugt, dass der Fußball für die Gesellschaft, insbesondere die Kinder, weiter eine große Anziehungskraft habe. „Wenn bei Vereinen, egal in welcher Spielklasse, motivierte Trainer arbeiten, dann stehen die Kinder immer noch vor der Tür – der veränderten Freizeitgestaltung von jungen Menschen in einer zunehmend digitalisierten Welt zum Trotz“, ist Grindel überzeugt. Hiltrud Werner, VW-Vorstand für Integrität und Recht, hob in einem Impulsvortrag hervor, was die Arbeitswelt und der Fußball, was VW und den VfL Wolfsburg eint: Es geht um die Bedeutung von Werten und Regeln, die es einzuhalten gilt. Es geht um Respekt und darum, ein Team zu sein. Dass sei auch der Grund dafür, warum Volkswagen in Zeiten der Dieselkrise und Strafzahlungen in Höhe von rund 30 Milliarden Euro, seine finanzielle Unterstützung für sportliche, aber auch kulturelle Projekte nicht zurückgefahren habe.

DFB-Chef Grindel: keine Kenntnis vom Superliga-Vorstoß

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    Sportmoderator Marcel Reif zeichnet bei einer abschließenden Podiumsdiskussion ein eher düsteres Bild: die Debatte um die europäische Superliga zeige doch die absurde Abkoppelung, die es bereits jetzt zwischen Profitum und der Basis gebe. „Der Fußball hat eine immense Strahlkraft, aber es stellt sich die Frage, ob die Vereine ihre Verantwortung für die Gesellschaft ehrlich meinen oder sie es als notwendige Pflicht ansehen, und es eher eine Art Feigenblatt ist.

    Reif ergänzt: „Ich höre immer, dass kleinen Vereinen geholfen wird, im europäischen Profifußball geht die Schere zwischen arm und reich aber immer weiter auseinander.“ Er hält eine feste finanzielle Quotenregelung, wenn es um die Beteiligung von Profiklubs an gesellschaftlichen Projekten geht, für falsch. Jeder Verein müsse das mit seinem sozialen Gewissen ausmachen.

    Zum Fall Özil, dessen Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor der WM in Russland für große Aufregung und öffentliche Debatten gesorgt hatte, sagte Grindel: „Der Fall Özil hat die Integrationsarbeit des DFB nicht beeinflusst. Wir haben seit der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 mehr als 70 000 Flüchtlinge in deutsche Fußballvereine integriert. Da geht es nicht um Spiele zwischen Flüchtlingsmannschaften, sondern um offizielle Spieler, die einen Spielerpass erhalten haben.“

    Sportmoderator Marcel Reif erklärte, der Fall Özil eigne sich nicht, die Frage der Migrationsfähigkeit Deutschlands abschließend zu bewerten. Bei Özil sei es nie um Integration gegangen, sondern um seinen persönlichen Wert für das Team der deutschen Nationalmannschaft. „Die Fragen, wie Integration gelingen kann, stellen sich eher in der Kreisliga als bei den Profis.“