Braunschweig. Die Experten beim NDR sind sich bei der Logo-Veranstaltung im Haus der Wissenschaft einig: Man muss dem Tier Grenzen setzen.

In den Medien wird über die Rückkehr des Wolfes sehr emotional berichtet. Wie gefährlich ist der Wolf denn nun wirklich für Mensch und Nutztiere?

Diese Frage stellte Wilfried Fiebig aus Braunschweig

Die Antwort recherchierte Greta Geißler.

Im Schwarzwald hat ein Schäfer Ende April 40 Tiere tot auf der Wiese gefunden. Die Bestätigung durch eine DNA-Analyse steht noch aus, doch die Vermutung lautet: Hier wütete ein Wolf. 2016 wurden 1000 Nutztiere, darunter Schafe, Ziegen und Rinder, von Wölfen gerissen. Doch nicht nur Tierhalter machen sich Sorgen. Auch Hundebesitzer, Eltern und Senioren fürchten sich vorm Wolf.

Wie gefährlich das Tier nun wirklich ist, wurde bei „Logo – Wissenschaft aus Braunschweig“ im Haus der Wissenschaft diskutiert. „Logo“ ist eine gemeinsame Veranstaltung von NDR Info und unserer Zeitung. Unter dem Titel „Der Wolf kommt: Chancen und Risiken der Wiederansiedlung“ tauschten sich Experten über ihre Erkenntnisse und Erfahrungen aus. Ein eingefleischter Wolfsgegner wurde jedoch bei der Diskussion vermisst.

Nach dem Talk steht fest: Menschen stehen nicht auf dem Speiseplan der Wölfe. Matthias Vogelsang, Wolfsbeauftragter für Hildesheim, lebt mit verschiedenen Wolfsarten zusammen und kennt sich bestens mit deren Verhaltensweisen aus. Er sagt: „Die Annahme, dass der Wolf grundsätzlich böse Absichten hat, ist ein Vorurteil. Wölfe wurden schon seit dem Mittelalter negativ in Mythen, Märchen und in der Kirche dargestellt.“ Sie würden allerdings nur gefährlich, wenn sie vom Menschen angefüttert werden. Dann verlangten sie immer mehr und würden aggressiv.

Der Wolfsbeauftragte der Landesjägerschaft in Niedersachsen, Raoul Reding ergänzt: „Wir müssen dem Wolf klare Grenzen zeigen. Er muss verstehen, dass die Annäherung an den Menschen für ihn ein Risiko ist.“ Allerdings seien besonders Hundebesitzer, die in Waldgebieten und auf Feldern mit ihren Hunden Gassi gehen, gefährdet, denn: Wölfe könnten den Unterschied zwischen ihren Artgenossen und Hunden nicht sofort erkennen und setzten zur Verteidigung ihres Territoriums an.

„Das schädliche Verhalten muss abtrainiert werden. Über den Abschuss von Problemwölfen hat aber immer noch das Umweltministerium zu entscheiden und nicht die Jäger“, sagte der Biologe und Direktor des Naturhistorischen Museums, Ulrich Joger. Was allerdings kaum jemand beachte, sei, dass viel mehr Menschen durch Hundeattacken umkommen, als durch Wölfe. „Der Hund steht auf Platz 3 der tödlichsten Tiere der Welt.“

Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig: Der Wolf fühlt sich wohl in Deutschland und ist ein gleichberechtigter Nutzer des Waldes. Jogers These: Der Wolfsbestand reguliere sich durch Krankheiten selbst. Und das Tier sei ein nützlicher Regulierer für andere Wildtierpopulationen. Wolfsbeauftragter Vogelsang plädiert dafür, die Debatte eher in Relation mit anderen Tieren zu setzen – Wildschweine etwa seien für Menschen deutlich gefährlicher. „Nicht der Wolf ist das Problem“, sagt er, „sondern der Mensch.“ Nutztierhalter müssten für die Stabilisierung ihrer Zäune sorgen. An dieser Stelle empörte sich ein Halter aus unserer Region: „Ein Wolfsrudel lebt direkt in der Nähe meines Hofes. Mein Antrag auf die Erweiterung meines Zaunes wurde dennoch vom Land abgelehnt.“ Ein anderer Zuschauer meldet sich zu Wort: „Ich finde der Wolf ist ein ganz tolles Tier. Aber eines ist klar: Es wird teuer, wenn wir unsere Nutztiere schützen wollen.“

Wem ein Wolf trotz dessen natürlicher Scheu begegnen sollte, dem wird empfohlen, sich gerade aufzurichten und laute Geräusche zu machen – zum Beispiel durch Klatschen. „Sie können auch mit Ihrer Jacke wedeln“, meint Reding.