Göttingen. Seit sechs Jahren wird die A7 zwischen Seesen und Northeim auf sechs Streifen ausgebaut. Dann soll der Verkehr endlich wieder rollen.

Die Strecke zieht sich endlos. Tempolimits, ein teils nur 2,10 Meter breiter linker Fahrstreifen, nächte- oder tagelange Vollsperrungen und immer viel los: Gemeint ist die Baustelle der A7 zwischen Seesen und Northeim. Da ist jeder froh, der dort regelmäßig unterwegs sein muss, dass ein Ende in Sicht ist: Die einst 29,2 Kilometer lange Baustelle gehört bald der Vergangenheit an. Wir haben bei Via Niedersachsen, dem Betreiber der Projektstrecke, nachgefragt, wann der Verkehr wieder durchgehend rollen kann.

Viel hat sich schon getan: Meter für Meter ist die Baustelle von ihrer ursprünglichen Länge von 29,2 Kilometern auf insgesamt aktuell noch 18 Kilometer, auf denen es teils sehr eng zugeht, geschrumpft. Am 1. Mai 2017 war der Startschuss gefallen für den Ausbau der A7 zwischen den Anschlussstellen Bockenem und Göttingen. Die Länge der gesamten Projektstrecke beträgt 60 Kilometer, davon 29,2 Kilometer Ausbaustrecke. Erste Baumaßnahmen begannen noch im Mai mit dem Abriss einer Brücke zwischen Seesen und Echte an der B248 nahe dem Harzhorn-Infogebäude.

Von Steffen Schütz, Pressesprecher der Via Niedersachsen, wollten wir wissen, ob der genaue Zeitpunkt für das Ende der Bauarbeiten endlich absehbar ist. „Ein 3/3 Verkehr – also auf beiden Richtungsfahrbahnen jeweils drei Fahrspuren auf der gesamten Strecke – wird voraussichtlich in der ersten Hälfte August möglich sein. Danach wird es nur noch vereinzelt Spurwegnahmen, also kleinere Sperrungen, für die Erbringung von Restleistungen bis Ende des Jahres geben“, erklärt Schütz. Auf die Frage, ob vor der kompletten Freigabe noch mit nächtlichen oder mehrtägigen Vollsperrungen zu rechnen ist, antwortet der Pressesprecher: „Ja, es wird nochmal Richtungsfahrbahnsperrungen geben, teilweise nächteweise, teilweise auch nochmal an Wochenenden. Wir halten Sie dazu auf dem Laufenden.“

Ausbau der A7 bei Northeim - eine fast unendliche Geschichte

Erinnern Sie sich noch? Anfang des neuen Millenniums - Weltausstellung Expo 2000 in Hannover. Ursprünglich sollte bis zu diesem Zeitpunkt der Verkehr auf der A7 zwischen Göttingen und Hannover schon pro Richtungsfahrbahn auf drei Spuren rollen können. War leider nix. Aber die Verkehrsplaner wussten sich zu helfen, gaben einfach den Standstreifen zum Befahren frei. Nun ja, nicht schön, aber kann man mal machen.

Nur 17 Jahre später: „Am 12. September 2017 fand der erste Spatenstich für Deutschlands jüngstes Autobahnprojekt statt. Im Rahmen eines ,Verfügbarkeitsmodells‘ (V-Modell) übernimmt der private Betreiber Via Niedersachsen den sechsstreifigen Ausbau eines 29,2 Kilometer langen Abschnitts sowie den Betrieb und die Erhaltung des insgesamt 60 Kilometer langen Teilstücks (zwischen Bockenem und Göttingen) der A7 über 30 Jahre. Die Verkehrsfreigabe soll bis Ende 2020, der komplette Ausbau bis November 2021 abgeschlossen sein. Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (bis 2021, Anmerkung der Redaktion), betonte in seiner Ansprache, dass sich der Bund auch über eine vorzeitige Fertigstellung freuen würde. Der private Betreiber habe an anderer Stelle bereits bewiesen, dass dies nicht ganz unrealistisch sei“, heißt es in der Pressemitteilung der Via Niedersachsen vom 14. September 2017.

Bauverzögerungen durch archäologische Funde und Fledermäuse

Moment mal - 2020 und 2021? Mittlerweile haben wir doch 2023 ... Doch bereits Anfang 2022 sagte der Pressesprecher der Betreibergesellschaft: „Bis Ende 2023 könnten die Arbeiten noch dauern.“ Dies hänge vom Einfluss der Pandemie auf den Bauablauf ab. Es waren ja ereignisreiche Jahre und sicherlich gab es auch besondere Vorfälle, die sich im Rahmen der Bauarbeiten seit 2017 ereignet haben. Dazu Steffen Schütz: „Es gab bekanntermaßen leider eine Vielzahl von Problemen beim Grunderwerb vor Beginn der Bauarbeiten und dann archäologisch (Ausgrabungen) und ökologisch (Fledermäuse bei Northeim) bedingte Bauzeitverzögerungen. Dann kam Corona und der Ukraine-Krieg sowie die hierdurch bedingten Verzögerungen in den Lieferketten.“

Die Fledermäuse - in diesem Fall Wasserfledermäuse - zum Beispiel lebten an der Autobahnbrücke an der Northeimer Seenplatte. Ihr Zuhause durfte daher nicht im vorgesehenen Zeitplan abgerissen werden, denn es musste erst ein Ersatzquartier für die Tiere her. Erst als diese dann ihre drei neu gebauten Quartiere annahmen, kam grünes Licht für den Brückenabriss - Verzögerung ein Jahr.

Die A7-Baustelle im Bereich der Northeimer Seenplatte.
Die A7-Baustelle im Bereich der Northeimer Seenplatte. © dpa-Archiv | Stefan Rampfel

Gab es weitere unerwartete Probleme, die zum Beispiel bei den insgesamt 170 erforderlichen Bauwerken aufgetreten sind? „Ja, die gab es. Beispielsweise hatten wir mit teilweise erheblichen Abweichungen innerhalb des Baugrundes gegenüber den Unterlagen zu kämpfen. Auch musste bei einigen Baumaßnahmen statt der geplanten Flachgründungen auf Tiefgründungen (Bohrpfähle) umgestiegen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Grünbrücke bei Ildehausen (Bauwerk 2079d).“

Wie überall - Kosten explodieren

Und wie steht es um die Kosten des Ausbaus des 29,2 Kilometer langen Streckenabschnitts der A7? Um wie viel sind diese gegenüber der Planung gestiegen? „Zu den Kosten haben wir uns hinreichend im Zuge der Bauzeitverlängerung geäußert. Hier gibt es nichts Neues“, so Pressesprecher Steffen Schütz auf unsere Nachfrage.

Zum Thema Kosten ließ Via Niedersachsen in der Pressemitteilung vom 12. April 2017 verlauten: „Die Investitionssumme für den Ausbau der BAB A7 beläuft sich auf 441 Millionen Euro. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) leistet Abschlagszahlungen in Höhe von 126 Millionen Euro netto gemäß Baufortschritt. Das Gesamtvolumen des Projektes innerhalb der nächsten 30 Jahre liegt bei ca. einer Milliarde Euro.“

Aber Umplanungen und die Bauzeitverlängerung bedeuten natürlich zusätzliche finanzielle Mittel, die erforderlich werden. Und wie überall sind auch hier in den vergangenen drei Jahren die Kosten explodiert. Im Fall dieser Baustelle um schlappe 65 Millionen Euro. Damit steigt das Gesamtvolumen auf mittlerweile 1,065 Milliarden Euro. Also mindestens 65 Millionen Gründe, sich nicht noch einmal zu äußern ... Bleibt zu hoffen, dass es beim Kassensturz am Ende dabei bleibt.

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