Hattorf/Osterode. Was als Brieffreundschaft begann setzt sich seit 12 Jahren für den kulturellen Austausch von Schülern ein. Das ist die Elhadj Diouf Foundation.

Was vor zwölf Jahren mit dem Engagement eines Lehrers des Tilman-Riemenschneider-Gymnasiums in Osterode begann, ist heute die „Elhadj Diouf Foundation“. Eine Stiftung, die sich für den Austausch und die Begegnung von Deutschen und Senegalesen einsetzt. Bei einem Vortrag in Hattorf stellte Osterodes ehemaliger Bürgermeister, Klaus Becker, die Stiftung vor.

Dass der Blick in das Schul-Französischbuch bei dem ein oder anderen Jugendlichen für Frust sorgt, ist wohl nichts neues. Doch als Lehrer Tobias Rusteberg 2012 einen genaueren Blick in das Buch wirft, fällt ihm eines auf: Die Übungen und Texte beschäftigen sich hauptsächlich mit Frankreich als Ursprung der Sprache. „Dass in Afrika jedoch sehr viel Französisch gesprochen wird, wurde in dem Buch kaum erwähnt“, erzählt Klaus Becker. Für Tobias Rüsteberg kein Umstand, unter dem er seinen Unterricht führen möchte. Also setzt er sich vor seinen PC und beginnt zu schreiben.

"Reale Afrikabilder" war das Thema des jüngsten Schüleraustausches. Am 23. Maium 17.30 Uhr präsentieren die Schüler ihre Wanderausstellung in der Pausenhalle des TRG.  © Stiftung | Elhadj Diouf Foundation

Antwort führt zu Brieffreundschaft

Das Ziel seiner zahlreichen E-Mails: Schulen aus verschiedenen Ländern des afrikanischen Kontinents. Eine Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Es meldete sich der senegalesische Deutschlehrer Elhadj Diouf. Was in einer ersten Idee ein Brieffreundschaft-Projekt zwischen deutschen und senegalesischen Schülern zum kulturellen Austausch werden sollte, fand 2014 seinen Höhepunkt mit einem ersten Schüleraustausch. „Seit dieser ersten Begegnung haben insgesamt 20 Schülerbegegnungen stattgefunden. 133 deutsche Jugendliche besuchten Senegal, 103 Senegalesen besuchten Deutschland.“

Die jeweiligen Besuche, so Becker, waren dabei stets mehr als Sightseeing: „Die Gruppen nutzen jeden Tag zur gemeinsamen Arbeit. Unter einem gemeinsam gesetzten Thema überlegen sich die Jugendlichen Ideen und Konzepte, die dann angestoßen und umgesetzt werden.“ So erlebten deutsche Jugendliche unter dem Thema „Wasser“ was es bedeutet, das eigene Trinkwasser aus 14 bis 16 Metern Tiefe zu schöpfen. So beschäftigten sich die senegalesischen Schülerinnen und Schüler im Gegenzug mit Themen wie Talsperren. Bei dem jüngsten Austausch im Januar lautete das Thema „Reale Afrikabilder“, das Pendant „Reale Europabilder“ soll im August umgesetzt werden.

„Viele Schülerinnen und Schüler, die an dem Austausch teilnehmen, kommen verändert zurück“, erklärt der ehemalige Bürgermeister. Als Junior-Botschafterinnen und -Botschafter berichten die Jugendlichen nach dem Austausch in den anderen Schulklassen von ihren Erlebnissen und der Erfahrung im weit entfernten Senegal. Auch Becker selbst habe die Besonderheiten des Landes bei zwei Besuchen, die er begleitete, erlebt: „Es ist faszinierend zu sehen, wie glücklich und lebensfroh Menschen mit so wenig sein können, wie es in Senegal der Fall ist. Es ist eines dieser Länder, zu denen man einfach immer wieder zurückkehren muss.“

Umwandlung zur Stiftung

2017 wurde schließlich auch die Stadt Osterode selbst mit in das Projekt eingezogen: Nach dem Besuch einer Delegation aus Kaolak in Senegal und einem gemeinsamen Gespräch im Rathaus entschied sich der damalige Bürgermeister, den Menschen der afrikanischen Stadt helfen zu wollen. Das Problem: „Wir hatten damals keine finanziellen Mittel, die wir zur Verfügung stellen konnten.“

Es kostete etwas Überzeugungsarbeit der deutschen Schülerinnen und Schüler, doch schließlich ließ sich auch das Gremium der Stadt von dem Vorhaben überzeugen – und eine Städtefreundschaft entstand. Es folgte ein Besuch einiger Osteroderinnen und Osteroder in Senegal – und ein Gegenbesuch im Jahr 2018 ließ nicht lange auf sich warten. So entstand schon früh die Idee, die humanitäre Hilfe für Kaloak mit einer Stiftung zu ermöglichen.

„Die Idee eines Fördervereins hatten wir zu diesem Zeitpunkt schon länger“, gibt Klaus Becker zu. Die Arbeit als diese ermögliche den Zugang zu Fördermitteln und Spenden, die zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in Kaolak beitragen sollen. Die Benennung der Stiftung nach Lehrer Elhadj Diouf, der durch seine Antwort den Austausch ermöglichte, hat einen tragischen Hintergrund: „Im Jahr 2018, nur wenige Tage nach seinem Besuch bei uns in Deutschland, starb Elhadj Diouf bei einem Verkehrsunfall.“

Stiftung in Gedenken benannt

In Gedenken an den verstorbenen Lehrer führt die Stiftung bis heute ihre Arbeit aktiv fort, erzählt Becker. Neben der Errichtung einer Krankenstation mit medizinischen Geräten, Ärzten und einer Hebamme befindet sich die Stiftung derzeit im Bau eines wahren Herzensprojekts: Einer Schule mit Kindergarten. „Im Januar standen alle Gebäude der Schule im Rohbau. Wir hoffen, dass wir die Gebäude im September oder Oktober offiziell eröffnen können werden.“ Später soll die Schule Platz für 350 Schüler und 150 KiGa-Kinder haben. „Senegal ist ein Land mit einem unfassbar hohen Entwicklungspotenzial, umso schöner ist es, das alles miterleben und begleiten zu können.“