Osterode/Dorste/Gittelde. Verärgerte Anwohner: In Teilen des Osteroder Altkreises kommt die Post derzeit gar nicht oder nur sehr sporadisch. Woran das liegt.

Was ist los bei der Post? Wieso kommen Briefe so spät an oder gehen gar verloren? Diese und andere Fragen stellen sich derzeit viele Bundesbürger. Wie der Online-Nachrichtendienst t-online.de in einer Meldung vom 18. September berichtete, gab es binnen zwei Monaten (Juli und August 2022) 6.500 Beschwerden über das Bonner Unternehmen, und damit mehr als sonst üblich. Das teilt die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Deutschen Presseagentur (dpa) mit.

Und auch im Altkreis Osterode warten viele Bürgerinnen und Bürger derzeit häufig ungewöhnlich lange oder gar vergeblich auf ihre Post. Betroffen sind vor allem die Bereiche Osterode, Dorste und Gittelde.

Update: Verspätete Post in Osterode: Ärger soll diese Woche enden

Ärger in Dorste

So wartete ein Anwohner aus der Dorster Straße „Zwischen den Zäunen“ weit mehr als eine Woche lang auf einen dringenden Bescheid für seine pflegebedürftige Mutter: Am 6. September hatte ihn der zuständige Sachbearbeiter in die Post gelegt, angekommen sei das Schreiben erst am 17. Außerdem sei es ärgerlich, wenn Rechnungen angemahnt würden, die man jedoch aufgrund der schleppenden Zustellung viel zu spät erhalten habe: „Dann heißt es hinterhertelefonieren und den Sachverhalt erklären, damit man sich die zusätzlichen Mahnkosten erspart. Schließlich kann man ja nichts dafür.“

Ähnlich äußert sich auch Hartwig Launhardt, ebenfalls aus Dorste: „Es ärgert mich sehr, dass es keinerlei Informationen seitens der Post zum gegenwärtigen Zustand gibt. Die Anwohner der Zustellbezirke, die nur sehr schleppend bedient werden, müssten entsprechend informiert werden oder zumindest eine Möglichkeit genannt bekommen, wo man gegebenenfalls seine Post selber abholen kann“, findet er. „Nur die lapidare Antwort einer Paketzustellerin, dass man eben keine Leute für die Zustellung habe, ist zu wenig!“

„Auf dem Zahnfleisch“

Tatsächlich, so berichtet eine ehemalige Postzustellerin, gingen ihre früheren Kolleginnen und Kollegen zur Zeit „auf dem Zahnfleisch“. Aufgrund des Personalmangels hätten zeitweise sogar Mitarbeiter aus Bovenden in Osterode aushelfen müssen.

Launhardt hat dazu eine klare Meinung: Es müsse möglich sein und dafür gesorgt werden, dass das vorhandene Personal so umorganisiert werde, dass jeder Bezirk beliefert werden könne. „Es darf nicht sein, dass ein Bezirk regelmäßig angefahren wird, andere aber nicht oder nur sporadisch. Die Post muss zügig und zeitnah entsprechende Informationen liefern und schnell Abhilfe schaffen.“

Großer Frust beim täglichen Blick in den Postkasten: Hartwig Launhardt aus Dorste gehört zu den Betroffenen.
Großer Frust beim täglichen Blick in den Postkasten: Hartwig Launhardt aus Dorste gehört zu den Betroffenen. © HK | Ralf Gießler

Das sagt die Post

Und was sagt die Post zum Thema? In Osterode und der Gemeinde Bad Grund habe man momentan einen unerwartet hohen Krankenstand, teilt die Post auf Nachfrage mit. Man sei dabei, sich um Unterstützung aus anderen Bereichen zu bemühen, so ein Sprecher. Teilweise hätten sich auch Urlaubsrückkehrer bereit erklärt, einzuspringen. Vier neue Kollegen und Kolleginnen seien außerdem inzwischen eingestellt, die müssen sich aber natürlich erst noch einarbeiten. Woran der hohe Krankenstand liege, könne der Sprecher nicht sagen. Er gab jedoch zu bedenken, dass in Osterode und der Gemeinde Bad Grund viele Bezirke zu bestreiten seien. Da könne schon mal etwas liegen bleiben. Spätestens nach ein bis zwei Tagen sei man bisher immer wieder auf Reihe gewesen, so die Auskunft. „Wir sehen zu, dass nichts liegen bleibt“.

Dennoch sei es in der Tat so, dass man aufgrund der engen Personalsituation den sogenannten preisbegünstigten Sendungen mehr Zeit eingeräumt habe, sprich, sie wohl mit Berechnung liegen ließ. Der Personalbedarf sei weiterhin akut, so der Sprecher. Auf die Frage, wie viele Zusteller in Osterode und Bad Grund normalerweise unterwegs und wie viele krank seien, konnte der Sprecher nicht antworten.

Probleme schon im Vorjahr

Dass Zustellerinnen und Zustellern kein Vorwurf gemacht werden dürfe, das meint Gabriele Frohns aus Petershütte. Sie wandte sich direkt an die Redaktion, um ihrem Ärger über ausbleibende Post Luft zu machen: „Ich bin jetzt 64 Jahre alt und so was kenne ich nicht“ sagt sie. Auch sie wartet auf wichtige Postsendungen, zum Beispiel den Rentenbescheid. Die Fernsehzeitung bekomme sie – wie viele Nachbarinnen und Nachbarn und bekannte aus der weiteren Region – nur noch, wenn diese bereits gar nicht mehr aktuell sei. „Ich habe richtig Mitleid mit den Zustellerinnen und Zustellern, wenn ich die am späten Nachmittag hier noch durchgeschwitzt ihre Touren machen sehe“, sagt sie. „Die haben anstrengende Tage, denen kann man keinen Vorwurf machen. Meiner Meinung nach liegt das Problem eine Schicht höher.“

Ein ähnliches Problem habe Frohns auch im vergangenen Jahr erlebt, als es mit der Post schon einmal Probleme gegeben habe. Damals wartete Frohns auf die Einladung zum Impftermin für ihre über 80-jährige Mutter. „Der kam dann drei Tage, nachdem der Termin verstrichen war.“ Schon damals hatte sich Frohns an die Post gewandt und Klagen über Personalmangel wegen eines hohen Krankenstandes gehört.

Zahlen zeigen Ausmaß

Das aktuelle Problem scheint ein bundesweites zu sein. Die Zahlen, die die Bundesnetzagentur auf dpa-Anfrage bekannt gab, zeigt: Im Sommer 2022 erhöhten sich Beschwerden über verspätete oder verlorene Briefe spürbar. Erst im Vergleich mit früheren, deutlich längeren Zeiträumen, zeigt sich das ganze Ausmaß: Im ersten Halbjahr 2022 wurden rund 8.900 Beschwerden gezählt, im ganzen Vorjahr 15.100. Dem gegenüber stehen die rund 6.500 Beschwerden aus den zwei Sommermonaten Juli und August. Betroffen seien vor allem Großstädte.

Die Deutsche Post DHL Group begründete die Entwicklung mit einem hohem Krankenstand, der eine Folge der Corona-Pandemie sei, und mit dem Fachkräftemangel allgemein. Außerdem hätten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab dem Monat Juli 2022 ihren Sommerurlaub genommen. Inzwischen, so eine Firmensprecherin, sei die betriebliche Lage „wieder stabil“. Die Bundesnetzagentur erklärte jedoch, dass die Beschwerdezahlen auch im laufenden September noch hoch seien.