Göttingen. Spikes, Pogies und dicke Creme: Wer im Winter im Fahrradsattel bleiben will, sollte sich vorbereiten. Tipps zu Kleidung, Zubehör und zum Fahren.

Der eisige Fahrtwind beißt ins Gesicht, die Finger werden gefühllos, und irgendwann beginnen auch die Fußspitzen zu schmerzen: Wer bei Kälte schon einmal mit zu dünner Bekleidung zu lange Strecken geradelt ist, kennt diese unangenehmen Nebenwirkungen.

Warm eingepackt zu sein ist aber nur das Eine, um gut vorbereitet auch im Winter zu radeln. Das Andere: Man sollte wissen, wie sich das Fahrrad auf Eis und Schnee verhält und ein paar Fahrtipps kennen – falls Rutschpartien drohen. Außerdem gibt es praktisches Zubehör, das ebenfalls die Verkehrssicherheit erhöht.

Warm anziehen – winterliche Kleidung

Immer mehr Radler bleiben auch im Winter im Sattel. Sowohl der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) als auch der ADAC vermeldeten das schon. Sich zu überwinden, auch bei widrigem Wetter das Rad zur Arbeit zu nehmen statt das beheizte Auto, erfordert jedoch Hilfsmittel. Vor allem mit der richtigen Bekleidung verliert das Winterradeln viel von seinem Schrecken. „Gute atmungsaktive, regenabweisende und winddichte Sportbekleidung ist zwar relativ teuer, aber unbedingt sinnvoll“, sagt ADAC-Sprecher Jürgen Grieving.

„Viele Menschen frieren im Winter, obwohl sie am Torso warm angezogen sind“, sagt Arne Bischoff vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f) in Göttingen. „Die Lösung: winddichte Handschuhe und Unterziehmütze unter dem Helm.“ Sie zählen zu den Standardprodukten der gängigen Marken für Radbekleidung. Etwas ungewöhnlich sind sogenannte Pogies. Das sind Lenkerstulpen, die warm halten wie dicke Handschuhe, so Bischoff. Weil Radler den Lenker aber mit den bloßen Händen umgreifen, bleiben die Finger zum besseren Bremsen und Schalten frei.

Überschuhe und Gamaschen für die Treter

Auch für die Füße gibt es Warmhalter: Überschuhe und Gamaschen. Sie sind für Pendler gegenüber Winterradschuhen, die es in der Regel nur für den Sportbereich gibt, vor allem deshalb geeignet, weil man sie über die Alltagsschuhe ziehen kann. Warme Wintersocken sollte man in jedem Fall nicht vergessen, sagt Bischoff.

Je nach Länge und Beschaffenheit der Strecke gerät man auch bei Kälte ins Schwitzen. So empfiehlt sich Unterwäsche, die Feuchtigkeit schnell nach außen ableitet und dazu idealerweise eng am ganzen Körper anliegt. Bischoff zufolge sei dabei ein hoher Anteil an Merinowolle ideal. Als Isolations- oder Zwischenschicht eignet sich ein Fleece, die Außenschicht besteht am besten aus winddichter Hose und Jacke mit einem atmungsaktiven Einsatz auf der Rückseite.

Im Zweifel nicht lenken – winterliche Fahrtipps

Beim Fahren gelten ähnliche Tipps wie für Autofahrer. Sicherheitsabstände zu anderen Verkehrsteilnehmern und parkenden Autos werden wichtiger, da bei Glätte mit längeren Bremswegen gerechnet werden muss. Langsamer fahren – das versteht sich bei Glättegefahr von selbst.

Ganz vorsichtig: Auf schneebedeckter Strecke ist eine gefühlvolle Fahrweise gefragt.
Ganz vorsichtig: Auf schneebedeckter Strecke ist eine gefühlvolle Fahrweise gefragt. © dpa-tmn | Tobias Hase

„Bei rutschigem Untergrund sollte man in Kurven weder treten noch bremsen“, sagt Susanne Grittner vom ADFC Berlin. Lasse sich das Bremsen nicht vermeiden, empfehle es sich vorwiegend, aber maßvoll die Hinterradbremse zu benutzen: „Blockiert das Hinterrad, ist das eher zu beherrschen als ein blockierendes Vorderrad.“ Zudem sollte man auf Glatteis das Fahrrad nach Möglichkeit ausrollen lassen und dabei nicht lenken – auch das mindert die Sturzgefahr.

Laut Jürgen Grieving vom ADAC sind Bodenmarkierungen und Kopfsteinpflaster schon bei Nässe besonders rutschig. Er empfiehlt Radlern wie Autofahrern, auch auf Brücken und schattigen Streckenabschnitten besonders langsam zu fahren. Für E-Bike-Fahrer gelte auf Matsch und Schnee besondere Vorsicht beim Anfahren. Denn viele elektrische Antriebe reagierten zeitverzögert, aber nicht minder drehmomentstark auf die Pedalbewegungen.

Weniger Druck vergrößert Aufstandsfläche

Zwei weitere Tricks machen Fahrrad und Pedelecs laut Grittner bei Glätte besser kontrollierbar: Mehr Haftung auf der Fahrbahn bekommen die Reifen, wenn man den Luftdruck etwas absenkt. So vergrößert sich auch die Aufstandsfläche. Minimal- und Maximaldruck stehen auf der Reifenflanke.

„Für kurze Strecken ist es auch möglich, den Sattel etwas nach unten zu stellen, um leichter mit den Füßen den Boden erreichen zu können.“ Weil eine zu niedrige Sitzhöhe auf Dauer die Knie schädigen könne, eignet sich dies aber nur für kurze Zeit und bei „wirklich schwierigen Bedingungen“.

Griff in die Trickkiste – winterliches Zubehör

Für Fahrräder gilt keine Winterreifenpflicht – dafür sind anders als bei Autos Reifen mit Spikes erlaubt. Bei festgefahrenem Schnee oder vereisten Fahrbahnoberflächen seien die Pneus mit Metall-Pins „das Nonplusultra“, sagt Arne Bischoff und schränkt ein: „Auf trockener Fahrbahn ist ihr Rollwiderstand und Verschleiß aber spürbar höher.“ Deshalb können Fahrradwinterreifen eine Alternative sein: Ihre weichere Gummimischung optimiert zusammen mit spezieller Lamellenkonstruktion die Bodenhaftung.

Für Fahrräder gibt es Reifen mit Spikes, die Grip auf Eis und Schnee bieten.
Für Fahrräder gibt es Reifen mit Spikes, die Grip auf Eis und Schnee bieten. © dpa-tmn | Tobias Hase

Zu den Pflichten, die im Winter besonders wichtig sind, zählt gute Beleuchtung. Rechtlich erlaubt seit 2013 sind alternativ zum Dynamolicht Akku-Scheinwerfer. Arne Bischoff empfiehlt Modelle mit Großflächen-Lichtfeld und Nahfeld-Ausleuchtung. So ist für Sehen und Gesehenwerden gesorgt – das ist wichtig, da Pendler morgens und abends in Dunkelheit und Dämmerung unterwegs sind.

Nur sollte man darauf achten, dass die Akkus stets genügend geladen sind. Um den Überblick zu behalten und nicht unerwartet im Dunkeln zu stehen, rät Anne Kliem von der Stiftung Warentest, auf die Leuchtdauer, die Ladezeit und eine klare Anzeige für die Restkapazität zu achten. Ideal sei eine Skala oder Restminutenanzeige.

Reflektierende Elemente – sich sichtbarer machen

Ihre Sichtbarkeit erhöhten Fahrradfahrer ebenfalls effektvoll, wenn sie reflektierende Elemente an den Füßen befestigten, „weil sie durch die wirbelnde Bewegung der Beine viel Aufmerksamkeit erzeugen“, sagt Arne Bischoff. Einfache Hosenbänder mit Reflektoren genügen dazu.

Auch der Akku von Pedelecs verdient Aufmerksamkeit. Laut Jürgen Grieving sollte die Batterie erst aufgeladen werden, wenn sie selbst Zimmertemperatur erreicht hat: „Ist sie zu kalt, lässt sie sich nicht vollständig laden.“ Bei plötzlichem Temperaturwechsel könne sich auch Kondenswasser bilden, das in der Elektronik Schäden anrichten kann.

Licht-Check: Es ist wichtig, dass die Beleuchtungsanlage immer gut funktioniert und ein Akku genug Saft hat.
Licht-Check: Es ist wichtig, dass die Beleuchtungsanlage immer gut funktioniert und ein Akku genug Saft hat. © dpa-tmn | Tobias Hase

Während der Fahrt in der Kälte können E-Biker darüber hinaus Reichweite retten, indem sie den Stromspeicher wärmen. Grundsätzlich hält der Akku im Winter kürzer durch als im Sommer. Dem Effekt steuert man mit speziellen Akkuhüllen aus Neopren entgegen, die mehrere Hersteller für gängige Modelle anbieten.

Schutzbleche und schützende Cremes

Ob E-Bike- oder normales Fahrrad – Schutzbleche sind immer eine gute Idee, um bei Matsch und Schnee auch sauber am Ziel anzukommen. Zudem schützen sie empfindliche Bauteile vor Schmutz und Streusalz.

Bei längeren Fahrten bleibt es dann trotzdem nicht aus, dass der Fahrtwind ins Gesicht beißt oder gar leichte Erfrierungen drohen. Als Gegenmittel wurden spezielle Kältecremes entwickelt. Die Mischungen sind wasserarm und stark fetthaltig, dadurch wird auch das Gesicht isoliert und die Haut vor dem Austrocknen bewahrt.