Osterode. Der Chor will zunächst am 18. September zur Aufführung von „Die Schöpfung“ von J. Haydn in die St.-Jacobi-Schlosskirche einladen.

Mit einer festlichen Aufführung von „Die Schöpfung“ von J. Haydn am 18. September um 19 Uhr in der St.-Jacobi-Schlosskirche begeht die Musikgemeinde Osterode ihr Jubiläum. Dieses Werk begleitet die Geschichte des Vereins seit seinen Anfängen, dabei hat die Thematik über die Jahrzehnte nichts an Aktualität eingebüßt.

In einer für Deutschland wirtschaftlich schwierigen Zeit gründete der damalige Musiklehrer des Osteroder Gymnasiums, Fritz Kohlmann, die Musikgemeinde Osterode mit dem Ziel, aktiven Sängern, aber auch interessierten Zuhörern eine Plattform zum Musik-Erleben zu bieten. Schon zur Gründerversammlung am 31. Januar 1930 verzeichnete der neue Verein 90 Mitglieder, darunter 75 Chorsänger.

Bereits am 31. Mai 1930 wurde mit großem Erfolg „Die Schöpfung“ von J. Haydn aufgeführt. Im selben Jahr fanden ein Kammermusik-Abend und ein Symphonie-Konzert statt, jeweils vor ausverkauftem Haus. Ende des Jahres 1939 war die Mitgliederzahl auf 364 angewachsen.

Ab 1935 begann eine schwierige Ära für die Musikgemeinde, zum Beispiel wurden finanzielle Zuwendungen für ein Brahms-Konzert zurückgezogen, weil an dessen Stelle Heeres-Großkonzerte Priorität hatten. Das vorerst letzte große Konzert fand 1938 statt – mit Kriegsausbruch kam die Chor-Arbeit zum Erliegen und die Tätigkeit der Musikgemeinde ruhte.

Niveau der Vorkriegszeit

Mit Ulrich Fischer konnte 1946 ein Kantor gewonnen werden, der den Chor schnell wieder an das Niveau der Vorkriegszeit heranführen konnte und auch die Kinder-Chorarbeit ins Leben rief. Wieder erlebte Osterode am 1. September 1946 mit der Aufführung von „Die Schöpfung“ einen glanzvollen musikalischen Höhepunkt. 1957 bis 1966 leitete mit Christhard Vandré ein begeisterter Bach-Anhänger den Chor der Musikgemeinde Osterode. 1967 wurde er von Joachim Busse abgelöst, der den Chor bis 1987 führte. Als Studienrat am Osteroder Gymnasium legte er mit drei Schulchören und dem Singkreis einen wichtigen Grundstein für die erfolgreiche Chorarbeit, viele große Oratorien und a-cappella-Konzerte wurden aufgeführt.

1987 übernahm José V. López de Vergara die Chorleitung, er gründete zusätzlich einen Kinder- , einen Jugend- und einen Kammerchor. 1989 erklang unter seiner Führung wieder einmal „Die Schöpfung“, ebenso wurde das neue Jahrtausend mit diesem Werk von J. Haydn begrüßt. Ein weiteres Mal wurde es zum 75-jährigen Bestehen der Musikgemeinde im Jahr 2005 aufgeführt. Angeregt von einem Chormitglied entstand unter seiner Ägide die Partnerschaft zu einem britischen Chor aus Portsmouth, dem Portsmouth Choral Union, die bis heute gepflegt wird. López de Vergara erweiterte das Spektrum der klassischen Chorwerke und begeisterte das Osteroder Publikum mit „Porgy and Bess“ von G. Gershwin und Musicals, die von den jugendlichen Sängern erarbeitet wurden.

2006 ging der Taktstock an Jörg Ehrenfeuchter weiter, der bis heute künstlerischer Leiter der Musikgemeinde ist.

Jährlich zwei große oratorische Werke

In jedem Jahr wurden seither zwei große oratorische Werke einstudiert – unter anderem „Das Weihnachtsoratorium“ von J. S. Bach (Kantaten I - VI), G. F. Händels „Messiah“ in der englischen Fassung, das auch mit dem Partnerchor im Jahr 2010 in Portsmouth auf Konzertreise aufgeführt wurde, sowie J. Brahms „Ein Deutsches Requiem“. Die Oratorien-Konzerte finden bis heute jeweils in der St.-Jacobi-Schlosskirche statt.

Der Chor 1993 kurz vor einer Aufführung.
Der Chor 1993 kurz vor einer Aufführung. © Archiv Musikgemeinde Osterode

Seit vielen Jahren besteht eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Orchester „Camerata Allegra“ unter der Leitung der ehemaligen Osteroderin Claudia Randt. Da der Chor bei Konzerten die Orchestermitglieder privat beherbergt, sind auf diesem Wege viele enge Kontakte entstanden.

Ergänzend zu den eigenen Konzerten ist die Musikgemeinde mehrmals im Jahr Veranstalter hochkarätiger Kammermusik-Abende.

Demografische Entwicklung

Die demografische Entwicklung hat auch vor der Chorgemeinschaft nicht halt gemacht, deshalb haben sich ab 2007 der Chor der Musikgemeinde und die Herzberger Kantorei, die schon seit 2003 ebenfalls von Ehrenfeuchter geführt wird, regelmäßig zu gemeinsamen Konzerten zusammengefunden. Ab 2012 wurde die Kooperation intensiviert und seit 2016 proben die Chöre gemeinsam. Schon in früheren Zeiten fanden mehrtägige Chor-Freizeiten statt, in den letzten Jahren haben die Chöre aus Osterode und Herzberg mehrmals in der Abgeschiedenheit von Kloster Donndorf in Thüringen intensiv und konzentriert proben können und sind so ein gutes Stück zusammengewachsen.

Das Programm der letzten Jahre umfasst etwa vier Jahrhunderte – von C. Monteverdi bis Bernstein.

2016 hat sich der Chor „Cantiamo“ etabliert, ohne Leistungsdruck und in entspannter Atmosphäre werden Kleinodien der Musik einstudiert, die unter anderem festliche Gottesdienste bereichern.

90 Jahre Musikgemeinde Osterode, das bedeutet auch: aktive Chorsänger, die länger als 50 Jahre Mitglied sind und Familien, die in drei Generationen in den verschiedenen Chor-Formationen singen. Ehemalige Choristen wie Miriam Meyer und Carolina große Darrelmann unterstützen die Konzerte heute als gefeierte Solisten.

Die vielen Aktivitäten der Musikgemeinde – große Oratorien, Kammermusik-Konzerte sowie die Begleitung besonderer Gottesdienste, dazu die umfangreiche Kinder- und Jugendarbeit – sind nicht leistbar ohne die Mitgliedsbeiträge und die Unterstützung treuer Sponsoren und Stiftungen. Auch zahlreiche Einzelspenden haben geholfen und seien auch weiterhin willkommen, heißt es vonseiten der Musikgemeinde.

Die Corona-Pandemie hat die Musikgemeinde – wie alle anderen im kulturellen Bereich Tätigen – hart getroffen. „Wir möchten vor einem für den 1. November um 18 Uhr geplanten Konzert eines renommierten Klaviertrios bereits um 17 Uhr im Ratssaal zu einem Empfang bitten, bei dem alle eingeladen sind, die sich der Musikgemeinde verbunden fühlen. Wir können dann hoffentlich entspannt auf ein besonderes Jubiläumsjahr zurückblicken und anschließend den Klängen des Trios bei freiem Eintritt lauschen“, laden die Verantwortlichen ein.