Herzberg. Fußpilz, Warzen, Verspannungen - Wie sollten Athleten ihre Füße pflegen, um eine Grundlage für sportliche Leistungen zu schaffen?

10.000 Schritte pro Tag? Für Menschen, die regelmäßig joggen meistens kein Problem: Wer morgens zehn Kilometer läuft, liegt bereits deutlich über der 10.000-Schritte-Grenze, die in vielen Sportuhren als Tagesziel voreingestellt ist. Für die Füße der Sportlerinnen und Sportler bedeutet das, etwa eine Stunde in Laufschuhen schwitzen. Bewegung und feuchte Umgebung wirken sich auf die Gesundheit der Füße aus - und zwar von der Haut bis hin zu Muskeln und Knochen.

Yvonne Niehus ist Podologin in Herzberg. Podologie, das ist nichtärztliche Heilkunde am Fuß. Niehus kümmert sich in ihrem Beruf also um die Füße anderer Menschen - und zwar auf dermatologischer, chirurgischer und orthopädischer Ebene. Sie weiß Rat, wenn es um Hornhaut und Fußpilz geht, kann aber auch bei Fußfehlstellungen helfen.

Im Juni war Niehus im Rahmen des Programms Healthy Athletes als ehrenamtliche Helferin bei den Special Olympic World Games in Berlin: „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich als Podologin für die Athleten da sein durfte und zur Fußgesundheit beitragen konnte.“ Aber was bedeutet Fußgesundheit bei Athletinnen und Athleten eigentlich? Worauf müssen Sporttreibende bei der Fußpflege achten? Niehus gibt Tipps im Harz Kurier.

Die Podologin Yvonne Niehus war als ehrenamtliche Helferin bei den Special Olympic World Games in Berlin.
Die Podologin Yvonne Niehus war als ehrenamtliche Helferin bei den Special Olympic World Games in Berlin. © privat | Privat

Podologin Yvonne Niehus über ihre Leidenschaft zum Beruf

Podologen bewerten den Gang, die Haut, die Nägel und die Biomechanik des Fußes aber auch die Schuhe der Patienten, die Socken und achten auf Deformitäten. Die Podologin Yvonne Niehus aus Herzberg betont, dass ein sehr hohes Hygienebewusstsein wichtig ist, um keine Keimverschleppung oder Ähnliches herbeizuführen: Jeder Instrumentensatz sollte nach Benutzung in das Reinigungs- und Desinfektionsgerät und gewaschen, danach getrocknet und in spezielle Tüten verpackt werden, um dann im Autoklaven – das ist ein Sterilisator - bei 134 Grad Celsius keimfrei gemacht zu werden.

Der Beruf ist krisensicher, meint Niehus. Aber es fehlen der Expertin zufolge über 20.000 Podologen in Deutschland. „Es gibt immer mehr Diabetiker, Patienten mit Angiopathie (Durchblutungsstörung) oder Neuropathie (Nervenschädigungen), die sich vom Arzt eine Verordnung für die podologische Komplexbehandlung ausstellen lassen können. Für uns PodologInnen ist es nicht zu schaffen“, erklärt Niehus die Wartezeiten von teilweise zwei bis drei Monaten auf einen Termin.

Niehus ist Podologin aus Leidenschaft: „Ich würde diesen Beruf immer wieder wählen. Ich freue mich, wenn ich Menschen helfen kann und sie nach einer Behandlung schmerzfrei und glücklich die Praxis verlassen. Es ist mir egal, ob ein Sparkassendirektor, ein Millionär, eine alte Oma, ein Schüler, ein Professor, eine behinderte Dame, ein Spitzensportler oder ein Hartz-4-Empfänger auf meinem Stuhl sitzt. Ich behandle alle gleich und sorge für gesunde Füße.“

In drei Sätzen: Was macht ein Podologe?

Podologen und Podologinnen sind den Ärzten vorgeschaltet. Wir betreiben nichtärztliche Heilkunde am Fuß. Wir können Füße lesen und verstehen und sorgen so für die Fußgesundheit. Die Füße werden oft vernachlässigt, sind aber die Basis des Körpers und brauchen dringend gute Aufmerksamkeit.

Was unterscheidet Podologen von Ärzten?

Ärzte schauen immer ganzheitlich auf den Körper. Podologen haben sich auf Unterschenkel und Füße spezialisiert. Eine zweijährige Vollzeitausbildung mit vielen Hospitationen, zum Beispiel bei Dermatologen, Orthopäden und Angiologen (Anm. d. Red.: Das Fachgebiet des Angiologen liegt schwerpunktmäßig auf Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Erkrankungen der Venen, Arterien und Lymphgefäße), bereiten die Podologen perfekt auf das Berufsleben vor.

Man arbeitet also zusammen?

Ärzte überweisen an Podologen, wenn Probleme an Füßen bestehen, so wie Unguis incarnatus (eingewachsener Nagel), Panaritium (Entzündung im Nagelwall), Unguis convolutus (eingerollte Nägel), Verruca (Warzen) oder Clavus (Hühneraugen). Podologen erkennen Fußfehlstellungen, können den ABI - das heißt Ankle Brachial Index (Knöchel-Arm Index) - messen, Orthesen und Zehenzwischenkeile herstellen so wie Nagelspangen anfertigen.

Was sind die drei häufigsten Probleme, die Sportler mit ihren Füßen haben?

Sportler haben je nach Sportart oftmals Callositas (Hornhaut), Schwielen und Druckstellen, Hühneraugen, Warzen oder Mazerationen - das ist aufgeweichte, teils eingerissene Haut zwischen den Zehen. Fußballer haben des Öfteren eingerollte oder eingewachsene Nägel durch zu enges Schuhwerk. Auch Fehlstellungen der Zehen treten auf.

Verdacht auf Fußpilz - was ist zu tun?

Bei dem Verdacht Tinea pedis, also Fußpilz, kann man erst versuchen, das Problem mit Mitteln aus der Apotheke zu beheben. Je nach Schwere des Befalls sollte aber einen Dermatologen oder eine Dermatologin ins Boot geholt werden.

Darf man trotz Fußpilz weiter trainieren? In Sportschuhen oder auch im Wasser?

Trotz Fußpilz kann man weiter Sport treiben. Es gilt aber wie bei Nagelpilz einige Dinge zu beachten.

Nämlich?

Hygiene ist das oberste Gebot: Schuhe und Dusche desinfizieren, nicht barfuß laufen, Socken bei 60 Grad waschen. Gerade bei Nagelpilz sollte man einen Podologen aufsuchen. Es kann eine Probe entnommen werden, die dann durch ein Labor oder einen DermatologIn befundet wird. Dementsprechend kann man mit einer Therapie beginnen. Die Pilznägel sind meistens verdickt und sollten flach geschliffen werden.

Was kann man tun, um Fuß- oder Nagelpilz vorzubeugen?

Um Fuß- oder Nagelpilz vorzubeugen, sollte man in Badeanstalten, Saunen etc. immer mit Latschen unterwegs sein. Eine gesunde Ernährung sorgt für ein gutes Immunsystem. Das ist die Grundlage, um Krankheiten abzuwehren. Tägliche Pflege und Eincremen der Füße schützt und hilft der Haut.

Warzen an den Füßen - wo kommen die her und was sollte man dagegen tun?

Hat man Verruca (Warzen), hat man es mit HP-Viren (Humane Papillomviren) zu tun. Es gibt über 200 Arten der Krankheitserreger, die Entzündungen oder Hautveränderungen hervorrufen können. Sie können über kleinste Hautrisse oder Verletzungen eindringen. Deshalb ist es so wichtig, eine intakte Haut zu bewahren. Sind Warzen vorhanden, sollte man den DermatologIn aufsuchen, eventuell helfen Mittel aus der Apotheke.

Was sollte man bei Warzen nicht tun?

Auf keinen Fall sollte man selbst daran herumschneiden oder schleifen, da sich durch Verletzungen die Warzen vermehren können.

Wie wichtig ist eine gesunde Fußmuskulatur für den sportlichen Erfolg?

Die Füße, speziell die Muskeln, Bänder und Sehnen, geben uns Halt und Standfestigkeit. Der Fuß gleicht unebene Untergründe aus, meistert Steigungen und Gefälle, kann balancieren, rennen, hüpfen, stehen. Die Fußmuskulatur ist ein wichtiger Bestandteil des Körpers. Bei harten Böden spannt sich die Muskulatur an, um dem Druck standzuhalten. Das geschieht bei jedem Schritt, nicht nur bei Sportlern. Muskulatur ist mega wichtig.

Was halten Sie von orthopädischen Einlagen?

Orthopädische Einlagen können sehr sinnvoll sein. Es gibt aber auch Patienten, die dadurch am Fuß geschädigt werden. Es kann Druckstellen oder Blasen geben, wenn die Einlagen nicht richtig angepasst werden. Auch Fehlstellungen können durch unsachgemäße Einlagen hervorgerufen werden.

Worauf kann man als Patient bei orthopädischen Einlagen achten?

Es ist sehr wichtig, einen guten Orthopädieschuhmacher zu finden, der die Patienten nicht nur in einen Schaum treten lässt, sondern die Füße per Scanner auf belastete Stellen untersucht und besser noch eine Ganganalyse per Computer durchführt.

Welche Übungen eignen sich besonders, um die Fußmuskulatur zu trainieren?

Übungen für die Fußmuskulatur gibt es reichlich. Ich gebe in meiner Praxis Tipps und zeige den Patienten, wie es funktioniert, mit dem Igelball umzugehen. Auch kann man eine Faszienrolle oder einen Tennisball benutzen, um die Fußsohlen zu lockern und anzuregen. Barfußlaufen ist gut für die Füße, verschiedene Untergründe stimulieren die Füße und die vielen Rezeptoren im Fuß. Diabetiker sollten wegen Verletzungsgefahr nicht barfuß laufen. Aber hier gibt es Barfußschuhe, die leicht und breit sind und verhindern, dass man in Scherben oder Reißzwecken tritt.

Muskelkater in den Füßen: Was entspannt?

Muskelkater bekommt man nur, wenn man übersäuert, also den Muskeln zu viel zumutet. Man sollte immer dosiert an Übungen oder an das Barfußlaufen ran gehen. Alle paar Tage ein schönes Fußbad mit Kernseife entspannt und tägliches Eincremen lieben die Füße. Auch leichte Fußgymnastik mögen die Füße sehr.

Füße eincremen - welche Wirkstoffe tun Füßen gut?

Die Füße cremt man am besten mit Creme oder Schaum ein, der kein Petrolatum oder Paraffinum enthält. Diese mineralölbasierten Produkte sind leider sehr gängig, da es ein günstiger Basisstoff ist. Besser sind Produkte auf pflanzlicher Basis. Diese dringen in die Haut ein. Ein toller Bestandteil ist Urea: Er hält die Haut feucht und somit elastisch und geschmeidig. Der „richtige“ Wirkstoff ist allerdings immer individuell. Jemand mit viel Hornhaut und trockenen Stellen benötigt andere Pflege als jemand mit Schweißfüßen. Auch für solche Fragen ist die Podologie der richtige Ansprechpartner.

Die Podologin Yvonne Niehus war als ehrenamtliche Helferin bei den Special Olympic World Games in Berlin.
Die Podologin Yvonne Niehus war als ehrenamtliche Helferin bei den Special Olympic World Games in Berlin. © privat | Privat

Ehrenamtlich bei den Special Olympic World Games in Berlin

Die Podolgin Yvonne Niehus aus Herzberg ist als ehrenamtliche Helferin bei den Special Olympic World Games in Berlin dabei gewesen. Vom 17. bis zum 25. Juni hat sie gemeinsam mit anderen Freiwilligen im Rahmen des Programms Fit Feet von der Initiative Healthy Athletes 2415 Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis: Knapp die Hälfte der Athleten hatte deformierte Füße, mehr als die Hälfte zeigte Auffälligkeiten im Gang und fast 90 Prozent hatten im Bereich der Füße krankhafte Veränderungen an der Haut oder den Nägeln.

Teilnehmende aus der ganzen Welt konnten sich bei den Spielen kostenlos in insgesamt sieben Gesundheitsdisziplinen untersuchen lassen. 4479 nahmen das Angebot an. Durchgeführt haben die Untersuchungen 139 freiwillige Helfer, darunter 22 Podologen.

„Es waren schöne Sommerspiele bei bestem Wetter und einem Berlin, das sich von einer großartigen Seite zeigte. Ich werde viele Erkenntnisse in meine Praxis mitnehmen und versuchen, alles umzusetzen“, so Niehus. Im Folgenden berichtet sie von ihrer Zeit in Berlin:

„2023 fand in Berlin die weltweit größte inklusive Sportveranstaltung statt. Die Special Olympics World Games gastierten zum ersten Mal in Deutschland und warben für mehr Anerkennung für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung. Eunice Kennedy Shriver, die Schwester des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, die sich immer für Rechte und Akzeptanz der Menschen mit geistiger Behinderung einsetzte, gründete die Special Olympics Bewegung. Derzeit sind 174 Länder der Erde mit rund 5 Millionen Athleten involviert.

Schon die Eröffnungsfeier im Olympiastadion ließ etliche Gänsehautmomente zu. Der fröhliche Einzug der vielen Athleten in das Stadion begeisterte. Man merkte sofort, dass alle mit Lust und Spaß teilnahmen und nicht zwingend der Erfolg im Vordergrund stand. Der Neffe von John F. Kennedy, Timothy Shriver, hielt eine emotionale Rede zur Eröffnung der Spiele. Madcon, die Blue Man Group sowie Alexander Klaws und Sabrina Weckerlin mit dem Lied „Go the Distance“ (Ich kann die Strecke gehen) umrahmten die Zeremonie.

Spitzensportler wie der Basketballer Dirk Nowitzki, der Wrestler Drew McIntyre oder Katarina Witt gaben sich die Klinke in die Hand und waren sehr nahbar. Ein unvergesslicher Moment: als alle Athleten in das Olympia Stadion einliefen und jubelnd begrüßt wurden.

Egal ob die Länder 400 Athleten am Start hatten oder nur drei Sportler, alle wurden gleich empfangen. Gänsehaut pur gab es, als die „Flame of Hope“, das Olympische Feuer, hineingetragen und die große Schale entzündet wurde - ein sehr emotionaler, ehrbarer Moment. Es war eine Atmosphäre im Stadion, die man sich auch im Alltag wünschen würde. Unter dem Motto #UnbeatableTogether #ZusammenUnschlagbar wurde Berlin zum Mittelpunkt der Welt.

Ich bin sehr stolz darauf, dass ich als Podologin für die Athleten da sein durfte und zur Fußgesundheit beitragen konnte. Das Programm Healthy Athletes ist das weltweit größte Gesundheitsprogramm, das auf Menschen mit geistiger Behinderung spezialisiert war. Eine großartige Erfahrung, ein Teil davon zu sein. Ich konnte nicht nur für meinen Beruf Erfahrungen sammeln, sondern auch für das tägliche Leben dazu lernen.

Rund 7000 Athleten plus Begleiter und Trainer und etwa 20.000 ehrenamtliche Helfer arbeiteten super zusammen und machten einen unglaublich guten Job. Es hat meinen Horizont erweitert, unvergessliche Begegnungen und Momente beschert und mich dazu bewogen, mich weiter für Menschen mit kognitiver Einschränkung und Behinderung einzusetzen. Es war, als wären wir in Berlin eine große Familie. Es gab keine Gewalt, keine Anfeindungen oder Auseinandersetzungen. Wenn die Athleten den vierten Platz erreichten, waren sie nicht traurig. Ganz im Gegenteil: Sie freuten sich, dass sie sich beim nächsten Mal noch steigern und verbessern können. Es gab keine Eifersucht und keinen Neid. Egal welche Hautfarbe oder welche Behinderung, ob Asiaten, Afrikaner, Europäer, Australier oder Amerikaner, alle hielten zusammen und unterstützten sich gegenseitig.

Noch nie ist mir bei einem Sportevent so deutlich geworden, dass es mehrere Welten gibt, aber dennoch alle zu einer Familie gehören. Ich frage mich ernsthaft, warum es im alltäglichen Leben nicht auch so funktioniert.